Theaterspinnerei
Theaterstück mit Kafka und KI im Frickenhäuser Bahnhof

Die Theaterspinnerei spielt ihre neue Produktion „KAF K.I.“ wieder im eigenen Theatersaal. Die thematische Verquickung von Kafka und KI gefällt nicht zuletzt durch eine aufwendige Visualisierung.

Susie Rosina Pochert und Jens Nüßle spielen in „KAF K.I.“ die tragenden Rollen, Franz Kafka wirkt im Hintergrund als Avatar mit.  Foto: Volker Haußmann

Was hat Kafka mit KI zu tun? Vordergründig nichts, vielmehr hätte der begnadete Schriftsteller, hätte er zu Lebzeiten davon gewusst, wohl die Auffassung vertreten, dass man auf eine wie auch immer geartete künstliche Form der Intelligenz gut verzichten kann. Die Theaterspinnerei in Frickenhausen indes versteht es mit ihrer neuen Produktion „KAF K.I“ gleichwohl, die Persönlichkeit des Autors mit künstlicher Intelligenz zu paaren. Im Dezember feierte das Ensemble im Theatersaal im alten Frickenhäuser Bahnhof eine glanzvolle Premiere.

Der Vorhang geht auf und gibt den Blick auf zwei identisch eingerichtete Amtsstuben frei. Im Hintergrund dreht sich die Projektion eines Kettenkarussells und dazu liest eine gestaltlose Stimme eine behördliche Anweisung vor. Demzufolge soll im Hinblick auf baldige Wahlen die Bürokratie bekämpft werden. Die Verwaltungsmitarbeiter sollen insbesondere auf sogenannte Kafkaeskismen achten. Diese sollen sie „erkennen, benennen und eliminieren“. Die Substantivierung des Wortes kafkaesk dürfte allerdings eine Wortschöpfung des Stückeschreibers Stephan Hänlein sein. Im Stück versteht man darunter paradox anmutende Ausformungen des Verwaltungshandelns. Und ebendiese gelte es abzustellen.

Adressaten dieser Anweisung sind zwei Klischeebeamten alten Schlags: Frau von O. (Susie Rosina Pochert) und Herr L. (Jens Nüßle), die räumlich getrennt voneinander an aus der Mode gekommenen Schreibtischen ihrem eintönigen Tagwerk nachgehen. Das heißt, sie stempeln, spitzen ihren Bleistift und lesen irgendwelche Formulare. Falls telefoniert wird, dann mit schwarzen Apparaten mit Wählscheibe.

Bei ihrer Aufgabe, Kafkaeskismen zu eliminieren, soll den Beamten künstliche Intelligenz zur Seite stehen. Die erscheint den beiden in Form eines nahezu lebensgroßen Franz-Kafka-Avatars, der erstaunlich lebensecht agiert und spricht. Eine große Hilfe ist die KI allerdings nicht, denn sie braucht zunächst mal Input, soll von den Beamten lernen.

Zwar wissen beide Beamten voneinander, wähnen sich allerdings am jeweils anderen Ende der Welt. Eine Kommunikation untereinander findet nicht statt, da man entweder arbeitet oder „regeneriert“. Und wer regeneriert, darf nicht gestört werden, dafür sorgt die Kafka-KI. Geschlafen wird übrigens in Hundekörbchen, gegessen aus einem Metallfressnapf.

Schließlich kommt in Herr L. und Frau von O., die beide unter ihrer Einsamkeit leiden, der Wunsch auf, miteinander in Kontakt zu treten. Zu diesem Zweck müssen sie die KI austricksen, was sich als nicht weiter schwierig herausstellt. Tatsächlich gelingt die Kontaktaufnahme mittels durch die Wand geschobener Zettelchen. Und dann – tja, wer wissen will, wie das Stück ausgeht, der sollte sich das im Frickenhäuser Theatersaal selbst ansehen.

Rätselhafte Details

Dass die Verquickung von Kafka und KI kein seicht dahinplätscherndes Unterhaltungsstück generieren kann, liegt auf der Hand. Und Autor Stephan Hänlein hat wieder – typisch Theaterspinnerei – zahlreiche rätselhafte Details und Anspielungen in sein Stück gepackt. Zwar darf sich der Zuschauer aufgefordert fühlen, diese so weit als möglich zu entschlüsseln, er muss es aber nicht. Vielmehr kann er das gut einstündige Geschehen, das märchenhafte, zuweilen surreale Züge trägt, einfach auf sich wirken lassen, die wie immer spektakuläre, technisch aufwendige Visualisierung genießen und dabei den Alltag für kurze Zeit vergessen. Jens Nüßle und Susie Rosina Pochert gefallen in der Ausgestaltung ihrer Rollen und überzeugen mit leidenschaftlichem Spiel. Fazit: Mit „KAF K.I.“ ist der Theaterspinnerei wieder ein spektakuläres Theaterstück gelungen.

Gespielt wird „KAF K.I.“ noch am 24., 25. und 31. Januar sowie am 3., 7. und 8. Februar. Beginn ist jeweils um 20 Uhr. Das Theaterrestaurant ist ab 18 Uhr geöffnet, dort essen kann man allerdings nur nach Vorbestellung. Alle Infos und Kartenreservierung unter www.theaterspinnerei.de.