Aktivismus
Verein „QueerES“: Für mehr Regenbögen in Esslingen

Das Organisationsteam hinter den Paraden zum Christopher Street Day (CSD) in Esslingen hat einen Verein gegründet, der ganzjährig Räume für queere Menschen schaffen will und sich für deren Rechte einsetzt.

Die Gründungsmitglieder Jessy Zühlke, René Egger und Simone Fuchs (von links nach rechts) beim Schwörfest 2024. Foto: Jörg Fuchs

In Großstädten wie Bremen, Berlin und Stuttgart findet er bereits seit den späten 70er-Jahren statt, mittlerweile gibt es ihn vermehrt auch in kleineren Städten: der Christopher Street Day (CSD), an dem bunte Paraden feierlich durch die Straßen ziehen und mit wehenden Regenbogenfahnen für die Rechte queerer Menschen demonstrieren.

Im Jahr 2023 wurde der Traditionstag inklusive kleiner Rahmenprogrammwoche zum ersten Mal auch in Esslingen gefeiert. „Durch den CSD haben wir festgestellt, wie schön es doch wäre, wenn es nicht nur einmal im Jahr eine Veranstaltung für queere Menschen gäbe, sondern das ganze Jahr über“, erzählt Jessy Zühlke, die zum Organisationsteam hinter Esslingens ersten kunter­bunten Demozügen zählt. Relativ fix sei man im Anschluss auf die Idee gekommen, einen Verein speziell für queere Belange zu gründen. Seit diesem Frühjahr, einige Monate nach der Gründung, ist der Verein unter dem Namen „QueerES“ offiziell im Register eingetragen.

Ziel des Vereins sei es, über sexuelle Orientierungen und Geschlechteridentitäten zu informieren, gegen Diskriminierung zu kämpfen, für Sichtbarkeit zu sorgen und vorhandene Rechte zu bewahren, erklärt Jessy Zühlke. René Egger, erstes Vorstandsmitglied von „QueerES“, ergänzt, dass sich der Verein über sein politisches Engagement hinaus darum bemühe, Räume für queere Menschen zu schaffen; man wollte eine Anlaufstelle sein – ein Ort der Solidarität und Gemeinschaft.

Es gibt ein buntes Programm

Neben den vergangenen und künftig geplanten CSDs in Esslingen steckt „QueerES“ hinter zahlreichen weiteren Veranstaltungen. Auf einer monatlichen Basis organisiert die Gruppe etwa queere Spieleabende, Jugend- und Ü30-Treffs; zu den wiederkehrenden Veranstaltungen zählen unter anderem die „Queerphoria“-Partys im Kulturzentrum Dieselstraße, Dragshows im KOMMA mit viel Glitzer und Glamour sowie ein queerer Wintermarkt. „Bei den eventbezogenen Veranstaltungen machen wir die Erfahrungen, dass häufig mehr Leute kommen als erwartet“, äußert Gründungsmitglied Simone Fuchs. „Beim letzten Queer Winter Wonderland haben sie uns hier wirklich die Türen eingerannt.“

Simone Fuchs mit Dragqueen Veronica Mont Royal bei letzten queeren Wintermarkt im "Poppinski". Foto: Jörg Fuchs

Doch auch die monatlichen Programmpunkte finden Anklang: „Was ein echtes Eigenleben entwickelt hat, sind die Ü30-Treffs“, berichtet Jessy Zühlke. Das Angebot werde regelmäßig auch von Leuten in Anspruch genommen, die man im Verein sonst gar nicht kenne. René Egger betont, dass sich „QueerES“ sowohl hinsichtlich der Altersverteilung als auch mit Blick auf verschiedene queere Ausrichtungen so breit wie möglich aufstellen wolle. Dabei werde der Verein durch die Stadt Esslingen tatkräftig unterstützt. Simone Fuchs lobt die konstruktive Zusammenarbeit: „Die Stadt ist sehr queerfreundlich und offen für diese Themen.“

„Wer mitmachen möchte, kontaktiert uns am besten über die Webseite oder über Social Media“, empfiehlt Jessy Zühlke. Insbesondere über den Instagram-Kanal gibt der Verein anstehende Termine frühzeitig bekannt. Auch besteht die Möglichkeit, einfach mal bei einem der Angebote vorbeizuschauen und sich das Ganze unverbindlich anzusehen. Die Gründerin ergänzt, dass es keine Voraussetzung sei, Teil der LGBTQ+-Community zu sein. „Wobei man schon sagen kann, dass der Großteil der Menschen, die sich dem angenommen haben, selbst queer sind“, so Zühlke. Willkommen ist aber jeder, der die Ziele des Vereins unterstützt.

Es soll mehr in den Landkreis gehen

Auf langfristige Sicht verfolgt „QueerES“ das Ziel, das Programm vermehrt auch außerhalb von Esslingen – insbesondere in ländlichen Gegenden, in denen Angebote für queere Menschen rar sind – anzubieten. An Interesse ­mangle es jedenfalls nicht. „Bei uns gehen wahnsinnig viele Anfragen und Kooperationswünsche ein“, berichtet Simone Fuchs. Stand jetzt sei der Verein allerdings noch etwas zu unterbesetzt, um alle Wünsche stemmen zu können. In naher Zukunft möchten die drei Gründungsmitglieder ganz besonders auf die zweite Auflage ihres „Queer Winter Wonderland“ hinweisen.

„Weihnachten kann eine schwierige Zeit für queere Menschen sein“, bedauert Jessy Zühlke. Es sei eine Zeit, in der Menschen ohne Kontakt zu ihrer Familie besonders Nähe suchen, andere seien mit Diskriminierung und Verständnislosigkeit seitens der eigenen Familienmitglieder konfrontiert. „In dieser Hinsicht bieten wir ein Ergänzungsangebot, um den Menschen die Möglichkeit zu geben, mit einer ausgewählten Familie zu feiern, bei der man sich aufgehoben und angenommen fühlt“, so die 28-Jährige.

Der queere Wintermarkt findet am Samstag, 7. Dezember, von 12 bis 20 Uhr im Hinterhof des Esslinger „Poppinski“, Küferstraße 40, statt. Ausgestellt werden Werke lokaler Künstlerinnen und Künstler, ab 16 Uhr wird zum Drag-Bingo eingeladen. Für das leibliche Wohl ist mit alkoholischen sowie nichtalkoholischen Heißgetränken, Waffeln und Zuckerwatte gesorgt.