Trotz ihrer Premiere beim Städtlesfest scheint Ingrid Barth recht entspannt, bringt mit wenigen Ansagen den Chor der 3a der Limburg-Grundschule in Position. „Wir singen von den Prinzen das Lied ‘Es ist alles nur geklaut’“, weiß die elfjährige Eldijona, die ihre Wurzeln in Albanien hat. Einige Meter höher, auf dem Rathausbalkon, steht der Rest der Klasse mit Schulleiterin Eileen Müller und Klassenlehrerin Marina Bräuer für den Willkommensgruß in Reimform gleichfalls in den Starlöchern. „Genießt den Tag, der euch heut Schönes bringen mag“, wechseln sich die Kinder beim Aufsagen ab.
Schon davor läuten vier Schützen vom Kirchturm mit mehreren Böllerschüssen das nunmehr 47. Städtlesfest ein. „Es ist ein paradiesisches Gefühl, hier oben stehen zu dürfen“, sagt Bürgermeister Johannes Züfle und ist nach zweijähriger Festpause den „ehrenamtlichen Helfern, fleißigen Händen und schlauen Köpfen so dankbar“. Leider seien heute fünf Vereine weniger am Start, verrät der Rathauschef und betont: „Es ist nicht mehr ganz dasselbe Angebot wie gewohnt, es muss sich erst alles wieder einfügen.“ Ob es den meisten nach dieser Botschaft die Sprache verschlagen hat oder die Mehrheit einfach den Text nicht weiß, kann nicht genau geklärt werden – auf jeden Fall ist beim Mitsingen des Weilheimer Traditionslieds noch viel Luft nach oben.
Nichtsdestotrotz, beim Bälle werfen in die Menge ist die Stimmung wieder Bombe. Was für ein Spaß! Kopf in Nacken, Balkon anpeilen, Hände nach oben und auf Sprungposition gehen – vermutlich hat es der neunjährige Mailo so geschafft, einen zu fangen. „Ich habe einen Gutschein für’s Freibad, genau den habe ich mir gewünscht“, freut sich der neunjährige Handballer der E-Jugend wie verrückt darüber. Laut Rathausmitarbeiterin Stefanie Halmel konnte man dreißig Wertgutscheine gewinnen.
Für Hilde und ihre Schwester Marlies tut’s im Moment eine Tasse Kaffee – die dazugehörige Leckerei können sie sich am Stand der Landfrauen aussuchen: die Ortsgruppe Weilheim hat unglaubliche 50 Kuchen und Torten gebacken. „Endlich wieder raus und einfach nur eine rote Wurst genießen“, freut sich Familie Hannemann, wobei ihr Nachwuchs erst mal ausloten möchte, was es alles zum Spielen gibt. Glücksrad, Hüpfburg oder doch lieber Dosenwerfen? „Wir verstehen uns als ergänzende Symbiose“, sagt Thomas Rösch vom Tennisclub Weilheim, der nach zwanzigjähriger Pause beim Städtlesfest für den Verein werben will und besondere Getränke anbietet. Mit 50 Vereinsmitgliedern ist er von 11 bis 23 Uhr da, abgewechselt wird alle drei Stunden.
Himmelblaue Poloshirts mit zwei Wappen auf dem Rücken und viel mehr Musiker als sonst? Wer sich wundert und fragt, warum die Stadtkapelle heute mit ihrer Festgemeinschaft der freiwilligen Feuerwehr und des Gesangvereins Weilheim nicht da ist, bekommt die Antwort direkt von der Bühne von Joachim Kamin, der dafür sein Tenorhorn zur Seite legte. „Durch die weltweit übergreifende Pandemie, die vielen Vereinen und Organisationen, auch uns, seit zwei Jahren schwer zusetzt und zu schaffen macht, waren wir heuer nicht mehr in der Lage, dieses Fest in gewohnter, vertrauter und bekannter Weise darzubringen“, erklärt der Vorstand des Musikvereins Stadtkapelle Weilheim die Situation. Damit „der Spaß und die Freude am gemeinsamen Musizieren nicht verloren geht und weiterhin Bestandteil der Vereinsgemeinschaft bleiben kann“, habe man sich „musikalisch sowie kameradschaftlich mit dem Musikverein Holzmaden zu einer Spielgemeinschaft zusammengeschlossen“, verrät Joachim Kamin auch im Namen des Dirigenten Stefan Koch und rund vierzig Musikerkollegen.