Martin Sellner sollte erneut in Nürtingen auftreten
Stadt verhindert Treffen von Rechtsextremen im Nürtinger Roßdorf

Der „Schwabenkongress“ der rechtsextremen Gruppierung Reconquista 21 sollte am Wochenende im Roßdorfer Waldheim abgehalten werden. Das Ordnungsamt sprach Aufenthaltsverbote gegenüber drei Teilnehmern für das gesamte Stadtgebiet aus.

Symbolfoto

Nürtingen. Die rechtsextreme Gruppierung Reconquista 21 hatte für Samstag ihren „Schwabenkongress“ in Ludwigsburg angekündigt. Als Sprecher sollte unter anderem Martin Sellner auftreten. Der ehemalige Chef der österreichischen Identitären Bewegung war bis 2011 Neonazi, marschierte mit Holocaustleugnern. Als 17-Jähriger hat er bei Wien Hakenkreuzaufkleber mit der Aufschrift „Legalisiert es“ an eine Synagoge geklebt. Bekannt ist er außerdem als Vordenker der „Remigration“.

Am Samstag stellte sich jedoch heraus, dass das Treffen nicht in Ludwigsburg, sondern in Nürtingen stattfinden sollte. Abhalten wollten es die Veranstalter im dortigen Waldheim, berichtet die Stuttgarter Zeitung. Schon in der Vergangenheit traf sich dort wiederholt die AfD. Auch Sellner war bereits für eine Buchlesung dort zu Gast.

Das Treffen wurde jedoch verhindert. Das Nürtinger Ordnungsamt bestätigt, dass die Stadt Aufenthaltsverbote gegen drei Mitglieder der rechtsextremen Szene ausgesprochen hat. Diese galten für das gesamte Stadtgebiet. Neben Martin Sellner galten diese Aufenthaltsverbote auch für Simon Kaupert, Gründer des Würzburger Pegida-Ablegers „Wügida“ und Paul Klemm von dem teilweise verbotenen Magazin Compact. Innenministerin Nancy Faeser hatte das Verbot gegen die rechtsextreme Zeitschrift im Juli verfügt. Compact hatte daraufhin einen Eilantrag gestellt. Das Bundesverwaltungsgericht hatte das Verbot zum Teil außer Vollzug gesetzt. Eine endgültige Entscheidung wird im Hauptsacheverfahren fallen.

„Die Polizei kam auf das Ordnungsamt zu mit der Bitte, zu prüfen, ob ein Aufenthaltsverbot gegen bestimmte Personen zur Vermeidung von Straftaten ausgesprochen werden könnte“, sagt Peter Herrle, Leiter des Nürtinger Ordnungsamtes. Im spezifischen Fall sollte der Straftatbestand der Volksverhetzung vorgebeugt werden. Solche Aufenthaltsverbote seien nicht unüblich, so Herrle weiter. Die Stadt Augsburg habe ein ähnliches Verbot gegenüber Sellner verhängt. „Herr Sellner ist bekannt geworden durch seinen Vortrag zur Remigration“, sagt Herrle und fügt hinzu: „Es stand zu befürchten, dass ähnliche Inhalte dort oben vorgetragen werden.“

Ob Sellner oder Kaupert auf dem Stadtgebiet angetroffen wurden, ist Herrle nicht bekannt. Zumindest Paul Klemm wurde jedoch in der Nähe des Roßdorfer Waldheims von der Polizei abgepasst. Die Beamten sprachen ihm daraufhin einen Platzverweis aus. Klemm selbst hat dieses Treffen in einem Video dokumentiert.

Bis zur Stadtgrenze begleitet

Mehrere Polizeiwagen sind zu sehen, die vor der Zufahrt zum Waldheim parken. Die Beamten halten Klemm an und händigen ihm einen Brief aus, in dem wohl der Verweis aus dem Stadtgebiet verkündet wird. „Diese Veranstaltung soll verhindert werden“, sagt Klemm daraufhin in die Kamera und fügt hinzu: „Allerdings die Veranstalter sind mittlerweile ausgewichen nach Chemnitz. Dort wird die Veranstaltung wie gewohnt stattfinden.“

Klemm fügt sich laut dem Video der Polizei und spaziert zur Stadtgrenze. „Eigentlich haben wir ein Auto dabei, aber wir werden extra laufen, damit die Polizisten bisschen was zu tun haben“, sagt er. Bis zum Ortsschild Frickenhausens geht es für Klemm und sein Kamera-Team so weiter.