Weilheim · Lenningen · Umland
Urlaub daheim: Beim Wandern Spannendes über die Eisenbahn lernen

Freizeittipp Beim Eisenbahnlehrpfad von Neufra nach Gammertingen wird eine schöne, schattige Wanderung von 15 großen Informationstafeln zur Eisenbahngeschichte begleitet. Von Peter Dietrich

Wie reisen wir am besten zum Eisenbahnlehrpfad an? Natürlich mit der Bahn, mit Umstieg in Tübingen und meistens auch in Hechingen. Der gut zwei Kilometer lange Lehrpfad beginnt direkt am Bahnhof Neufra – mit der ersten von 15 Infotafeln und einer Sitzgelegenheit zum Vespern. Wer mit dem Auto anreist, kann auch direkt den Parkplatz am Friedhof ansteuern und mit der zweiten Tafel beginnen. Ab dort wird der Lehrpfad richtig schön, führt im schattigen Wald immer direkt an der Bahnlinie entlang. Der Weg ist weder für Kinderwägen noch für das Fahrrad geeignet, für ihn sind leichte Wanderschuhe genau richtig.

 

Starke Steigung für Dampfloks

Der Bahnhof Neufra liegt auf 683 Metern Höhe, der Endpunkt des Lehrpfads an der Fehlakapelle in Gammertingen auf 726 Metern. Für den Wanderer ist diese Steigung harmlos, den Dampfloks verlangte eine Steigung von 1:40 aber früher einiges ab. An der Fehlakapelle gibt es sogar einen kurzen Scheiteltunnel, bevor die Bahnstrecke hinunter nach Gammertingen führt. Davor führt die Bahnstrecke durch einen tiefen Einschnitt. Er wurde anfangs zu steil gebaut, immer wieder stürzten Felsbrocken auf das Gleis. Das passiert auch heute noch, trotz Aufweitung des Trichters, immer wieder sind Sanierungen nötig.

Die Bahnstrecke ist Teil der Hohenzollerischen Landesbahnen (HzL), heute ein Unternehmen der landeseigenen SWEG Südwestdeutsche Landesverkehrs-GmbH. Ohne große finanzielle Hilfen aus Preußen wären die HzL-Strecken nie gebaut worden. Zum Glück wurde das ganze Netz in Normalspur gebaut, das lag vor allem am Anschluss des „Fürstlich Hohenzollerischen Hüttenwerks Laucherthal“. Als Schmalspurbahn wären die Strecken längst stillgelegt.

Apropos „Schmalspur“: Die Frage „Ist der Schienenabstand überall gleich?“ wird in einer der Kinderecken beantwortet, die auf allen 15 Infotafeln links unten zu finden sind. Dort wird auch erklärt, warum Züge nicht von den Schienen fallen, warum die Schwellen in Schotter liegen und was die merkwürdigen Zeichen entlang der Strecke bedeuten. Die 4 und die 3 übereinander am nördlichen Ende des Bahnhofs Neufra sind also jeweils um eine Null zu ergänzen: Personenzüge dürfen dort Tempo 40 fahren, Güterzüge Tempo 30. Auch den großen Leuten sei sehr zu empfehlen, die Kinderecken zu lesen: Was dort erklärt wird, wussten zuvor meist nur Eisenbahnfreunde.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde an der Strecke zwischen Neufra und Gammertingen ein Steinbruch eingerichtet, mit Lade- und Abholgleis. Längst hat die Natur die Wunden wieder geschlossen, heute lädt dort ein kleiner „Steinmännle-Park“ am Lehrpfad zum besinnlichen Hochstapeln ein.

 

Am Ende gibt es zwei Möglichkeiten

Am Ende des Lehrpfads an der Fehlakapelle gibt es zwei Möglichkeiten. Eine davon führt den Wanderer rechts weg hinunter ins Fehlatal, so kehrt er zum Ausgangspunkt in Neufra zurück. Die Quelle der Fehla liegt in Burladingen, sie mündet nach nur gut 17 Kilometern bei Hettingen in die Lauchert.

Weiter geradeaus, das ist die zweite Möglichkeit, führt der Weg nach Gammertingen, zum Ortskern sind es knapp zwei Kilometer. Der Weg führt auf halber Strecke am Haltepunkt „Gammertingen Europastraße“ der HzL vorbei, von dort wäre auch eine direkte Rückfahrt möglich. Das wäre aber schade, denn im Ortskern und wenig weiter am Bahnhof warten Gasthof und Bäckereien, Pizza und Eiscafé. Einen knappen Kilometer nördlich der Ortsmitte, an der Reutlinger Straße, lockt die Freizeitanlage an der Lauchert mit Kinderspielplatz und Badebereich.

Wer mit dem Zug von Gammertingen zurück nach Hechingen fährt, kann aus dem Fenster nochmals den Eisenbahnlehrpfad sehen. Alternativ bietet sich die Buslinie 400 an, die von Gammertingen in zirka 80 Minuten zum Bahnhof Reutlingen verkehrt.

Wer die 15 Tafeln zuhause nochmals nachlesen möchte, kann dies unter www.eisenbahnlehrpfad.de tun. Dort gibt es auch einen Flyer zum Download.

 

Die Strecke nach Gammertringen im Wandel der Zeit

Heute ist der Bahnhof Neufra nur noch ein Haltepunkt mit Unterstand. Wie anders sah es dort vor vielen Jahrzehnten aus: Der Bahnhof war von Anfang an mit einem Bahnagenten besetzt: Lange war das Alex Oßwald, später sein Sohn Wilhelm. Sie mussten bei jedem Zug anwesend sein. Natürlich gab es im Bahnhof einen Schrank mit den Edmondsonschen Pappfahrkarten und einen Holzwagen zum Transport der Gepäckstücke. Der Bahnagent hatte aber auch das Bahnhofsklo zu putzen. Im Winter war der Warteraum vom Kanonenofen gut beheizt, die Kohle dafür brachte im Herbst der Stationskohlenzug. Bis 1987 hatte Neufra ein zweites Gleis mit handbetriebenen Weichen. Dort konnten Züge kreuzen und Güterwagen abgestellt werden.

Für die bergwärts fahrenden Züge musste in Neufra immer extra Dampf gemacht werden. Immer wieder ist in älteren Fahrtberichten die Bemerkung „Verspätung infolge Dampfmangels in Neufra“ zu lesen. Noch in den 1960er-Jahren wurden manche schweren Züge in Neufra geteilt. Der Rest der Last wurde in einer zweiten oder sogar dritten Fahrt über die Fehlahöhe gebracht.pd