Evangelische Gemeinden im Bezirk Nürtingen gehen neue Wege – zumindest was das Sammeln für den guten Zweck angeht. Um den Kirchenbesuchern das Spenden zu erleichtern, setzen die Gemeinden der Nürtinger Stadtkirche, in Wendlingen, Neuffen, Aich-Neuenhaus, Altenriet und der Friedenskirche Oberensingen-Zizishausen-Hardt auf digitale Spendenbüchsen.
Initiiert hat das Projekt Paul-Bernhard Elwert, Pfarrer der evangelischen Gemeinde in Wendlingen. „Ich habe nach Gottesdiensten häufiger von den Besuchern gehört, dass sie den Spenden-zweck zwar gut finden, aber kein Bargeld dabeihaben.“ Vor allem bei Trauungen sei das häufiger passiert. „Da sind viele jüngere Menschen, die heute oft bargeldlos unterwegs sind“, sagt Elwert.
So lief die technische Umsetzung
Daheim habe er sich darüber Gedanken gemacht. „Und dann habe ich recherchiert.“ In England setzten die Kirchen schon lange auf den digitalen Opferstock. „Selbst bei manchen Straßenmusikern kann man schon mit Karte zahlen.“ Das wollte Elwert für seine Gemeinde auch. Die Kartenzahlung in der Kirche müsse einfach, günstig und vor allem sicher sein, so die Herausforderung. „Die technische Umsetzung war mit sehr hohen Fixkosten verbunden.“ Also bat er Frank Haustein, IT-Experte aus Zizishausen, um Hilfe. „Nach viel Recherche, Versuchen und Gesprächen hatten wir eine sehr günstige Lösung entwickelt“, sagt Elwert.
Haustein erklärt das System: „Man braucht zwei Dinge: Ein Tablet, auf dem die Spenden-App installiert ist und ein Bezahlgerät.“ Auf dem Tablet-Bildschirm wählt der Benutzer den Betrag aus, den er spenden möchte. Anschließend hält er seine EC-Karte, Kreditkarte oder Smartphone an das Bezahlgerät. Die erfolgreiche Abbuchung wird sofort bestätigt. Die Spenden kommen alle dem Spendenzweck zugute, der wöchentlich wechselt. Überweisungen laufen direkt über eine verschlüsselte, sichere Verbindung der Firma Sum-Up und sind für die Finanzverwaltung klar und übersichtlich. „Persönliche Daten bleiben geschützt“, so Haustein. Wichtig: „Im Kirchenraum muss WLAN vorhanden sein.“ Natürlich sei die Kartenzahlung nur ein zusätzliches Angebot. Die klassische Spendenbüchse werde es weiterhin geben.
Sechs Terminals angeschafft
Um die Geräte zu finanzieren, stellte Elwert einen Innovationsantrag beim Kirchenbezirk Nürtingen – und der wurde angenommen. Sechs Bezahlterminals konnten angeschafft werden, die an die Gemeinden verteilt wurden. An diesem Wochenende ist die digitale Spendenbox bei Sara Stäbler in der Gemeinde Aich-Neuenhaus zum ersten Mal im Einsatz. Die Pfarrerin, der fast 9000 Abonnenten auf Instagram folgen, hat die neue Spendenmöglichkeit in ihrer Gemeinde online verkündet. „Die Reaktionen der Leute waren unterschiedlich“, sagt Stäbler. Von „Etwas befremdlich“ und „Ältere Menschen werden sich schwertun“ bis zu „Voll gute Idee“ und „Kenn ich seit 20 Jahren, läuft super“, sei alles dabei gewesen.
„Ich selbst zahle fast alles nur noch bargeldlos“, sagt Stäbler. Deshalb ergebe das digitale Angebot durchaus Sinn. Die älteren Kirchengänger würden sicherlich weiterhin die klassische Spendenbüchse bevorzugen, vermutet sie.
Die ersten Wochen liefen gut
In der Eusebiuskirche in Wendlingen hatte man die digitale Spendenbüchse Mitte Mai zum ersten Mal aufgestellt. „Ich war positiv überrascht“, sagt Elwert. In anderthalb Monaten seien 350 Euro überwiesen worden. „Spenden werben ist für uns kein Selbstzweck, sondern mit großer Verantwortung verbunden“, so Elwert. „Das Geld kommt zu 100 Prozent dort an, wo es hin soll.“