Zwischen Neckar und Alb
Tunnelbauer brechen ihre „Zelte“ ab

Baustelle Bis zu 150 Arbeiter schufteten acht Jahre lang in mobilen Büros neben der A 8 bei Aichelberg. Mit der Fertigstellung des Boßlertunnels verschwindet das Containerdorf. Von Sabine Graser-Kühnle

Acht Jahre lang hat das Containerdorf entlang der A 8 bei Aichelberg die Blicke der vorbeiziehenden Autofahrer auf sich gelenkt. Seit 2013 wurden in diesem Camp der Bauüberwachung weitreichende Entscheidungen zum Bau des Boßlertunnels gefällt. Jetzt ist der 8,8 Kilometer lange ­Eisenbahntunnel nahezu fertig, 80 Kilometer Gleise sind verlegt, nur in einer Röhre fehlen noch welche. Die Bauüberwachung kann sich daher weitgehend zurückziehen, die 200 Container, die die vergangenen acht Jahre dieses Dorf gebildet hatten, werden abgebaut.

Roman Thonhauser bedient mit seinem Joystick den Teleskopstapler, der schwere Eisenträger vom Dach der Container auf den Boden hebt. Seit drei Wochen sind er und seine vier Kollegen mit dem Abbau des Containerdorfes beschäftigt. Von den einst 200 Containern sind noch rund 90 zu demontieren: Von oben nach unten geht der Rückbau der ­mittlerweile ausgeräumten Büromodule, zuerst die Trapezbleche abmontieren, dann der Unterbau aus Stahl, schließlich die Isolierung. Danach können die Schrauben, welche die Container miteinander verbinden, abmontiert werden.

Erst dann rollen die Laster an, die die Container zu ihren neuen Wirkungsstätten transportieren. „Die ersten sind schon in Wien wieder aufgebaut“, weiß Thonhauser. Ab- und Aufbau gehen Hand in Hand. Während fünf Personen den Abbau am Boßlertunnel bewältigen, haben in den Hochzeiten der Bauphase bis zu 150 Personen rund um die Uhr im Containerdorf gearbeitet.

Neun Tage auf der Baustelle, fünf zu Hause

Wichtig war den vier am Tunnelbau beteiligten Firmen die stete Koordination. Dafür versammelten sich alle Beteiligten dieses Projekts der Deutschen Bahn, Poliere und Bauleiter, regelmäßig im extra eingerichteten „Leanraum“. Nicht nur für Bauleiter Christoph Hillinger ist das mit Zwölf- bis 14-Stundentagen ein Knochenjob. „Um in der Freizeit noch viel zu unternehmen, ist man meistens zu müde“, sagt der Österreicher. Hier werde gearbeitet, Freizeit sei zu Hause mit der Familie angesagt. Neun Tage Arbeit auf der Baustelle des längsten Tunnels der gesamten ICE-Neubahnstrecke, dann fünf Tage in der Heimat in Graz. So pendelte der 35-Jährige die vergangenen acht Jahre.

Daheim fand Hillinger die nötige Erholung, um wieder frische Energie für seinen Job zu tanken. „In diesen acht Jahren habe ich geheiratet und bin zweimal Vater geworden“, erzählt er stolz. Seit neun Jahren ist der Ingenieur Tunnelbauer, die Zeit auf der Baustelle war intensiv und tatsächlich ganz anders als während des Studiums. „Als Student erstellt man einen Plan und das war es, aber den Plan umzusetzen, das sind ganz andere Dimensionen“, meint er voller Ehrfurcht.

Die Arbeit hat das Team zusammengeschweißt. Nun alles hinter sich zu lassen, wecke doch ein wenig Wehmut. „Aber die Tunnelwelt ist klein, Tunnelbauten gibt es nicht so viele, wir begegnen uns garantiert irgendwo wieder.“ Das Gelände selbst wird nach dem Abbau renaturiert, ans Containerdorf und das Zwischenlager beim Tunnelportal wird später nichts mehr erinnern, meint Hillinger.