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Top-Mediziner operiert jetzt in Ruit statt in Stuttgart

Gesundheit Die Medius-Kliniken haben für den Standort Ruit mit dem neuen Chefarzt Micha Hoyer einen Spezialisten für die Behandlung jeglicher Verletzungen und Erkrankungen am Fußgelenk gewonnen. Der Chirurg setzt mit 3-D-Technik geplante Prothesen ein. Von Elke Hauptmann

Normalerweise wäre hier eine schützende Knorpelschicht“, sagt Micha Hoyer und zeigt auf das Röntgenbild. Doch zwischen den Gelenkknochen des rechten Fußes ist kein Spalt mehr vorhanden, weshalb die Knochen schmerzhaft aneinander reiben. Der Patient leidet unter einer fortgeschrittenen Sprunggelenkarthrose, einer Verschleißerkrankung, die das Verbindungsgelenk zwischen Fuß und Unterschenkel betrifft. Um wieder „normal“ laufen zu können, lässt sich der ältere Mann von einem ausgewiesenen Experten seines Fachs operieren: Hoyer, seit Jahresbeginn Leiter der Klinik für Unfall- und Orthopädische Chirurgie an der Medius Klinik in Ostfildern-Ruit, zählt zu den wenigen Chirurgen in Deutschland, die ihren Patienten maßgefertigte Sprunggelenkprothesen passgenau einsetzen.

Schablone aus dem 3-D-Drucker

Dazu wird zunächst eine spezielle Untersuchung des Fußes im Computertomografen (CT) vorgenommen. Anhand der Daten wird dann im 3-D-Drucker ein Modell des Schienbeins und des Sprungbeins des Patienten ausgedruckt. Das dient bei der Operation als Schablone, mit ihrer Hilfe kann der Operateur die Sägeschnitte und Bohrungen exakt anbringen. Hoyer setzt das kleine, in einem Speziallabor gefertigte Teil auf den Schienbeinknochen auf und fixiert es mit Drähten. Ein prüfender Blick auf das Röntgenbild, mit geübtem Handgriff korrigiert der Chirurg die Position. „Jetzt sitzt es exakt so, wie es virtuell geplant war“, stellt er zufrieden fest. Die Schablone kann nun wieder weg.

Es folgen die nächsten routinierten Schritte, einem Handwerker gleich: bohren, sägen, meißeln. Dann wird das verschlissene Gelenk entnommen und die Prothese eingesetzt. Sie besteht aus beständigem Titan, „das hält viele Jahre“, sagt Hoyer und verankert die drei Teile in den zuvor gebohrten Vertiefungen. Ein hochresistentes Kunststoff-Inlay zwischen den Metallplatten sorgt dafür, dass das künstliche Gelenk fest und dennoch beweglich mit dem Knochen verwächst. Nach fünf Tagen könne der Patient in der Regel die Klinik verlassen, müsse das Gelenk aber noch mit einem Spezialschuh zwei Wochen schonen, erläutert Hoyer. Bis er wieder laufen kann, würde es jedoch mehrere Wochen brauchen.

Nach etwa 45 Minuten durchaus körperlich anstrengender Arbeit für den Arzt ist die Operation vorbei. Dank dieser Methode kann die Eingriffszeit laut Hoyer jedoch um die Hälfte der üblichen Zeit reduziert werden. Er zählt noch weitere Vorteile auf: „Die perfekte Platzierung der Prothese führt zu einer schnelleren Heilung, einer längeren Haltbarkeit und damit natürlich zu einer höheren Patientenzufriedenheit.“

OP-Verfahren in Deutschland noch selten

In den USA und Großbritannien würden diese CT-geplanten Prothesen bereits standardmäßig eingesetzt. In Deutschland, wo im Jahr rund 1500 künstliche Sprunggelenke eingesetzt werden, sei das Verfahren jedoch noch nicht so verbreitet. Dabei seien die Ergebnisse sehr gut, betont Hoyer. Er führt diese Operationsmethode seit vier Jahren durch: Der 48-Jährige, der laut Focus-Ärzteliste zu den „Top-Medizinen“ seines Fachs gehört, hatte vor seinem Wechsel zu den Medius Kliniken des Landkreises Esslingen das Zentrum für Orthopädische Chirurgie und Unfallchirurgie sowie das Fuß- und Sprunggelenkzentrum im Diakonie-Klinikum Stuttgart geleitet. Dort haben er und sein Team jährlich rund 100 solcher Eingriffe vorgenommen – damit rangieren sie hinsichtlich der Fallzahlen deutschlandweit auf Rang zwei.

Klinik-Standort Ruit wird aufgewertet

„Mit dem Einsatz dieser speziellen, individuell geplanten Prothesen verfügen wir über ein überregionales Alleinstellungsmerkmal“, sagt der erfahrene Chirurg stolz. In Ruit will der neue Chefarzt an seine Erfolge anknüpfen. Die Rahmenbedingen seien ideal, „hier gibt es alle Möglichkeiten, sich weiterzuentwickeln“, sagt Hoyer mit Blick auf die umfangreichen Modernisierungsmaßnahmen am Klinikstandort. Zudem hat er drei weitere erfahrene Fachärzte aus seinem Stuttgarter Team auf die Filder mitgenommen. Zusammen werden sie in Ruit jegliche Verletzungen und Erkrankungen am Fuß- und Sprunggelenk versorgen, unter anderem auch das diabetische Fußsyndrom.

Mit dem von Hoyer geleiteten neuen Fuß- und Sprunggelenkzentrum können die Medius Kliniken „einen weiteren medizinischen Leuchtturm“ ausweisen, betont Jörg Sagasser, der medizinischen Geschäftsführer der Kreiskliniken. Der Ruiter Klinikleiter Philipp Henßler ergänzt, dass der neue medizinischen Schwerpunkt für den Standort „eine enorme Aufwertung des Leistungsspektrums“ bedeute“. Hoyers Spezialisierung ergänze die in der Klinik für Klinik für Unfall- und Orthopädische Chirurgie etablierten Fachbereiche der Endoprothetik, Schulterchirurgie und Sportorthopädie sowie der Traumatologie „in idealer Weise“. Insgesamt werden dort pro Jahr etwa 2300 Operationen durchgeführt.

 

So weit die Füße tragen

Beeindruckend: Fast 30 Knochen, beinahe 30 Gelenke, 60 Muskeln, mehr als 100 Bänder und über 200 Sehnen machen Füße zu einer komplexen Konstruktion. Sie sorgen für Stütze, Gleichgewicht und Beweglichkeit.

Belastend: Füße leisten Schwerstarbeit: In unserem Leben laufen wir etwa so viel wie bei drei bis vier Weltumrundungen. Und mit jedem Schritt wird ein Vielfaches des eigenen Körpergewichts auf die Füße übertragen.

Beschwerlich: Die Ursachen für Fußbeschwerden sind sehr vielfältig. Sie können durch angeborene und erworbene Fehlstellungen entstehen oder auch durch Verletzungen hervorgerufen werden. eh