In einer Traumfabrik gehen die Uhren etwas anders. Entsprechend rasant ist der technische Fortschritt, den die Kinobranche im elektronischen Zeitalter erlebt. Von riesengroßen Rollen mit kilometerlangen Zelluloidstreifen ist schon lange keine Rede mehr. Heute werden Action, Drama, Komödie und große Gefühle mit digitaler Hilfe auf die Leinwand gebracht. Filmtheater-Betreiber stellt das Tempo dieser Innovationen vor große Herausforderungen: Wer Schritt halten möchte, muss stets auf der Höhe der Technik bleiben. Der Rudersberger Kinounternehmer Heinz Lochmann hat mit seinen Traumpalästen Maßstäbe gesetzt – auch in Esslingen. Nun wird das Multiplex-Kino im Dick-Center für mehr als eineinhalb Millionen Euro runderneuert. Der größte Saal des Hauses wird zum innovativen Dolby Cinema, das Kino mehr denn je zum Erlebnis machen soll.
Seit Monaten wird im Esslinger Traumpalast gearbeitet. Bei laufendem Kinobetrieb werden nach und nach die Säle neu gestaltet, neue Sitze sollen für noch mehr Komfort sorgen, Dolby-Atmos-Technik soll das Klangerlebnis steigern, größere und bessere Leinwände werden eingebaut, auch im Foyer tut sich allerhand. Moderne LED-Technik eröffnet zudem ganz neue Möglichkeiten für die Beleuchtung. Damit ändert sich auch die gestalterische Handschrift des Esslinger Traumpalasts, die ganz bewusst Elemente der Fabrikarchitektur der Weststadt aufgegriffen hatte.
Scharfe, leuchtende Bilder
Für Heinz Lochmanns Sohn Marius, der in die Geschäftsführung des Familienunternehmens eingezogen ist, ist diese Entwicklung dem Lauf der Zeit geschuldet: „15 oder gar 20 Jahre sind in der Kinobranche eine lange Zeit. Wenn man den Anspruch hat, dem Publikum ein attraktives Kinoerlebnis zu bieten, darf man nie stehenbleiben, sondern muss Gas geben. Von nichts kommt nichts.“ So soll nicht nur das treue Stammpublikum gehalten, sondern auch neues hinzugewonnen werden. Die Weiterentwicklung kommt nicht aus heiterem Himmel – sie ist seit jeher Geschäftsprinzip der Betreiber. Immer wieder wurde optimiert, mit „Buster“ und „Charlie“ kamen vor Jahren zwei zusätzliche kleine Säle hinzu, 2018 wurde im Kinosaal „Onyx“ erstmals in Europa ein Cinema LED-Screen installiert, der ein „realitätsnahes Seherlebnis mit gestochen scharfen, leuchtenden Bildern“ versprach.
Bis Ende Februar wollen die Lochmanns ihren Esslinger Traumpalast auf den neuesten Stand gebracht haben – dann soll im Dick-Center ein neues Bowling-Center seine Türen öffnen. Bis dahin ist noch allerhand zu tun. Während der Saal „Metropolis“ kommende Woche an den Start gehen soll, sind die Betreiber im „Empire“, der mit 430 Plätzen als Flaggschiff gilt, bereits am Ziel. Dort zeigt sich der Wandel am deutlichsten: Nach dem Mathäser-Filmpalast in München ist Esslingens Traumpalast das zweite Filmtheater bundesweit, in dem sich ein Saal mit dem Titel „Dolby Cinema“ schmücken darf.
Hinter diesem Markenzeichen verbirgt sich ein innovatives technisches Konzept, das nach Angaben des internationalen Kinotechnik-Konzerns Dolby „die emotionale Wirkung eines jeden Films maximiert“: 4K-Laserprojektoren schaffen durch „Dolby Vision“-Technik einen Kontrast, der ein tiefes Schwarz gestochen scharf und noch intensiver zeigt. Und das neue Tonsystem „Dolby Atmos“ verteilt dank dynamischer Klang-Architektur die Geräusche im gesamten Kinosaal und soll so für ein intensives und raumfüllendes Klangerlebnis sorgen, das den Zuschauer glauben lässt, Teil des Geschehens zu sein.
„Das Zusammenspiel aus Sound, Bild und Ambiente ist atemberaubend und lässt einen Film-Details sehen und spüren, die man sonst gar nicht so erfassen kann“, beschreibt Marius Lochmann seine ersten Erfahrungen mit der neuen Technik. Und Fritz Deininger, der sich als Senior Director Cinema bei Dolby um die Märkte in Europa und Indien kümmert, erklärt: „Wir wollen dem Publikum mit dieser neuen Technik eine maximale authentische Erfahrung vermitteln. Und wir wollen den Filmemachern die Technik anbieten, die sie brauchen, um ihre Geschichten optimal zu erzählen.“
Der neuen Technik wurde die Gestaltung des „Empire“ angepasst: Damit sich das Publikum ganz und gar auf das Filmerlebnis einlässt, gelangen die Besucherinnen und Besucher in den Kinosaal durch eine Art Tunnel . Dort ist noch alles bunt und hell, ein Szenenbild stimmt auf den aktuellen Film ein – aktuell ist es Paul Kings märchenhaftes Filmmusical „Wonka“, das die Vorgeschichte zu Tim Burtons „Charlie und die Schokoladenfabrik“ erzählt. Im Saal selbst gibt es bis auf die Notbeleuchtung so gut wie gar nichts mehr, was vom Geschehen auf der 15-Meter-Leinwand ablenken könnte. Und plötzlich taucht man ein in die Wunderwelt des jungen Schokoladenfabrikanten Willy Wonka, der das Kinopublikum mit seiner Geschichte spüren lässt, weshalb Hollywood eine Traumfabrik ist – und weshalb ein Filmtheater zum Palast der Träume werden kann.
Viel Vergnügen unter einem Dach
Das Dick Die einstige Werkzeug- und Messerfabrik Friedrich Dick ist die größte Fabrikanlage in der Esslinger Weststadt. Nachdem sich das Unternehmen 1997 aus Esslingen verabschiedet hatte, wurde das Fabrikareal zum Freizeit- und Erlebniscenter umgebaut. Die ersten Betreiber mussten 2001 die Segel streichen, ein Jahr später kam das Ende für das im Center angesiedelte Multiplex-Kino Moviedick. Der Filmtheater-Unternehmer Heinz Lochmann übernahm zunächst das Kino, das er zum Traumpalast machte. Heute wird das gesamte Center von der Lochmann-Grundstücksvermietungsgesellschaft betrieben.
Der Traumpalast Das Filmtheater im Dick-Center besitzt aktuell neun Säle von unterschiedlicher Größe mit insgesamt 1600 Plätzen. Der größte Saal „Empire“ bietet Platz für 430 Gäste, die beiden kleinsten Kinosäle namens „Buster“ und „Charlie“ zählen jeweils 60 Plätze.
Die Betreiber Die Lochmann Filmtheaterbetriebe führen Traumpalast-Kinocenter in Schorndorf, Waiblingen, Backnang, Schwäbisch Gmünd, Leonberg, Esslingen und Nürtingen sowie die Löwen-Lichtspiele Rudersberg und das Hamburger Passage Kino. Hinzu kam 2021 das Imax-Center in Leonberg mit der weltgrößten Imax-Leinwand und zuletzt das Stuttgarter Traditionshaus Metropol, das zu einem der schönsten Kinos im Land werden soll. adi