Wir sind sehr froh, dass wir Adapter in der Neckarspinnerei einen Experimentierraum für ihr innovatives Projekt zu Verfügung stellen können“, sagt Dirk Otto, der Geschäftsführer der HOS-Gruppe, der das Areal in Wendlingen gehört. Denn dort tut sich was: Der Stuttgarter Verein Adapter nutzt das historische Areal bis zum Ende des Sommers für ein Pilotprojekt zur Schaffung neuen Wohnraums, wobei auf Flächen zurückgegriffen wird, die temporär leer stehen. „Wir sind sehr froh, dass wir Adapter in der Neckarspinnerei einen Experimentierraum für ihr innovatives Projekt zu Verfügung stellen können“, sagte Dirk Otto, der Geschäftsführer der HOS-Gruppe, der das Gelände gehört, beim Auftakttermin.
Bei der HOS träume man davon, das Areal wieder zu einem gemischt genutzten Quartier zu machen. Insofern passt das Projekt von Adapter, der sich die Erforschung von neuen Wohnformen auf die Fahnen geschrieben hat, gut ins Konzept. „Schon früher haben hier Menschen gearbeitet und gewohnt“, bestätigt Otto. Und genau da will die HOS-Gruppe wieder hin: „Die Neckarspinnerei soll ein Schmelztiegel unterschiedlichster Aktivitäten werden.“ Ein Anfang sei mit den fünf Start-Ups, die vor einigen Wochen in das ehemalige Baumwolllager eingezogen sind, bereits gemacht. Weitere Interessenten – etwa ein Ableger des renommierten Max-Planck-Instituts aus Stuttgart oder Vertreter aus der Gastronomie – stehen in den Startlöchern. Allerdings mangelt es wie überall an Wohnraum – und genau da setzt das Pilotprojekt des Stuttgarter Vereins an.
Das Team von Adapter, bestehend aus jungen Architekten und Städteplanern, hat sich zur Aufgabe gemacht, wiederverwendbare bauliche Lösungen zu finden, um temporär leer stehende Gewerbeimmobilien bewohnbar zu machen. Geschehen soll das mit einem vorgefertigten Paneelsystem namens „Endo“, das einen einfachen und flexiblen Ausbau ermöglicht. Wird der so geschaffene Raum nicht mehr benötigt, kann das System wieder in seine Einzelteile zerlegt und an einem anderen Ort weiterverwendet werden.
Das System ist flexibel
Der Prototyp wurde nun im Erdgeschoss des Spinnerei-Hochbaus von 1860 aufgestellt. Die aus Holz gefertigten drei auf drei Meter großen Paneele können beliebig zusammengesetzt werden, sodass beispielsweise ein zwölf Quadratmeter großer Wohnraum mit verschließbaren Schiebetüren, einer Küchenzeile sowie einer Nasszelle aufgebaut werden kann. „Das System kann flexibel auf unterschiedliche Bedingungen reagieren“, erklärte Elif Kälberer von Adapter. Es kann als Wohn- oder Arbeitsraum oder auch als Lernort genutzt werden. Um eine angenehme Wohnatmosphäre zu erzielen, sind die Oberflächen aus Holz, die technische Installationen verschwinden im Doppelboden. Bei den Paneelen wurde auf eine möglichst gute akustische Dämmung und ein geringes Eigengewicht geachtet.
„Die Weiternutzung von Bestandsimmobilien ist angesichts des knappen Wohnraums und der explodierenden Baukosten elementar“, erklärte Paul Vogt von Adapter. Daher habe man das Konzept für temporäres Wohnen entwickelt und sei gespannt, wie es ankommt: „Das hier ist eine Art Versuchslabor.“ Als potenzielle Nutzer hat Adapter Studierende, Auszubildende oder Berufsanfänger im Blick. „Aber auch Menschen, deren Kinder aus dem Haus sind und die sich noch einmal neu orientieren wollen, könnten von ‚Endo’ profitieren.“ Man müsse nur bereit sein, sich auf etwas Neues einzulassen.
In den nächsten Wochen werden die Stuttgarter weiter an ihrem System feilen. So sollen die Herstellungskosten gesenkt werden, um irgendwann in die serielle Produktion gehen zu können. Bei einem für 10. Juli geplanten Hoffest sollen Kontakte zu den Akteuren der Umgebung geknüpft werden. Danach soll das Projekt bei einer „Summer School“ zusammen mit Studierenden der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen analysiert werden. Alle Veranstaltungen münden in eine öffentliche Finissage am Ende des Sommers, bei der die gewonnenen Erkenntnisse vorgestellt werden und Ausblicke für die Zukunft gegeben werden.
Städtebaulicher Wettbewerb
Verein Der gemeinnützige Verein Adapter aktiviert temporär leer stehende Raumressourcen, um neue Formen des Wohnens experimentell zu erproben und zu erforschen. Dabei sollen nicht nur Wohnraum geschaffen, sondern die vielschichtigen sozialen Dimensionen des Wohnens untersucht und neue Wege aufgezeigt werden.
Areal Das unter Denkmalschutz stehende Areal der Neckarspinnerei liegt direkt am namensgebenden Fluss, umfasst etwa fünf Hektar und viele Gebäude – neben den Industriebauten auch die ehemalige Fabrikantenvilla und einige Arbeiterwohnhäuser. Eigentümer ist die HOS-Gruppe. Neben dem Otto-Quartier ist die Neckarspinnerei das zweite offizielle Projekt der IBA’27.
Entwicklung Die HOS-Gruppe ist aktuell in Abstimmung mit der Stadt Wendlingen und dem Gemeinderat, um noch in diesem Sommer einen internationalen städtebaulichen Wettbewerb auszuloben. kd