Vom gar nicht so ganz einfachen Einstieg ins Modellbahnhobby – Ohne Strategie läuft gar nichts
Und ewig lockt die Weiche

Ist es die Schaufensterauslage, das Drängen des Sohnes oder die selige Erinnerung an die eigene Kindheit? Ewig lockt die Weiche. Jetzt bloß nicht überhastet in den Laden stürzen und irgendeine Anfangspackung kaufen. Ohne Strategie läuft hier gar nichts. Und erst recht nicht ohne ein paar ganz grundsätzliche Entscheidungen fürs Leben.

Kreis Esslingen. Spielbahner, das ist für manchen Modellbahner ein Schimpfwort. Wer seinen ICE über Straßenbahnradien rasen lässt, womöglich noch ohne Oberleitung, wer auf seiner Mini-Anlage die Bergbahn neben dem Seehafen unterbringt, der ist ein hoffnungsloser Spielbahner. Empfehlung: Modellbahner mit weitem Herz werden. Sich so weit wie möglich am Vorbild orientieren, aber mit den Kompromissen leben, die der Platz, der Geldbeutel oder die Ehefrau erfordern.

Es gibt beim Vorbild Normal-, Breit- und Schmalspur. „Normal“ ist bei der Bahn klar definiert: 1 435 Millimeter. Alles darunter ist Schmalspur, alles darüber, etwa in Spanien und Irland, Breitspur. Die meisten Modelle sind in Normalspur. Schmalspurbahnen nach Schweizer Vorbild oder wie in Sachsen sind eher für Fortgeschrittene. Aber oft wunderschön. Empfehlung: Vorerst normal bleiben. Die Schmalspur dann ab dem dritten Anbau ergänzen. Dann gilt es, sich für eine Nenngröße zu entscheiden. Schon vor langer Zeit gab es die Spur 0, heute ist das nur noch etwas für Spezialisten. Weil der Maßstab 1:45 für eine normale Wohnung zu groß war, kam 1935 in etwa die halbe Portion davon, also H0, Maßstab 1:87. Diese Nenngröße ist heute am weitesten verbreitet. Darunter gibt es noch weitere Nenngrößen und ein paar Spurweiten. Modellbahner sollten sich auch entscheiden, welches Jahr ihre Anlage in etwa darstellt. Besonders beliebt ist die Epoche 3, weil da Dampf-, Diesel- und Elektroloks parallel fuhren – also so grob von 1945 bis 1970. Wer mehr auf moderne Zeiten steht, dem bleibt ein Ausweg: ICE und pa­rallel eine Museumsbahn.

Teppichbahn oder Anlage? Dank trittfester Gleise mit Schotterbett, einer genialen Erfindung der Modellbahnindustrie, ist die Teppichbahn viel attraktiver als früher. Ein Brett, noch besser eine Anlage in Rahmenbauweise, erlaubt aber die Ausgestaltung mit Dörfern und Straßen, mit Bergen und Tunnels. Allerdings ist gute Planung nötig. Manche tüfteln jahrelang am optimalen Gleisplan, beginnen aber nie zu bauen.

Empfehlung: Mit der Teppichbahn beginnen und parallel die Planung der Traumanlage starten. Mindestens fünf Bücher oder Hefte à la „55 allerbeste Gleispläne“ kaufen. Auch Altmeister wie Bernd Schmid als Vorbild nehmen. Wer ganz hoch hinaus will, braucht Josef Brandl als Vorbild, das ist die Fünf-Sterne-Modellbahn. Wer Natur perfekt nachbilden möchte, sollte aber wie er zuerst Gärtner werden.

Die Modellbahn eignet sich für jede Jahreszeit. Zum Winter gehört sie sowieso. Im Frühjahr verlockt die erwachende Natur zum Nachbilden im Modell. Im Sommer klebt man die Häuserbausätze im Freien zusammen, da stört der Geruch des Klebstoffs nicht so. Im Herbst steigert die Bahn die Vorfreude auf Weihnachten. Im Vorteil ist, wer in Altbau oder Loft wohnt. Der kann so hoch hinauffahren, dass er mehrere Jahreszeiten unterbringt. Von den Gletschern zu den Palmen in Spur H0.

Empfehlung: Frühling oder Sommer. Für die Bergstation kann man hinten oben noch Winter dazubauen – mit einem mindestens 20 Zentimeter breiten Übergang. Für Spielbahner reichen auch fünf Zentimeter.

Bei der Frage nach dem Stromsystem wird es kompliziert, zumindest für H0-Bahner. Sie mussten sich früher zwischen Gleich- und Wechselstrom entscheiden. Wechselstrom, das war Märklin mit den Punktkontakten und dem Schleifer. Gleichstrom hatten alle anderen, etwa Fleischmann und Roco. Letztlich ist es eine Glaubensfrage. Märklin und die Punktkontakte gibt es immer noch. Heute ist die Frage vor allem: Analogst du noch oder digitalst du schon? Digitale Loks, mit eingebautem Decoder, fahren auch auf alten analogen Anlagen. Aber die analoge Lok vom Dachboden nicht im Digitalsystem, sie rast nur, weil immer der volle Saft anliegt.

Die Empfehlung lautet: digital. Wer auf Bänke mit mindestens zehn Trafos und Kabelsalat steht, kann sich für analog entscheiden. Und: Egal von welchem Hersteller, in welcher Nenngröße und mit welchem System, erst einmal ganz viele Anfangspackungen kaufen. Nirgendwo gibt es mehr fürs Geld. Danach wird's nämlich noch teurer.