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Theater bringt verschiedene Kulturen zusammen

Integration Für ein gemeinsames Projekt von Geflüchteten und Deutschen werden weitere Mitspieler gesucht.

Kirchheim. Die Stimmung ist an diesem Abend wieder einmal bestens. Im Saal der Linde hat sich die Theatergruppe des Esslinger Theaterpädagogen Felix Beck zur allwöchentlichen Probe zusammengefunden. Beziehungsweise die bisherigen Teilnehmer, da­runter Moujan Taher und Saman Hesami aus dem Iran, Salem Alfarag aus Syrien sowie Ilona Rabenbauer, Cornelia Nagel, Bernd Löffler und Leiter Felix Beck. Verhindert ist an diesem Abend Katinka Ulmer. Die restliche Besetzung, die es für das aktuelle Theaterstück „Heimland Deutschland“ - wie es von Geflüchteten laut Moujan anfangs oft genannt wird - bräuchte, wird noch gesucht.

Im Januar soll das auf gut ein Jahr ausgelegte integrative Projekt so richtig starten. Initiiert wurde es von der Kirchheimer Beratungsstelle Chai, die ebenfalls im Mehrgenerationenhaus beheimatet ist, sowie der Bruderhaus Diakonie. „Ziel der Theatergruppe ist es, Geflüchtete und Einheimische zusammenzubringen. Das Stück wird von Moujan Taher geschrieben, die in ihrer Heimat Iran szenisches Schreiben studiert und für TV und Bühne gearbeitet hat“, erklärt Felix Beck. Die ersten vier Szenen sind fertig. Sie schreibe den Mitwirkenden deren Rolle auf den Leib, gerade was die Geflüchteten und deren Geschichten angehe. Moujan sei dabei zum Stückeschreiben prädestiniert, so Beck: „Sie hat einerseits den Blick von außen, ist aber gleichzeitig auch selbst eine Betroffene, die genau weiß, um was es geht, und die entsprechend auch sagen kann, welche Charaktere es für das Stück noch bräuchte.“ Weibliche Geflüchtete fehlen zum Beispiel noch und jemand, der die Rollen des Ehemanns und Sohns der deutschen Familie übernimmt.“

Seit zweieinhalb Jahren lebt die Iranerin in Deutschland, mittlerweile in Esslingen, wo sie auf den Theaterpädagogen Felix Beck traf und die Zusammenarbeit begann: „Es ist für mich einfach ein großes Wunder, dass ich hier sogar wieder in meinem Beruf arbeiten kann. Ich möchte jetzt noch besser Deutsch lernen - allein dafür ist die Theatergruppe schon gut.“ Außerdem habe sie neue Freunde gefunden, der Mittwoch sei ein fester Termin, auf den sie sich immer sehr freue.

Salem Alfarag ist seit drei Jahren in Deutschland, wohnt in Kirchheim und macht derzeit eine Ausbildung als Kaufmann im Gesundheitswesen. „Beim Theater kann man die Sprache lernen, hier muss man schließlich sprechen. Die Praxis ist da besser als reine Theorie und macht großen Spaß.“ Saman Hesami ist aus Esslingen nach Kirchheim gekommen und an diesem Abend zum ersten Mal dabei. Im Iran hat er hobbymäßig erste Theatererfahrung gesammelt.

Ilona Rabenbauer und Cornelia Nagel kommen zu den Proben extra aus Schorndorf, beide waren schon Teil einer Theatergruppe im Esslinger Kulturzentrum Dieselstraße. „Ich finde es toll, hier verschiedene Nationalitäten kennenzulernen. Am Theater gefällt mir die Lebendigkeit und die Möglichkeit, einmal in ganz unterschiedliche Rollen zu schlüpfen“, so Ilona Rabenbauer, die im Stück die „Gabi“ verkörpert, Ehefrau und Mutter der deutschen Familie. Cornelia Nagel dagegen schlüpft in die Rolle der urschwäbischen Nachbarin und Freundin „Elsbeth“, deren große Anliegen eine saubere Mülltrennung und die obligatorische Kehrwoche sind. Das bringen sie auch dem Geflüchteten Saman näher - eine Szene, in der Lacher programmiert sind.

Für eben solche sorgt auch ein wahres Unikat: Oberst Reinhard Schäfer-Gümpel, gespielt von Bernd Löffler, ist der Vater von Gabi und irgendwie im Zweiten Weltkrieg hängen geblieben. So wähnt sich der Senior noch in Kriegsgefangenschaft, aus der ihn Salem doch herausholen möge. Dass er eigentlich im Jahr 2018 bei seiner Tochter und deren Familie ganz gut aufgehoben ist, scheint bei dem alten Griesgram noch nicht ganz angekommen zu sein.