Das Girokonto ist der Schlüssel zum Kunden, um ihm Kredite, Versicherungen oder Anlageprodukte zu verkaufen. Denn dann ist etwas verdient. Das Girokonto mit seinem hohen Betreuungsaufwand dient deshalb primär als Marketinginstrument für den Vertrieb der Finanzprodukte.
Deckte früher das kostenlose Kunden-Geld auf den Girokonten noch den Aufwand für die Bereitstellung dieser Konten, ging dieser Effekt in Zeiten von Null- und Negativzinsen völlig verloren. Stattdessen stiegen digitaler Aufwand und Regulatorik durch die Bankenaufsicht (BaFin), und die Margen im Bankgeschäft sanken parallel - durch niedrige Zinsen und harten Wettbewerb.
In diesem Umfeld punktete die Sparda-Bank, ein Hybrid zwischen Filial- und Onlinebank, lange mit ihrem gebührenfreien Girokonto und standardisierten Finanzprodukten. Umso mehr rücken nun die Girokontogebühren in den Fokus der Öffentlichkeit, als der Marktführer im Privatkundengeschäft ankündigte, ab September gleichfalls Gebühren einzuführen. Das Modell ist simpel, weil es nur zwei Varianten gibt und zudem nicht zwischen online und Filiale unterschieden wird: Kunden unter 30 Jahren zahlen weiter keine Gebühr, alle anderen fünf Euro pro Monat. Einzige Ausnahme sind Belegüberweisungen. Sie kosten am Schalter 1,50 Euro. Wer dagegen eine Baufinanzierung bei der einstigen Eisenbahnerbank hat, dessen Grundkosten reduzieren sich auf 3,50 Euro. Filialleiter Christian Radau aus Kirchheim sagt: „Aktuell führen wir sehr viele Aufklärungsgespräche.“ Mancher Kunde sähe nicht ein, eine Gebühr zu zahlen, weil er etwa die Filiale nicht nutze oder die Bankkarte.
Bei der BW-Bank gibt es sieben Girokonto-Modelle, die von kostenlos bis 13,90 Euro Gebühr pro Monat reichen. Hier versucht man, für jedes Kundenverhalten die passende Lösung anzubieten. Ähnlich gestaltet sich das Kundenbindungsmodell bei der Volksbank Kirchheim-Nürtingen mit fünf Giro-Varianten vom kostenlosen „VR-GiroTeam“ für Vereine über „Basiskonto“ für 3,90 Euro auf Guthabenbasis bis zu den drei typischen Modellen: „GiroFlexibel“ für den Hybridkunden, der online und Präsenz möchte, „GiroOnline“ für den Online-Autonomen und „GiroKomplett“ zu 9,90 Euro im Monat für das Full-Service-Paket. Die VR-Bank Hohenneuffen-Teck, gleichfalls aus dem genossenschaftlichen Lager, ist mit drei Modellen von 3,50 Euro von „GiroOnline“ bis zu „GiroExklusiv“ für 9,90 Euro im Monat am Start.
Die Beispiele zeigen: Direkte Preisvergleiche der Basisgebühren sagen nahezu gar nichts über die monatliche Belastung und sind zudem nur Momentaufnahmen, weil sich permanent Konditionen verändern. So erhöht auch die Deutsche Bank zum Oktober die Kontogebühr von 5,90 auf 6,90 Euro.
Ohnehin definiert jedes Haus selbst, was an Serviceleistungen in der Filiale im Preis inbegriffen ist - und was nicht. Bei der Postbank gibt es „Giro online“ für 1,90 Euro im Monat, aber Geld abheben am Schalter kostet zum Beispiel 1,50 Euro, eine Überweisung 2,50 Euro und der Kontoauszugsdrucker je Vorgang 50 Cent.
Dagegen nimmt sich die Kreissparkasse transparent aus. Das Girokonto kostet samt Bankkarte 7,90 Euro und umfasst alle Basisfunktionen wie Abhebungen, Überweisungen oder Zahlungseingänge. Zudem ist es für Neukunden sechs Monate kostenlos.
Ein interessanter Parameter sind neben den Kosten für EC-Karte und Mastercard die Dispozinsen für bewilligte Überziehungslinien. Diese reichen von 9,06 Prozent bei der Volksbank bis zu 12,43 Prozent bei der Targo. Die Sparda liegt hier mit 9,4 Prozent Dispozins ähnlich mittig wie die Commerzbank und die VR-Bank Hohenneuffen-Teck mit je 9,75 Prozent, die Kreissparkasse nimmt 10,54 Prozent.
Zur aktuellen Dynamik, die die Sparda-Bank mit ihrer Ankündigung von Gebühren ausgelöst hat, meint Filialleiter Christian Radau: „Aktuell legen viele Kunden, die drei und mehr Girokonten bei uns führen, etwa für Mieteinnahmen oder Nebenjobs, diese zusammen.“ Das helfe der Bank, ihren Verwaltungsaufwand zu reduzieren. Ähnlich sieht er es mit den Abgängern, „die hier nur ein Nebenkonto hatten, auf dem seit Jahren 300 Euro schlummern.“ Diese Verluste seien wirtschaftlich gleichfalls okay, zumal, wenn man es über Jahre nicht geschafft habe, „mehr aus einem Kundenkontakt zu machen“.