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Verteilkampf vor der Sommerpause

Kreistag Der Finanzausgleich zwischen Kreis und Kommunen gerät zum Zankapfel. Eine Mehrheit setzt neue Leitplanken für die nächsten zwei Jahre durch. Der Landrat zeigt sich persönlich getroffen. Von Bernd Köble

Es ist ein sperriges Thema, das nur schwer zu vermitteln ist. Bis zu diesem Punkt herrschte Einigkeit. Es ist auch ein Thema für nüchterne Analysen – sollte man meinen. Stattdessen wurde es in der letzten Sitzung des Kreistags vor der Sommerpause beim wichtigsten Punkt auf der Tagesordnung emotional. Eine Mehrheit aus Freien Wählern, SPD, FDP und Grünen hat sich mit der Forderung durchgesetzt, den Finanzausgleich zwischen dem Landkreis und seinen 44 Städten und Gemeinden neu zu regeln und dabei auch die Verschuldung der Kommunen stärker in den Blick zu nehmen. Gegen den Willen der Verwaltung, die lediglich in Reihen von CDU und AfD Unterstützer fand. Landrat Heinz Eininger zeigte sich gar persönlich getroffen. Aus seiner Sicht bedroht der Vorstoß das Miteinander in der „kommunalen Familie“.

Worum geht es? Über die Kreisumlage beteiligen sich die Kommunen an den staatlichen Aufgaben des Landkreises. Wo es um soziale Hilfen geht, die Finanzierung von gewerblichen Schulen oder um Themen wie Nahverkehr und Straßenbau. Mögliche Überschüsse im Kreishaushalt werden seit knapp zehn Jahren zu 60 Prozent für die Eigenfinanzierung von Investitionen und
 

„Das heißt, den Landkreis wie einen Zweckverband zu behandeln.
Heinz Eininger
Der Landrat zu den geänderten
Leitlinien bei der Finanzierung.
 

zum Schuldenabbau herangezogen. Der Rest dient einer möglichen Senkung der Kreisumlage, um die Kommunen zu entlasten. Leitlinien, auf die sich der Kreistag im Dezember 2017 verständigt hat und die seitdem als Erfolgsmodell gelten. Das Problem aus Sicht der Kritiker: Die beim Haushaltsbeschluss festzusetzende Kreisumlage fußt auf Vorausberechnungen. Tatsächlich hat der Landkreis von 2017 bis 2021 rund 150 Millionen Euro mehr eingenommen als im Etat veranschlagt war. Allein für 2022 wird mit einem um 25 Millionen Euro verbesserten Ergebnis gerechnet. Ursache dafür waren meist deutlich höhere Finanzzuweisungen durch das Land und satte Mehreinnahmen bei der Grunderwerbsteuer. Freie Wähler, SPD und FDP werfen der Verwaltung deshalb seit Jahren vor, Ausgabenposten, etwa bei Personal- und Sachkosten, systematisch groß- und zu erwartende Einnahmen kleinzurechnen. „Die Überschüsse haben zwischenzeitlich Dimensionen angenommen, die man gegenüber den Kommunen, denen es nicht so gut geht, nicht mehr vermitteln kann“, begründet der Fraktionschef der Freien Wähler, Bernhard Richter, den gemeinsamen Antrag. Demnach soll die Ergebnisrücklage auf 20 Prozent der Aufwendungen festgeschrieben und jede Abweichung im folgenden Jahr über die Kreisumlage ausgeglichen werden. SPD-Finanzsprecher Ingo Rust bringt das Thema auf einen einfachen Nenner: „Wenn am Ende des Jahres Geld übrig bleibt, wird es verwendet. Wo ein Minus steht, wird im nächsten Jahr über die Kreisumlage nachfinanziert.“ Gleichzeitig soll es der Kämmerei nicht mehr möglich sein, Überschüsse einfach ins Basiskapital umzubuchen, in den „Bunker der Verwaltung“, wie FDP-Fraktionschef Ulrich Fehrlen es nennt.

Die Grünen halten die Änderungen für vertretbar. Angesichts der finanziell angespannten Lage in vielen Kommunen sei man zum Kompromiss bereit, sagt Fraktionssprecher Rainer Moritz. Der Beschluss sei aber nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zu neuen Verhandlungen. Die Linke hält beide Wege für falsch. In Haushaltsberatungen sei kein Platz für Automatismen, betont ihr Vorsitzender Peter Rauscher.

Ganz anders sieht es die CDU. Deren Fraktionschef Sieghart Friz äußert wenig Verständnis, sich in Zeiten gewaltiger Investitionen und hoher Zinsen „ohne Not“ vom seitherigen Erfolgsmodell zu verabschieden. Friz verwies darauf, dass die Zeiten satter Überschüsse ohnehin vorbei seien. Er gehe nicht davon aus, dass die Kreisumlage in den kommenden Jahren dann so stark angehoben würde, wie es nötig wäre, um ein Wachsen des Schuldenberges zu verhindern. Man nehme dem Kreis damit die Möglichkeit, Investitionen selbst zu erwirtschaften, meint AfD-Sprecher Ulrich Deuschle und zieht Parallelen: Es sei eine Tatsache, dass sich auch „manche Kommunen vor der Festlegung der Kreisumlage arm rechnen“.

Der Landrat orientiert sich an Fakten: Der Kreis habe mit dem drittniedrigsten Hebesatz das niedrigste Pro-Kopf-Aufkommen bei der Kreisumlage im Regierungsbezirk. Einen Seitenhieb konnte sich Eininger beim letzten Tagesordnungspunkt nicht verkneifen. Dabei ging es um den Abschlussbericht der Gemeindeprüfungsanstalt, der mit einem Lob für solide Finanzführung endet. Eininger: „Das bezieht sich allerdings auf die Jahre 2014 bis 2019.“