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Verkehrsrowdys drohte früher die Pfanne

Erziehung Die Verkehrspuppenbühne im Landkreis Esslingen gibt es seit 1948. Sie ist heute eine Kooperation der Verkehrsprävention des Esslinger Polizeireviers mit der Kreisverkehrswacht Esslingen. Von Katja Eisenhardt

Die Esslinger Verkehrspuppenbühne ist eine der ältesten in Deutschland, jene in Hamburg entstand zeitgleich. In den vergangenen 75 Jahren hat sich die Grundintention, Kinder im Vor- und Grundschulalter frühzeitig spielerisch auf das richtige Verhalten im Straßenverkehr und potenzielle Gefahren im Feld der Kriminalprävention vorzubereiten sowie gleichzeitig Vertrauen zur Polizei herzustellen, nicht verändert. Gewandelt haben sich dagegen die Voraussetzungen im Straßenverkehr, die Didaktik der Stücke und die Ausstattung der Puppenbühne. So habe es vor 75 Jahren noch weniger Regeln im Straßenverkehr gegeben als heute, gerade im Hinblick auf den Stadtverkehr, erklären die beiden Vorsitzenden der Kreisverkehrswacht Esslingen, Dieter Lentz, ehemaliger Erster Bürgermeister von Filderstadt, und Gerhard Gorzellik, ehemaliger Stadtverwaltungsdirektor und langjähriger Leiter des Esslinger Ordnungsamts. „Damals gab es zwar noch weniger Fahrzeuge, dafür aber auch kein Tempolimit im Ort, das kam erst in den 50er-Jahren auf. Das führte daher häufiger zu Unfällen“, weiß Dieter Lentz. Fußgängerzonen seien sogar erst in den 70er-Jahren ausgewiesen worden, ergänzt Gerhard Gorzellik. „In Esslingen war die erste die Küferstraße, dann folgte die Pliensaustraße. Entsprechend war in der Innenstadt früher ein ganz anderes Verkehrsaufkommen als heute.“

Klassische Figuren

Das Medium der Puppenbühne habe bereits in den Anfängen genauso gut funktioniert wie heute. Denn früher hätten Puppentheater auch in den heimischen vier Wänden dazugehört, so Dieter Lentz. Bei der Esslinger Verkehrspuppenbühne waren es anfangs bis auf den immer schon vorhandenen Polizisten noch weitere „klassische“ Figuren wie der Räuber und Kasper. Dazu ging es in den Stücken teils etwas derber zu, da wurde dem Verkehrssünder auch mal eins mit der Pfanne übergebraten. Das wurde mittlerweile didaktisch und pädagogisch angepasst: Als Figuren agieren neben dem Polizisten „Herr Neubrand“ im aktuellen Stück ein kleines Zebra, „Herr Liebling“, und zwei Ampelmännchen, gespielt von den drei Esslinger Polizeibeamten der Verkehrsprävention Michael Neubrand, Sandra Traxler und Josefine Schäfer. Die Kreisverkehrswacht Esslingen und deren ehrenamtliche Vereinsmitglieder schultern die Verkehrspuppenbühne des Landkreises Esslingen, deren Ausstattung und Veranstaltungen im ganzen Kreisgebiet organisatorisch und dank Spenden und Mitgliedsbeiträgen auch finanziell.

Zum Jubiläum, das dieser Tage mit einem Festakt im Neuen Blarer in Esslingen gefeiert wurde, sahen sich am Vormittag Grundschüler der Esslinger Waisenhof-, Herder- und Rohräckerschule das Stück rund um die Erlebnisse des kleinen Zebras auf seinem Ausflug in die Stadt an und nahmen mit viel Enthusiasmus und bestens vorbereitet aktiv daran teil, als das Zebra lernte, wie man einen Zebrastreifen und eine Fußgängerampel richtig und sicher nutzt und dass man nie mit Fremden mitgehen darf – die Warnrufe des jungen Publikums waren deutlich hörbar. Eine zudem wichtige Lektion angesichts der Tatsache, dass sich das Zebra für seinen Ausflug nicht beim Zirkusdirektor abgemeldet hatte: immer erst zu Hause Bescheid geben, bevor man geht, und immer sagen, wohin. Die Grundschüler hatten das bereits verinnerlicht. Die Darsteller wechselten immer wieder von ihren Handpuppen zum passend gekleideten Erscheinen vor der Bühne, so entstand von Anfang an eine direkte Interaktion mit den Kindern. „Und wir halten die Aufmerksamkeit der Kinder bei dem 45-minütigen Stück aufrecht“, erklärte die Erste Polizeihauptmeis­terin Sandra Traxler, die bereits seit 22 Jahren mitspielt.

Gelerntes bleibt im Gedächtnis

In ihrem jeweils ganzen Landkreis sind die zwei Verkehrspuppenbühnen-Teams aus Esslingen und Reutlingen des Polizeipräsidiums Reutlingen mit ihren Bühnen unterwegs. „Die Themen des Stücks begleiten die Kinder täglich auf dem Schulweg und in der Freizeit“, weiß Sandra Traxler.

Aufgrund der häufigen Elterntaxis würden die Strecken allerdings oft nicht mehr selbstständig gegangen. „Umso wichtiger ist es, das richtige und sichere Verhalten für den Fall der Fälle immer wieder zu trainieren“, betonen die drei Esslinger Polizeibeamten der Verkehrsprävention. Was die Kinder bei den Aufführungen der Verkehrspuppenbühne spielerisch lernen, bleibe meist lange bis dauerhaft im Gedächtnis, so die Erfahrung.

 

Verkehrserziehung hat Tradition

Puppenspiel In Baden-Württemberg gibt es insgesamt zehn Verkehrspuppenbühnen. Neben den kreisweiten Einsätzen zwischen Weihnachten und den Faschingsferien hat die Verkehrspuppenbühne Esslingen zum Schulanfang immer zwei Spielwochen in Esslingen und einen großen Auftritt in Nürtingen.

Kreisverkehrswacht Die KVW Esslingen wurde 1952 gegründet und ist seit 1956 als gemeinnütziger Verein zur Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr anerkannt. Zum breit gefächerten Angebot zählen auch die fünf Jugendverkehrsschulen im Landkreis Esslingen. Infos gibt es unter www. kvw-esslingen.de.

Prävention Neben der Verkehrspuppenbühne gibt es vom Referat Prävention des Polizeipräsidiums Reutlingen weitere Schulungsprogramme für alle Altersstufen – vom Schulbustraining über das sichere Radfahren und das sichere Verhalten als (junger) Autofahrer bis hin zu Infoveranstaltungen für Senioren. eis