Der Verein Arbeitskreis Leben Nürtingen-Kirchheim (AKL) besteht seit 40 Jahren. Er unterstützt Menschen in Krisen und bei Suizidgefahr. In der Nürtinger Kreuzkirche gab es am Samstag eine Jubiläumsveranstaltung.
Konkret macht der Verein dabei vier Angebote. In der Beratung bieten vier ausgebildete Fachkräfte Menschen in Not Unterstützung an. Dabei werden Tabuthemen wie Suizidalität bewusst angesprochen. Das Beratungsangebot erfolgt sehr niederschwellig. Das heißt, die Betroffenen können ohne Termin vorbeikommen und erhalten direkt Hilfe.
Die ehrenamtliche Krisenbegleitung zeigt: Ein Grundpfeiler des Vereins war schon immer das Ehrenamt. Die Freiwilligen machen eine Weiterbildung zum Krisenbegleiter und helfen anschließend Menschen auf dem Weg durch schwere Zeiten. Dies erfolgt im professionellen Rahmen, ist aber nicht an die Beratungsstelle gebunden. So ist man zeitlich und räumlich flexibel, kann sich also nachmittags auf einen Kaffee treffen oder auch mal um 21 Uhr telefonieren.
„Durch diese Möglichkeit der Mitgestaltung kann eine Nähe und Verbundenheit entstehen, die mit Fachkräften in dieser Form gar nicht möglich ist“, sagt Dr. Alena Rögele, Geschäftsführerin des AKL Nürtingen-Kirchheim.
Freundschaften entstehen aber nicht, wie eine der 22 ehrenamtlichen Krisenbegleiter, Silke Gerboth-Sahm, erzählt: „Ich denke, die Distanz ist wichtig. Man mag der Freundin vieles erzählen. Aber manchmal dann doch nicht. Die Beziehung könnte dadurch verändert oder belastet werden, und man will ja weiter befreundet bleiben. Wir sind irgendwann wieder aus dem Leben der Betroffenen draußen, dadurch lässt sich manches anders erzählen.“
Seit 39 Jahren kommen regelmäßig verschiedene Besucher in einem Café zusammen, um im AKL-Treff über alles Mögliche zu sprechen. Urlaub oder Probleme – hier gibt es keine Vorgaben. Man muss sich nicht anmelden und kann bleiben, solange man möchte. Fachkräfte oder Ehrenamtliche begleiten den Treff. Das offene Gesprächs- und Kontaktangebot findet jeden Montag im Café Medla statt, Neuffener Str. 12/1 in Nürtingen.
Die Suizidprävention als viertes Angebot ist ein essenzieller Teil der Arbeit des AKL. Hier geht es vor allem um junge Menschen. Vorträge an Schulen sollen dazu beitragen, das Thema „Suizid“ zu enttabuisieren.
Suizidzahlen immer noch hoch
„Die Bedeutung von Suizidprävention“ war auch Thema des Vortrag von Professoer Dr. Elmar Etzersdorfer, Facharzt für Psychiatrie. Generell haben sich die Suizide demnach zwar seit Anfang der 80er-Jahre halbiert, trotzdem seien die Zahlen noch immer viel zu hoch. Circa 10 000 Menschen pro Jahr begehen in Deutschland Suizid. „Es versterben deutlich mehr Menschen durch Suizid, als wenn man alle unnatürlichen Todesursachen zusammenzählt, wie Verkehrsunfälle, legale Drogen wie Alkohol oder Gewalttaten.“ Für Etzersdorfer sind Enttabuisierung und Prävention maßgeblich: „Suizidalität ist mit enormer seelischer Not verbunden, der wir angemessen begegnen müssen.“ Er betont, dass dies keine Einbahnstraße sei, sondern dass es wirksame Hilfen gebe. Hier müsse man eine Bandbreite verschiedener Präventionsmaßnahmen anwenden. Der Arbeitskreis Leben biete solche Präventionsmaßnahmen.
Am Samstag, 7. Oktober, ist der AKL von 10 bis 14 Uhr mit einem Informationsstand vor dem Kirchheimer Rathaus vertreten. Hier kann man eine Tasse Kaffee trinken und mit den Fachkräften und Ehrenamtlichen ins Gespräch kommen.