Bundesweit Aufbereitungsplätze für mineralische Abfälle, die standortnah sind, hält Walter Feeß für einen zentralen Baustein, um das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimagipfels noch einhalten zu können. Architekten, Verantwortliche für Ausschreibungen der öffentlichen Hand sowie Lehrende an den Hochschulen über die Qualität recycelten Bauschutts aufzuklären, ist der zweite Punkt des Pionierunternehmers aus Kirchheim. Denn drittens müssten Kommunen, Kreise, Land und Bund konsequenter rezyklierte Baustoffe ausschreiben, damit über diese Nachfrage der Wirtschaftskreislauf in Gang kommt.
Vortragen konnte der 68-Jährige, dem 2016 der Deutsche Umweltpreis verliehen worden war, seinen Maßnahmenkatalog beim Besuch des Staatssekretärs im Bundes-Umweltministerium, dem Grünen-Bundestagabgeordneten Chris Kühn aus Tübingen. Er wurde begleitet von seinen Parteifreunden Matthias Gastel und Andreas Schwarz. Primär müssten Gebäude erhalten und saniert werden, so Feeß. Rückbau, Aufbereitung des Bauschutts und Neubau dürften erst an zweiter Stelle stehen, um „graue Energie“ zu sparen.
Aktuell umfasst der Bedarf an Kies, Sand und Schotter pro Jahr 600 Millionen Tonnen Schüttgut, so Feeß, dem stehen pro Jahr mineralische Abfälle von 220 Millionen Tonnen gegenüber, die anfallen, mit massiv steigender Tendenz. Dieser mineralische Bauschutt sei zu 90 Prozent hochwertig recycelbar, was er seit mehr als zehn Jahren in seinem Wertstoff-Park Rabailen an der A8 in Kirchheim praktiziere und dadurch 6000 Tonnen CO2 pro Jahr vermeidet.
Bundesweit würde aber noch immer die Hälfte der mineralischen Wertstoffe als Abfall auf Deponien entsorgt, weil sie etwa mit sulfathaltigen Gipsresten belastet sind. Und weitere, große Teile gebrochenen Betons und Bauschutts würden in Gruben und Gräben verfüllt, was deshalb auch bereits als Recycling gelte, in Wahrheit aber minderwertige Verschwendung sei, weil dieses für immer verloren ist und niemals mehr in den Baukreislauf zurückkehre.
Nicht nur von diesen Gipsresten aber reinigt die Firma Feess in ihrer Nassklassier- und Brecheranlage diese Baustoffe. Diese werden bereits auf der Baustelle möglichst sortenrein demontiert, danach maschinell und manuell von Störstoffen wie Kabelbindern, Stahl- oder Holzresten befreit und schließlich im Brecher zerkleinert. Zudem wir das Ganze mit aufgefangenem Regenwasser aus Zisternen gewaschen, gesiebt und schließlich in mehr als 40 verschiedenen Chargen, die alle auch gelagert werden müssen, der Baubranche wieder zugeführt.
„Die Wiederverwertung der mineralischen Abfälle, die in Wahrheit größtenteils Wertstoffe sind, brauchen Zeit, Platz und Geld und schaden deshalb noch immer der Marge des Betreibers,“ verdeutlichte Feeß dem Grünen-Trio, weshalb die Branche bei dem Thema kaum vorwärts komme und deshalb die Politik gefordert sei. Denn die Machbarkeit beweise sein Betrieb seit mehr als zehn Jahren. So lernten die Politiker, dass es den Zuschlagstoff für R-Beton in zwei Typenklassen gibt, von denen der Typ 2 der ökologisch und ökonomisch interessantere ist, weil hier dem Beton 30 statt nur zehn Prozent aufbereiteter Bauschutt zugegeben werden darf. „Beim Typ 2 sparen wir ohne Komfortverluste dreimal mehr Beton und haben die höhere Recyclingquote,“ sagt Feeß. Deshalb müssten die veralteten Gewohnheiten angepasst werden, was ein Umdenken erfordert, um die Spielräume zu Gunsten des Klimas zu erweitern. Denn aktuell würden noch gut 90 Prozent allen R-Betons mit der Typ 1-Zuschlagquote hergestellt. Feess komme dagegen bei seinen 20 belieferten Betonwerken auf eine Typ 2-Quote von 75 Prozent.
Beim Betonbrechsand – im Gegensatz zum sulfatbelasteten Bauschuttsand - müsse dagegen selbst die Norm noch geändert werden, damit auch dieser als Zuschlagstoff hochwertig verwendet werden kann. Zu 25 Prozent fällt dieser Sand beim Brechen mineralischer Wertstoffe an. Dadurch entstünden große Entsorgungsmengen, die bislang zum Beispiel nur minderwertig zum Abdecken von Rohren verwendet werden dürfen. Der sulfatbelastete Bauschuttsand müsse sogar mit 40 Euro je Tonne auf Deponien entsorgt werden. Deshalb, so der Recycler, seien beide Sandtypen aktuell die größten Hemmschuhe für die Branche. Feeß: „Darf dieser wertige Betonbrechsand wie in der Schweiz oder den Niederlanden dem Beton zugegeben werden, werden aus Kosten für Abfall Einnahmen für Wertstoff, was das gesamte Verfahren wirtschaftlicher und damit attraktiv macht.“
Seit sechs Jahren werde eine solche Norm-Anpassung durch Einwände des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton verzögert. „Alle reden von Sandknappheit. Hier könnte man diesen Millionen Tonnen Sand-Ressourcen sofort ein zweites Leben geben,“ meint Feeß. Leider gelte zudem das Verfüllen mineralischer Abfälle etwa in Baugruben teils als Recycling. Dabei werde aber hochwertiges Gestein verschwendet statt es für neue Hochbauten wieder zu verwerten.
Umweltstaatssekretär Chris Kühn hörte Feeß interessiert zu. Aktuell arbeite er an einer neuen nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie, darunter auch für Baustoffe und Vergaben. Für beide Bereiche habe Feeß‘ Wissen Relevanz, zumal die Hälfte aller Emissionen bei der Rohstoffgewinnung entstünden. Der Staat baue viel, deshalb sei die öffentliche Hand ein „starker Hebel für die Kreislaufwirtschaft“, die Ausschreibungen müssten aber praktikabel sein und die Verantwortlichen bräuchten viel Know-how für den Paradigmenwechsel. Deshalb sei Feeß‘ Schulungsansatz der richtige. Dieser gab zu bedenken, dass die Dokumentation für die Firmen schon heute sehr aufwändig sei und gerade kleinen Bauunternehmen dafür das Wissen fehle.