Das Gespräch mit Firmenmitgründer und Geschäftsführer Florian Großschmidt beginnt mit der Bedeutung des ungewöhnlichen, asiatisch anmutenden Firmennamens. Mit Asien hat es freilich gar nichts zu tun: AI ist die Abkürzung für Artificial Intelligence oder auf Deutsch Künstliche Intelligenz. Das X stehe für individuelle Lösungen, erläutert Großschmidt. Und Teck ist die Verbindung aus Tech für Technologie und der Burg Teck für die Gegend, aus der das Unternehmen kommt.
Unser Land hat viele Stärken, aber beim Thema KI müssen wir noch eine Schippe drauflegen.
Florian Großschmidt, Geschäftsführer von Xai Teck
Xai Teck hat seinen Firmensitz in Wendlingen im Neckarspinnerei-Quartier in der Heinrich-Otto-Straße, ist damit eine der ersten Firmen, die sich auf dem Areal niedergelassen haben. Die Büroräume sind sehr spartanisch eingerichtet. Ein paar Schreibtische und ein Besprechungsraum, mehr nicht. Man teile sich die Räume mit zwei weiteren Firmen, berichtet Großschmidt: „Wir brauchen im Grunde nur Laptop und Handy.“ Am Anfang habe man noch sehr improvisieren müssen, aber es gelte eben auch, als Start-up die Kosten niedrig zu halten.
Im Juli vergangenen Jahres haben er und drei Kompagnons das Unternehmen gegründet. Florian Großschmidt als Geschäftsführer und Gernot Bracher als technischer Leiter sind für das operative Geschäft zuständig, Michael W. Müller und René Schellenberger sind Gesellschafter, die über ein starkes Netzwerk verfügten, so Großschmidt. Das Unternehmen macht KI-gestützte Software für Firmenkunden. Was darf man sich darunter vorstellen? Eine KI-gestützte Software sei in der Lage, Zusammenhänge zu erkennen, auf die ein einzelner Mensch so nicht kommen würde, erklärt Florian Großschmidt. Entscheidungen könnten somit besser oder schneller getroffen werden.
Wie ein Team von 100 Experten
Der Jung-Unternehmer beschreibt die Fortschritte in diesem Bereich mit einem Bild: Sei der Einsatz von Künstlicher Intelligenz für das Erledigen von Aufgaben oder die Recherche von Daten vor etwa zwei Jahren noch vergleichbar gewesen mit der Unterstützung durch 100 Werkstudenten, so sei es heute, als ob man dafür 100 Experten zur Verfügung habe: „Das ist wie ein enormes Team, das einem viel Arbeit abnimmt.“
Deutlich wird das an einem ersten Projekt, an dem bei Xai Teck gearbeitet wird. Dabei geht es um das Testen von Lebensmitteln auf Qualität, die Zusammensetzung oder mögliche Schadstoffe. Zum Beispiel von Bananen. Der Kunde hat viele Labore in ganz Europa. Die Aufgabe ist nun, die Stichproben aus der Bananen-Lieferung, die in einem europäischen Hafen ankommt, möglichst effizient auf diese Labore zu verteilen. Wo sind Kapazitäten frei, wohin sind möglichst kurze Wege zurückzulegen, welches ist die schnellste, welches die kostengünstigste Route, und welches die mit dem geringsten CO₂-Ausstoß? Manche Produkte müssen in mehrere Labore, weil nicht überall alles getestet wird. Wozu bislang viele Anrufe und viele Listen notwendig waren, das koordiniert die KI. Sie kann in Echtzeit eine Vielzahl externer Faktoren einbeziehen. So zum Beispiel auch Wetterdaten bei verderblichen Waren oder aktuelle Verkehrsdaten wie Staus.
Förderung vom Land erhalten
Für dieses Projekt hat das junge Unternehmen eine Förderung bekommen im Rahmen des Programms Start-up BW Pre-Seed des Wirtschaftsministeriums.
Auch beim zweiten Projekt geht es um das Sammeln vieler unterschiedlicher Daten: Hierbei handelt es sich um ein Portfoliomanagement für Unternehmensbeteiligungen. Der Kunde, eine Holding mit Beteiligungen an Firmen quer durch Europa, möchte wissen, wie sich die einzelnen Firmen entwickeln. Bei Xai Teck arbeitet man an einer Software, mit der einerseits interne Daten der Beteiligungen erfasst werden, wie Umsatz oder Gewinn, zum anderen aber auch externe Faktoren wie politische oder ökonomische Einflüsse, Umweltaspekte, Rohstoffpreise, gesetzliche Änderungen, technologische oder soziale Entwicklungen. „Die KI holt die verschiedenen Informationen aus dem Internet und verknüpft sie“, so Großschmidt. Der Kunde bekomme eine Chancen-Risiken-Karte angezeigt und damit eine Entscheidungshilfe an die Hand. Hier sei man gerade in der Konzeptphase, so der Geschäftsführer.
Erfahrung im Ausland gesammelt
Die KI-Welt fasziniere ihn, sagt Florian Großschmidt: „Da passiert viel, und ich möchte ein Teil davon sein.“ Der 39-Jährige aus Kirchheim war lange beim Militär, erzählt er. In einer Spezialeinheit der Marine sei er viel um die Welt gekommen. Dann zog es ihn in die Wirtschaft. Er holte sein Abi nach und studierte an der ESB Business School in Reutlingen. Einen Master-Abschluss machte er in Hongkong für Finanzen und einen in London mit dem Fokus auf Unternehmensbewertungen. Ursprünglich habe er vorgehabt, im Ausland zu bleiben, doch dann zog es ihn aus privaten Gründen wieder hierher. Bei Pragmatic Industries in Kirchheim, einem Softwareentwickler, der sich auf die Analyse von Maschinendaten spezialisiert hat, war er zwei Jahre lang Geschäftsführer.
Nun also der Sprung in die Selbstständigkeit. Großschmidt ist zuversichtlich, dass bald weitere Projekte hinzukommen. Anfragen gebe es bereits. In absehbarer Zeit sollen ein oder zwei Softwareentwickler als weitere Mitarbeiter eingestellt werden, so der Plan. KI-gestützte Software sei noch relatives Neuland: „Viele sehen noch nicht den Mehrwert.“ Man gehe deshalb aktiv auf Unternehmen zu und sei auch viel auf Messen und Veranstaltungen vertreten, wo man über die Möglichkeiten der KI informiere. Mit bwcon gebe es hier im Raum Nürtingen/Kirchheim ein gutes Netzwerk. „Wir wollen Unternehmen aus dem Südwesten ermöglichen, KI zu nutzen, und ihnen aufzeigen, wie sie damit Kosten einsparen und mit gleichen Ressourcen produktiver sein können“, sagt Großschmidt: „Unser Land hat viele Stärken, aber bei dem Thema müssen wir noch eine Schippe drauflegen.“