Der große Frust über die bevorstehende Entscheidung war Weilheims Bürgermeister Johannes Züfle und sämtlichen Gemeinderäten anzusehen: Das so dringend benötigte Wohngebiet Gänsweide III wird nicht gebaut, die Gemeinde stoppt das Projekt eines Lückenschlusses zwischen Gänsweide II und der Schützenwiese mit 66 Wohneinheiten, darunter auch Wohnungen mit Sozialbindung.
Das unglückliche Ende hatte sich schon vor einem Jahr abgezeichnet. Im September 2022 informierte die Gemeinde über das Problem, das mit dem „Streuobstparagrafen“ 33a zu tun hat. Die 2020 verabschiedete Ergänzung im Naturschutzgesetz des Landes besagt, dass Streuobstbestände mit einer Fläche von mehr als 1500 Quadratmetern zu erhalten sind. Im fraglichen Gebiet ist das der Fall.
Was die Sache besonders heikel macht: Es sind auch laufende Verfahren betroffen, wie beispielsweise die Gänsweide III, für die es im Dezember des Jahres 2019 schon den Aufstellungsbeschluss gab. Mittlerweile hat man auch von der zuständigen Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt einen Ausgleich der Flächen an anderer Stelle angefragt. Antwort: Das ist nicht möglich. „Jede weitere Minute, jeder weitere Gedanke“, die man reinstecke, seien es nicht wert, macht Bauamtsleiter Jens Hofmann die Situation deutlich.
Für Johannes Züfle ist es ein Déjà-vu. Es sei nicht die erste „unschöne Begegnung“ mit der Kreisbehörde, führte er im Gemeinderat aus. Auch der Naturkindergarten wird nicht kommen. Dort würde zwar nicht einmal ein Baum gefällt, aber schon die Wiese, auf der die Bäume stehen, darf nicht bebaut werden. Für ihn ergibt sich daraus: „Kita und Wohnraum sind im öffentlichen Interesse, aber sie stehen zurück hinter dem Erhalt der Streuobstweisen.“ Dabei schätzt er deren Bedeutung im geplanten Baugebiet gegenüber einem Bestand von 34 000 Quadratmetern innerhalb der Gemeindegrenzen als eher gering ein. Seine Prognose für die Entwicklung von Wohnraum angesichts immer neuer Vorschriften und Einschränkungen klingt düster: „Wir schaffen es nicht mehr, Wohnraum im Außenbereich umzusetzen.“
Stärker in die Höhe bauen
Die Folge sei, dass der Druck auf die Innenentwicklung und damit auf die Bauhöhe zunehmen werde. „Wie hoch darf gebaut werden? Das wird auch zu nicht so schönen Debatten führen“, betont der Schultes.
Frustriert äußern sich auch die Gemeinderäte wie Rainer Bauer (UWV). „Wir waren überzeugt, dass es eine gute Sache war. Der Ministerpräsident sagt, wir müssen entbürokratisieren, aber es wird immer schwieriger“, sieht er die Verantwortung bei der Landesregierung. „Mir tun die jungen Familien leid“, denkt Gerda Schrägle (SBV) an diejenigen, die in Weilheim ihre Zukunft planen möchten. Bernd Kautter (UWV) wundert sich über die fehlenden Übergangsfristen: „Es ist ärgerlich, dass ein Gesetz in ein langfristiges Verfahren eingreifen darf“, sagt er. Gleichzeitig ist er aber gegen eine Ausweisung neuer Baugebiete.
Das Thema Flächenversiegelung spielte in der Debatte auch eine Rolle. Martin Pfauth (SBV) verwies auf den Leerstand in Wohnungen auf Weilheimer Gemeindegebiet.
Trotz aller Unzufriedenheit mit der anstehenden Entscheidung war man sich am Ende weitestgehend einig im Weilheimer Ratsrund: Mit einer Enthaltung wurde der Aufstellungsbeschluss für das Baugebiet nun aufgehoben – damit ist Gänseweide III beerdigt. Sieht man die ähnlichen Problemlagen in Nachbargemeinden wie beispielsweise in Holzmaden oder Lenningen, wird es in naher Zukunft sicher nicht das letzte Bauprojekt sein, das zu Grabe getragen wird.