Einsamkeit. Die Kriegsgeneration hat Bombenhagel überstanden, Hunger gelitten, Vertreibung mitgemacht, gefallene oder vermisste Brüder und Väter betrauert. Schlimmer geht‘s nicht, dachten die über 90-Jährigen lange Zeit.
Heute leben manche von ihnen im Pflegeheim. Und ihre Familien in Kirchheim und Umgebung sind dankbar, sie in guten Händen zu wissen, umsorgt von liebevollen, kenntnisreichen und aufopferungsvollen Fachkräften, zu denen sie Vertrauen haben.
Dennoch ist die Situation der Senioren in Heimen unsagbar traurig: „Betreten verboten“ prangt an den Eingängen. Das ist traurig für die betagten Menschen, für die Mitarbeiter, für die Angehörigen. Soziale Isolation, die Trennung von der Familie, fördert Depressionen und geistigen Abbau. Wer Angehörige im Heim hat, kennt die Probleme der Kommunikation mit Hochbetagten, mit schwerhörigen, fast blinden Senioren oder mit Menschen am Rande der Demenz. Ein notgedrungen gebrülltes 15-minütiges Telefonat hinterlässt niemals das gute Gefühl einer gemeinsam entspannt im Heim-Garten verbrachten Mittagspause. Das Versprechen „Ich ruf morgen wieder an“ klingt wie Hohn. Anknüpfen an das Telefonat vom Vortag geht selten - das Kurzzeitgedächtnis streikt.
Nähe ist einfach durch nichts zu ersetzen, das erfahren die Angehörigen der Senioren, die in den „Hochsicherheitstrakten“ leben, zu denen die Heime geworden sind, jetzt schmerzlich. Diese Nähe fehlt komplett, die kurze Berührung, das Beieinandersitzen, auch ohne Worte. Das wird noch eine ganze Weile so bleiben. Die Gründe versteht jeder: Senioren gehören aktuell zur Hochrisikogruppe. Doch sie leiden nicht nur unter dem Virus, sondern auch unter der Vorbeugung, der Isolation von ihren Liebsten. Wie lange kann das gutgehen, Wochen, Monate? - Zeitspannen, die nicht unbedingt zum Leben Hochbetagter passen.
Betroffene wissen: Es geht nicht anders, und es gibt wohl keine bessere Lösung. Das ist einfach unendlich traurig.