Eine Innenstadt ohne Restaurants, Bars und Cafés gäbe ein fades Bild ab. Gastronomen in der Region trotzen den schwierigen Bedingungen und kämpfen um ihr Fortbestehen. „Wir müssen jetzt auf unsere Stammgäste bauen“, sagt Michael Attinger, Inhaber der Stiftsscheuer in Kirchheim. Neue Gäste kann der Wirt nur schwer akquirieren. Woran das liegt? Der Gastronom ist sich sicher: Restaurants haben nicht mehr denselben Stellenwert wie früher. Suche jemand in der Branche einen Nachfolger, gestalte sich das sehr schwer. An Cafés, Bistros und Clubs würden sich die Menschen noch eher heranwagen, aber ein reines Restaurant sei kaum zu vermitteln. Die Rahmenbedingungen, die die Stadt Kirchheim vorgebe, würden es nicht gerade leichter machen. Der Wirt hebt jedoch positiv hervor: „Die Coronaangst ist weg, und die Menschen denken langsam wieder mehr an die Gastronomie.“
Auf dem Dorf sind die Menschen sparsam.
Ingrid Kümmerle, Inhaberin des Rößle in Dettingen
Das größte Problem von Ingrid Kümmerle, der Inhaberin vom Dettinger Rößle, ist der Personalmangel. „Ich bin sehr froh, dass zwei Frauen aus der Ukraine bei mir arbeiten.“ Jetzt hofft sie, dass sie bleiben, schließlich arbeite sie sehr gerne mit ihnen zusammen. Ihr zweitgrößtes Problem: „Auf dem Dorf sind die Menschen sparsam.“ Sie gehen nach der Einschätzung der Wirtin nicht so oft essen und wenn doch, dann muss es ein entsprechendes Rahmenprogramm geben. „Die Menschen wollen vor und nach dem Essen durch die Stadt bummeln und was erleben – in Dettingen geht das nicht.“ Am Wahlsonntag vor zwei Wochen sei das Haus jedoch voll gewesen. Wenn es nach Ingrid Kümmerle geht, können jedes Wochenende Neuwahlen stattfinden. Ihre Theorie zum vollen Haus: „Wenn sich die Menschen mal schick gemacht haben, wollen sie auch essen gehen.“
Sieben Prozent wären gerecht
Jesse Burgmann, Inhaber des Weilheimer Burgmann’s, sieht das Ende der Gastronomie noch lange nicht gekommen, ärgert sich aber über die Mehrwertsteuerreglung. Für eine Kartoffel zahle man sieben, für eine Süßkartoffeln 19, für einen Hummer 19 und für Krabben sieben Prozent Mehrwertsteuer. „Das versteht doch keiner mehr und ist völlig veraltet.“ Außerdem sei es irrsinnig, dass für einen Fertigsalat im Supermarkt nur sieben Prozent Mehrwertsteuer anfallen, für das Essen im Restaurant jedoch 19 Prozent. „Wir arbeiten nachhaltig, bei uns gibt es richtiges Geschirr und dort wird unnötig Müll produziert, das ist weder gerecht noch umweltfreundlich.“
Die Gastronomen stünden aufgrund der schwierigen gesellschaftlichen Lage in Konkurrenz mit Lieferdiensten, Drive-in und Co., die alle den geringeren Mehrwertsteuersatz abführen müssten. Bei den steigenden Energie-, Personal- und Lebensmittelkosten sei das kein unwichtiger Faktor. „Es war absoluter Rekord, als wir für zehn Kilogramm Butter 115 Euro netto zahlen mussten“, so Jesse Burgmann. Die Einführung der Maut auf Lkws mit über 3,5 Tonnen im vergangenen Sommer habe er hingegen kaum wahrgenommen. Die Summe, die die Lieferanten an die Gastronomen weitergeben würden, halte sich in Grenzen.
Auf Qualität setzen
Mit Personalmangel hat der Weilheimer Gastronom nach eigenen Worten nicht zu kämpfen. Er sieht es als klaren Pluspunkt, dass das Burgmann’s samstags und sonntags geschlossen ist. „Das ist einfach ein Stück Lebensqualität, die unsere Mitarbeiter schätzen.“ Trotz aller Herausforderungen glaubt er nicht an ein Ende der Gastronomie. Er ist sich vielmehr sicher, dass es ohne die Gastronomie keine belebten Innenstädte mehr gibt. „Die Menschen brauchen aber einen Ort, wo sie zusammenkommen und das Leben genießen können.“ Deshalb setzt er auf Qualität, und damit fahre er sehr gut.
Jessica Petri, Inhaberin der Klamotte in Jesingen, hat das Gefühl, dass die Menschen weniger essen gehen. Das sei kein Wunder, würden beispielsweise die Bierpreise vielerorts stetig steigen. Sie wünscht sich eine Verbesserung durch die neue Regierung, ist allerdings nur vorsichtig optimistisch gestimmt.

