Haustürgeschäfte
Ungefragt und unangekündigt: Geschäfte direkt an der eigenen Haustüre

Immer wieder klingeln Fremde bei Thuy-Van Becker und wollen ihre Fassade reinigen. Ein harmloses Angebot? Die Verbraucherzentrale warnt vor den Risiken solcher Haustürgeschäfte.

Misstrauen an der Haustüre: Thuy-Van Becker aus Bissingen hat gelernt, bei unangekündigten Reinigungsangeboten sofort Nein zu sagen. Foto: Thuy-Van Becker

Es klingelt, wieder mal. „Inzwischen hab ich echt die Nase voll“, sagt Thuy-Van Becker aus Bissingen. Schon zum dritten Mal in zwei Wochen stehen Männer vor ihrer Haustür. Immer mit dem gleichen Angebot wie auch schon in den Jahre zuvor: Sie wollen ihre Fassade reinigen – ohne dass sie darum gebeten hat.

„Die kommen nie mit Visitenkarten, nie mit Flyer. Einfach nur mündlich: ‚Wir machen das für 250 Euro, Spezialmittel, ganz schonend‘, aber das klingt schon alles ziemlich komisch“, erzählt sie. Wenn sie sagt, dass sie kein Interesse hat, geht’s gleich weiter: „Dann bieten sie an, den Hof und die Treppe kostenlos mit abzuspritzen. Da hilft nur: Tür zu.“

Ungebetener Besuch

Solche Geschichten kennt auch die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Matthias Bauer, zuständig für unseriöse haushaltsnahe Dienstleistungen, berichtet, dass es immer wieder zu ähnlichen Fällen kommt. Wenn jemand an der Tür klingelt und direkt etwas verkaufen will, gilt das als Haustürgeschäft. Vor allem im Bereich der Fassaden- und Dachreinigung seien Anbieter unterwegs, die unangekündigt an der Haustür auftauchen, keine schriftlichen Informationen vorlegen und häufig nicht einmal einen Firmennamen nennen. Auch wenn das rechtlich nicht automatisch verboten ist, sei dieses Vorgehen laut Bauer „aus Sicht der Verbraucherzentrale durchaus problematisch“. Denn je undurchsichtiger das Angebot, desto schwerer ist es im Nachhinein, Rechte durchzusetzen.

Inzwischen hab ich echt die Nase voll

Thuy-Van Becker aus Bissingen hat in den letzten Wochen mehrfach Angebote an ihrer Haustüre abwimmeln müssen.

 

 

Ein Angebot ohne Nachfrage

Die Bandbreite der Maschen ist groß: Manche verlangen Vorkasse, ohne dass klar ist, wohin das Geld fließt. Andere treten ohne offizielle Firmierung auf oder bieten zusätzliche Arbeiten spontan und ohne Dokumentation an. Solche Angebote sind zwar nicht automatisch strafbar, aber aus Sicht des Verbraucherschutzes mit Vorsicht zu genießen. Die Grenze zwischen einem rein unseriösen Verhalten und einem strafbaren Vorgehen wie Betrug oder Wucher ist dabei oft schwer zu ziehen und hängt stark von der Beweislage ab, bestätigt Bauer. Entscheidend sei die Nachweisbarkeit.

Ein Urteil des Bundesgerichtshofs zeigt, wie heikel Haustürgeschäfte in Notsituationen sein können: 2020 wurde entschieden, dass extrem überhöhte Preise bei Schlüsselnotdiensten als Wucher gelten können – vor allem dann, wenn Kunden sich in einer akuten Zwangslage befinden und keine echte Wahl haben.

Natürlich gibt es auch für Haustürgeschäfte Regeln. Wer einen Vertrag abgeschlossen hat, kann ihn in der Regel innerhalb von 14 Tagen widerrufen, am besten schriftlich. Wenn keine Info über das Widerrufsrecht gegeben wurde, verlängert sich die Frist sogar auf ein Jahr und 14 Tage. Der Dienstleister muss beweisen, dass er über den Widerruf aufgeklärt hat. Genau das passiert bei dubiosen Haustürangeboten häufig nicht, und oft fehlt es auch an einer nachvollziehbaren Geschäftsadresse. Der Widerruf ist dann zwar rechtlich möglich, aber praktisch kaum durchsetzbar.

Rechte, aber keine Chancen?

Theoretisch ist die Sache klar: Man darf widerrufen und Anspruch auf Rückzahlung oder Gewährleistung. Aber in der Praxis sieht das oft anders aus. Viele Betroffene haben nie eine Rechnung bekommen, wissen nicht, wie die Firma eigentlich heißt. Es fehlt an Unterlagen, an Kontaktdaten, an allem, was im Streitfall helfen könnte. Ein Widerruf ist dann zwar gesetzlich möglich, aber kaum durchsetzbar. Auf eine Rückzahlung zu hoffen, ist oft vergeblich. Viele geben irgendwann auf.

Thuy-Van Becker hat sich inzwischen vorgenommen, beim nächsten Mal anders zu reagieren. „Mir ist ja nichts passiert. Aber ich mache mir Gedanken, wie das bei anderen läuft, bei älteren Leuten zum Beispiel.“ Beim nächsten Mal, sagt sie, klingelt sie selbst – und zwar bei der Polizei.

 

Hinweise

Die Verbraucherzentrale rät deshalb grundsätzlich zur Vorsicht bei Haustürgeschäften. Verbraucher sollen immer vorab eine Preisabfrage machen. Wenn tatsächlich Interesse an einer Leistung besteht, sollte man sich ein schriftliches Angebot geben lassen, Vergleichsangebote einholen und die Preise prüfen. So lassen sich Risiken vermeiden und man behält die Kontrolle.

Einen Überblick über typische Maschen und rechtliche Möglichkeiten bietet die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg online auf verbraucherzentrale-bawue.de.