Zwischen Neckar und Alb
Tausche Beruf gegen Leben auf Achse

Aussteiger Die Esslinger Elisa Schaubel und Daniel Schwarz führten ein solides Leben. Doch jetzt kauften sie sich ein Wohnmobil, kündigten ihre Festanstellungen und gingen auf Weltreise. Von Frederic Feicht

Elisa Schaubel und Daniel Schwarz arbeiteten lange in ihren gelernten Berufen. Er machte eine Ausbildung zum Elektrotechniker bei Daimler und war dort 18 Jahre lang. Sie machte eine Ausbildung zur Bankkauffrau und wurde anschließend übernommen. Die beiden 35-Jährigen lebten zur Miete auf 120 Quadratmetern in Mettingen und sparten nebenher mit der Perspektive, später vielleicht eine Eigentumswohnung kaufen zu können.

Jetzt ist das alles weg – und damit sind die beiden glücklich. Sie verkauften ihre Habseligkeiten und kündigten ihre Festanstellungen. Sie kauften sich ein Wohnmobil, das sie Kuno tauften, und starteten vor 13 Monaten gemeinsam mit Golden Retriever Sammy eine Weltreise. Wie lange? Das wissen die Aussteiger selbst noch nicht. „Bis einer keine Lust mehr hat“, sagt Daniel Schwarz. „Wir sagten von Anfang an: Wenn wir es machen, dann richtig und ohne Frist.“ Sie gingen nicht, weil sie in ihrem Leben unzufrieden gewesen seien, ganz im Gegenteil. „Ich war glücklich in meinem Job“, sagt Elisa Schaubel.

 

Manchmal fahren wird so lange weiter, bis es nicht mehr regnet.
Daniel Schwarz
Weltreisender über die teils witterungsbedingte Routenplanung

 

Das Paar habe den Wohnungsmarkt sondiert, und sie seien enttäuscht gewesen, was man derzeit für sein Geld bekomme. „Bei den Preisen sehe ich es nicht ein, dass man sich auf 40 Jahre verschuldet“, sagt Schaubel. Jetzt lebt das Trio auf fünf Quadratmetern. Genauer: in einem VW-Oldtimer vom Typ „LT 31“, Baujahr 1991.

Das Wohnmobil „Kuno“ macht einiges mit, inklusive einer Fahrt durch die Halbwüste Bardenas Reales im Süden der spanischen autonomen Gemeinschaft Navarra. Foto: pr

Der Reise ging eine lange Vorbereitung voraus. Ein Jahr wurde Kuno restauriert. Der Wagen hatte Wasserschäden unter der Außenhaut. Die konnte nur ein Spezialist beseitigen. Die Hälfte des Inventars musste neu gekauft und gebaut werden. Den Rest konnten Schaubel und Schwarz restaurieren. Insgesamt 30 000 Euro steckten sie in ihr Miniheim. „Wir haben in die Autarkie investiert, und das können wir jetzt quasi ernten.“ Es habe sich gelohnt, da sie durch Umbauten nicht auf Campingplätze angewiesen seien. „Ungefähr zwei Wochen reicht unser Wasservorrat, bevor wir ihn wieder auffüllen müssen“, sagt Schwarz.

Ein niemals endender Urlaub sei ihre Reise jedoch nicht. „Viele stellen sich das romantischer vor, als es ist“, sagt Schaubel. Für sie habe es keinen Sinn, eine Reise anzutreten, um glücklich zu werden. „Man sollte vorher schon glücklich sein. Es ist anstrengend, und man muss unterwegs auch auf vieles verzichten.“ Das Reisen werde irgendwann zum Alltag, in den man sich erst einmal einleben müsse. Man müsse ständig aufpassen, dass man seinen Tagen eine Struktur gebe. „Sonst passiert nix“, sagt Schwarz. Binnen eines Jahres reisten die drei von Frankreich nach Spanien und von dort nach Portugal, wo sie den Winter verbrachten. Dann zurück nach Deutschland, Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland und über das Baltikum wieder zurück nach Deutschland, wo sie derzeit ihre Familien und Freunde besuchen. Inzwischen wird nur noch in Phasen gereist. Zwei Monate lang verbringt das Paar nicht länger als zwei Tage an einem Ort. Danach brauche man eine Pause, da man irgendwann die Eindrücke nicht mehr verarbeiten könne.

Durch Abklatschen zeigt Hund „Sammy“, dass er mit der neuen Lebensform und dem neuen Domizil mehr als einverstanden ist. Foto: pr

Auf die Frage, was beide am meisten vermissen, ertönt die Antwort „Brezeln“ unisono. Natürlich müsse man auch auf Annehmlichkeiten wie eine warme Dusche verzichten, wenn man nicht gerade auf einem Campingplatz sei. Das Schlimmste sei allerdings schlechtes Wetter. „Regen ist beim Leben auf fünf Quadratmetern der Feind“, sagt Schwarz. „Man kann sich auf so wenig Platz kaum bewegen und muss mehrmals täglich mit dem Hund raus. Irgendwann ist drinnen alles nass. Manchmal fahren wir einfach so lange weiter, bis es nicht mehr regnet.“

Ihr Reisegeheimtipp sei Lettland. „Auf fünf Kilometern Strecke durchquert man teilweise drei verschiedene Vegetationszonen“, erzählt Schwarz. Allgemein gebe es in dem nur schwach besiedelten Land viel zu entdecken. Die kleineren Ortschaften seien voller alter Häuser, die sich irgendwo innerhalb des seltsamen Spektrums zwischen verfallen und gepflegt bewegen würden. Schaubel: „Die Leute kümmern sich gut um ihre Grundstücke, aber man merkt, dass ihnen dazu schlicht die monetären Mittel fehlen.“ Zudem sei es ein Paradies für Fans von „Lost Places“, da es unzählige verlassene Bunkeranlagen zu entdecken gebe.

Wie sie sich ihre Reise leisten können, sei die häufigste Frage, die sie gestellt bekommen. „Wir leben von unseren Ersparnissen aus zehn Jahren Berufszeit. Werden die weniger, dann bessern wir die Kasse mit Saisonjobs auf“, sagt Schaubel. Allerdings brauche man für ein Leben im Wohnmobil wenig Geld. „Die größten Ausgaben sind Sprit.“

Ihre nächsten Ziele seien Griechenland, Georgien und die Türkei. Und alles, was dazwischen liege. Längerfristig sei die Panamericana geplant– die Fahrt von Alaska nach Feuerland. Das werde wohl auch die letzte Fahrt von Kuno, der nach der Strecke wohl den Heimweg nicht mehr schaffen werde.

 

Selber campen oder lieber nur zuschauen

Stellplatzregeln In Europa gibt es diverse Gesetze für Wohnmobile. In Naturschutzgebieten ist eine Übernachtung fast überall verboten. Schweden gestattet Wohnmobile auf öffentlichen Parkplätzen. Dänemark verbietet Camping im öffentlichen Raum komplett. In Deutschland kann man grundsätzlich dort, wo das Parken nicht ausdrücklich durch die Straßenverkehrsordnung oder Verkehrszeichen verboten ist, ein Mal mit dem Wohnmobil übernachten. Ähnliches gilt für Italien. In Frankreich benötigt man eine Erlaubnis der örtlichen Behörden. In Spanien ist es erlaubt, aber nicht nahe Campingplätzen und in Wohngebieten. Es gilt also, sich vor der Abreise zu informieren.

Kuno and us Wer den Reisen von Daniel Schwarz und Elisa Schaubel folgen möchte, kann das auf ihrem Instagramkanal tun unter: www.instagram.com/kuno_and_us. ff