Als Kind wollte Uwe Lippkau Fußballer werden, „wie die meisten Jungs damals“. Doch der Traum von der Profisportler-Karriere wurde jäh abgelöst, als der 11-jährige Uwe (Jahrgang 1961) mit der Musik der Beatles in Berührung kam. „Anfang der 70er-Jahre habe ich die Filme mit ihnen im Fernsehen gesehen. Dann wollte ich unbedingt Gitarrist werden“, erinnert sich der 63-Jährige. Aufgewachsen ist Uwe Lippkau, der heute in Notzingen lebt, in Kirchheim. „Ich hatte mit elf Jahren eine Wandergitarre, die war aber einfach zu uncool“, erinnert er sich und lacht, „ich wollte lieber eine elektrische, allein schon, weil mich die Technik fasziniert hat.“ In Kirchheim habe es damals drei Musikfachgeschäfte gegeben. „Im Musikhaus Fackelmann in der Sonnenstraße fand ich eine gebrauchte Framus Strato Deluxe, mit jeder Menge Pickups, Schaltern, Reglern und einem Hebel zum Drücken, was mich unheimlich faszinierte“, erinnert sich Uwe Lippkau. Kaufen durfte er das heiß begehrte Instrument damals noch nicht. „Daheim hieß es, ich solle erst mal richtig Gitarre spielen lernen.“ Seine Faszination für Technik habe er von seinem Vater, der war ein begeisterter Modellbauer: „Das Basteln war bei uns in der Familie immer ein Thema. Er hat mir viel beigebracht“, erzählt Uwe Lippkau.

Die Framus-Gitarre blieb ihm lange im Gedächtnis. Weil er sich keine elektrische Gitarre kaufen durfte, beschloss Uwe Lippkau, sich notgedrungen selbst eine zu bauen. „Das war leider nicht von Erfolg gekrönt. Das Instrument sah zwar gut aus, aber es war nicht spielbar“, erinnert er sich an die ersten Versuche.
Gleichzeitig entwickelte er sein Faible für die Elektronik und experimentierte. Erste Röhrenradios wurden zu Gitarrenverstärkern umgebaut. Mit 14 Jahren elektrifizierte Uwe Lippkau schließlich kurzerhand seine „uncoole“ Wandergitarre und gründete mit einem Schulfreund in Kirchheim die Band „California“, über die er später ein Buch geschrieben hat. Mit 17 Jahren hatten sie ihre ersten Auftritte. „Tanzbands waren damals im Trend, jeder wollte in einer spielen“, erinnert sich Lippkau. Alle Instrumente und Verstärker, die er im Laufe der Zeit kaufte, wurden erst mal auseinandergebaut, analysiert und immer so verbessert, dass sie seinen Ansprüchen genügten. Bis 1996 war der Kirchheimer Gitarrist in verschiedenen Bands. Heute spielt er noch privat oder mit Freunden.

Passend zu seinem musikalisch-technischen Hobby machte Uwe Lippkau erst eine Ausbildung zum Elektroniker und studierte anschließend Elektrotechnik und technische Informatik. Bei Mercedes-Benz in Stuttgart war er bis zur Rente als Entwicklungsingenieur für Audio und Video im Fahrzeug zuständig: „Die Musik hat mich immer begleitet.“ Irgendwann sah er eine Anzeige für eine gebrauchte Framus Strato Deluxe. Genau die Gitarre, die er sich als Jugendlicher nicht kaufen durfte: „Ich habe sofort zugegriffen.“ Autodidaktisch eignete er sich an, die alten Instrumente, die er ab 2018 zu sammeln begann, zu restaurieren. Mittlerweile nennt der Gitarrenliebhaber und Hobbymusiker rund 30 Stück ab Baujahr 1959 sein Eigen. Darunter die optisch wegen ihrer Farbgebung besondere Framus-Serie „Archtop“. Eine dieser Akustik-Gitarren hat zum Beispiel eine spezielle Goldlackierung. Nur ein Modell der neunteiligen Serie konnte er bisher nirgends finden: „Ich suche die ‚5/80 Präsident‘, Baujahr zwischen 1958 und 1961.“ In seiner Sammlung befinden sich außerdem mehrere Framus-E-Gitarren der Television-Serie. „Bei ihnen hat mir das Design sehr gut gefallen, das war nicht so Mainstream.“ Sein schwarzes Modell sei eine ganz besondere Rarität, die er von einem anderen Sammler übernommen habe.

Die 1946 in Deutschland gegründete Firma Framus sei früher der größte europäische Hersteller gewesen und ursprünglich aus dem klassischen Geigenbau entstanden: „Es sind heute noch viele Framus-Gitarren auf dem Markt, aber meist in keinem guten Zustand.“ In den 50er- und 60er-Jahren hätten auch viele Musiker in England auf die deutschen Modelle zurückgegriffen, „denn für die Fender- oder Gibson-Gitarren aus den USA gab es zeitweise ein Importverbot“, weiß Lippkau. Eine von John Lennon gespielte Framus-Akustik-Gitarre sei letztes Jahr für 2,9 Millionen US-Dollar versteigert worden. Da habe der Name des früheren Besitzers den Preis nach oben getrieben. „In den 70er-Jahren haben die Stars Gibson- und Fender-Gitarren gespielt, die wollte dann natürlich auch jeder. Eine Gibson Les Paul Custom war mit 3000 D-Mark aber nicht gerade günstig“, erinnert er sich an seine musikalische Jugend zurück.

Wenn eines der alten Schmuckstücke auf Uwe Lippkaus Arbeitstisch zur Restauration landet, dann hat es typischerweise Schwachstellen wie einen verzogenen Hals, auf dem Griffbrett viel zu hoch sitzende Saiten, verbogene Wirbelachsen, tiefe Kerben an den Bünden, die Schlitze im Sattel müssen wieder mit passender Tiefe und Abstand gefeilt oder die Lackierung erneuert werden. „Die Erneuerung des Lacks ist eine besondere Herausforderung“, sagt Lippkau. „Die ursprünglichen Farbtöne zu finden, ist der schwierigste Part, gerade was die originalen Farbübergänge angeht.“ Mit Airbrush-Technik und anschließendem Klarlack darüber kann Uwe Lippkau diese rekonstruieren. „Das sind pro Gitarre etwa acht bis zehn Lackschichten, bis sie wieder so aussieht wie früher.“ Rund 30 bis 40 Stunden brauche er im Schnitt pro Instrument insgesamt für dessen Restauration.