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Theaterstub’ in Schlierbach: Schwäbisch knitz und menschelnd

Bühne Die Theaterstub‘ Schlierbach feiert in diesem Jahr einen runden Geburtstag. Die Schauspieler-Truppe hat eine treue Fan-Gemeinde. Von Sylvia Horlebein

Frank Schlichter stirbt gekonnt in seinem Schaukelstuhl und Rainer Waldenmaier wird als gieriger Knecht spontan zum Langfinger. Foto: Sylvia Horlebein

Seit 10 gibt es die Theaterstub` Schlierbach und genauso lange ist der Farrenstall ihre Bühne. Die Begeisterung der 20 Männer und Frauen ist groß, wenn sie von ihrem Hobby, dem Theater sprechen. So groß ist die Begeisterung, dass selbst Corona dem Verein fast nichts anhaben konnte. Aber gebeutelt sind sie schon. Vor allem Eva-Maria Waldenmaier. Die technische Zeichnerin leidet unter Long Covid und hat mit kognitiven Einschränkungen zu kämpfen. Trotz mehrerer Kuraufenthalte bessert sich ihr Zustand nicht. Ein Handicap, das es ihr schwer macht, größere Textpassagen zu lernen.

Wie gut, dass das diesjährige Stück „Heiligs Blitzle“ schon vor 15 Jahren aufgeführt wurde. Damals, als die Schauspieler noch eine Untergruppe des TSV Schlier-
bach waren und in der Dorfwiesenhalle aufgetreten sind. „Alles, was im Langzeitgedächtnis gespeichert ist,“ sagt Waldenmaier, „lässt sich leichter wieder hervorholen.“ Ein Glücksfall, denn sie spielt dieselbe Rolle erneut. Glaubhaft und überzeugend fällt sie von einer extremen Gefühlsregung in die andere und begeistert so erneut ihr Publikum. „Ich spiele Theater, solange ich lebe!“ sagt sie.

Abwechslung zum Job

So oder ähnlich drücken sich auch die anderen aus. Anna Waldenmaier, die Souffleuse des Theaters freut sich, ihre Kreativität ausleben zu können. Als hauptberufliche Kreditanalystin eine willkommene Abwechslung zu ihrem Job. Für Arianna Capozio ist es wie „nach Hause kommen.“ Die junge Studentin stand 2019 das letzte Mal auf der Bühne und hat sich dieses Jahr erneut dafür entschieden. „Ich hatte fast vergessen, wie viel Spaß es macht,“ sagt sie. Max Waldenmaier lebt seinen geheimen Berufswunsch aus, Schauspieler. „Im September startet für uns die Saison,“ sagt er, „dann haben wir bis März jede Menge Spaß miteinander.“

Jedes Jahr reserviert die Gemeinde an den ersten zwei Märzwochenenden für schwäbische Mundart, schwarzen Humor und Einblick in menschliche Abgründe, den Farrenstall in Schlierbach. Jeder weiß das und so ist es kein Wunder, dass schon vor dem offiziellen Vorverkauf die meisten Karten reserviert sind. Es gibt fünf Vorstellungen mit je 80 Plätzen, doch auch dieses Jahr konnten nur 150 Karten in den Vorverkauf gehen. Zu groß ist die Begeisterung der Schlierbacher für das kleine Theater.

Auch Sascha Krötz, Bürgermeister in Schlierbach, ist ein großer Fan. „Diese kulturelle Bereicherung im Ort, mit schwäbischer Mundart und Lokalkolorit,“ sagt Krötz, „möchte ich nicht missen.“ Daher versteht es sich von selbst, dass die Gemeinde, um diesen Schatz der schwäbischen Sprache und der Hautnah-Atmosphäre zu erhalten, dem Verein während der schweren Coronajahren entgegengekommen ist.

Denn die Gruppe konnte 2020 nur ein Wochenende spielen, 2021 musste die Saison komplett gestrichen werden und 2022 waren teure Hygienekonzepte nötig. Kosten die das Ersparte fast vollständig auffraßen. Denn die Theaterstub` Schlierbach hat keinen Mitgliedsbeitrag, der regelmäßig Geld in die Kassen spült. Die Eintrittsgelder sind die einzigen Einnahmen, und wenn nicht aufgetreten werden kann, gibt es auch keine Gelder, mit denen neue Rollenhefte gekauft oder zusätzliche Anschaffungen getätigt werden können.

Doch die Gemeinde und ihre Einwohner unterstützen, wo sie nur können. Viele verzichten auf die Rückerstattung der Ticketpreise und die Gemeinde kommt ihnen mit der Miete entgegen. Die große Solidarität machte Mut und zeigte der Theatergruppe, wie geschätzt sie sind.

Aber die Theatergruppe leistet noch mehr als Lokalkolorit. Sie improvisieren, ohne dass es die Zuschauer wirklich mitbekommen. Rainer Waldenmaier als Michel wird während der Generalprobe spontan zum Langfinger. „Das passiert in jeder Probe,“ sagt Frank Schlichter, „immer fällt jemandem etwas ein. Das erfordert ein großes Maß an Flexibilität von Allen.“

Auch der Bürgermeister muss flexibel sein. Denn er wird von Armin Kaiser während der Begrüßung am zweiten Theaterabend nicht nur begrüßt, sondern auch auf die Bühne gebeten. Zur Erheiterung aller darf er mitspielen und bekommt einen Teller „Wespenstampf mit Muckenschiss“.

Das Einzige, was dem Verein fehlt, ist weiterer junger Nachwuchs. Mit Arianna Capozio und Max Waldenmaier stehen zwar zwei junge Schauspieler auf der Bühne, aber Vorstand Armin Kaiser und seine junggebliebene Truppe würden sich über Zuwachs freuen.

 

Weitere Infos dazu gibt es unter www.theaterstub.de