Was viele Nutzer von Zügen zwischen Tübingen und Stuttgart schon lange vermutet haben, hat sich nun bestätigt. Beim neuen Qualitätsranking des Landes ist die Neckartalbahn auf dem 32. und damit allerletzten Platz gelandet. Immer wieder lässt das Land Baden-Württemberg die Qualität seines Nah- und Regionalverkehrs bewerten. Dabei geht es um Aspekte wie Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Zugkapazität, Sauberkeit sowie das Zugpersonal.
Das Schlusslicht Neckartalbahn umfasst zwar auch noch Mannheim und Karlsruhe, schließt aber die Strecke zwischen Stuttgart und Tübingen mit ein, wo die Linien MEX 18 (Tübingen–Osterburken) und MEX 12 (Tübingen–Heilbronn) verkehren, gefahren von der SWEG (Südwestdeutsche Landesverkehrs-GmbH). Auf dieser Strecke galten im ersten Halbjahr 2023 nur noch 74,3 Prozent der Züge als pünktlich – ab vier Minuten gelten Züge als verspätet.
Gastel benennt Ursachen
Aus Sicht von Matthias Gastel, Bahnpolitiker der Grünen im Bundestag, sind die Gründe für das schlechte Abschneiden der Neckartalbahn vielfältig: Das Netz sei sehr groß, die Linien fahren stark verspätungsanfällige Langstrecken. Hinzu komme die hohe Auslastung auf dem Streckenabschnitt zwischen Stuttgart und Tübingen. Zudem gebe es immer wieder Probleme mit den Fahrzeugen und es mangele an Fahrpersonal. Gastel mahnt seit Langem „dringend erforderliche Ausbauten an der Strecke“ an. So berge der Knoten Plochingen Verspätungsrisiken. Zudem könne auf einigen Passagen nur jeweils ein Zug fahren.
Auf den letzten Platz beim aktuellen Qualitätsranking angesprochen, teilt Hanne Lützelberger, Bereichsleiterin Marketing und Kommunikation bei der SWEG Bahn Stuttgart (SBS), mit: „Dass die SWEG Platz 32 belegt, ist natürlich sehr unbefriedigend für uns als Dienstleistungsunternehmen, das großen Wert auf Qualität und einen guten Service für seine Fahrgäste legt. Negativ bewertet wurde in erster Linie die Pünktlichkeit.“ Ins Gewicht seien dabei vor allem die zahlreichen Baumaßnahmen im Netz gefallen, nicht zuletzt im Zusammenhang mit dem Bau des Digitalen Knotens Stuttgart, diverse Infrastrukturschäden sowie die hohe Trassenauslastung, die kleinste Verzögerungen bestrafe. „Zudem hatten wir in den vergangenen Monaten mit einem personellen Engpass zu kämpfen. Um Personalreserven aufzubauen, arbeitet die SBS verstärkt daran, neues Fahrpersonal einzustellen sowie Quereinsteiger auszubilden.“ Unterstützt durch das Verkehrsministerium werde man darüber hinaus alles daran setzen, die Pünktlichkeit zu optimieren, so Hanne Lützelberger. Dazu sei jedoch ein Ausbau der Bahninfrastruktur im Netz unabdingbar. Dies obliege der Deutschen Bahn (DB) als Infrastrukturbetreiberin. Die SWEG habe da keinen Einfluss.
Zu dem mitunter vorzeitigen Fahrtende bei Verspätungen, über das sich Pendler immer wieder beschweren, erklärt die Bereichsleiterin Marketing und Kommunikation: „Vorzeitige Wenden dienen der Kompensation größerer Verspätungen und stabilisieren den weiteren Betriebsablauf. Sie sind bei unvorhersehbaren Betriebsstörungen daher leider oftmals unumgänglich.“ Auch weitere Probleme sind ihr bekannt: „Aktuell gibt es vereinzelte Fälle von Türdefekten, die unser Instandhaltungsteam schnellstmöglich bearbeitet.“ Dafür müssten die Züge jedoch aus dem Betrieb genommen werden und stünden einige Zeit nicht zur Verfügung. Laut Pendlern gebe es auch noch Probleme mit der Firma, welche die Toiletten der Züge leert. Übervolle, ungeleerte und abgesperrte Toiletten seien die Folge. Lützelberger erklärt: „Weil einige der Entsorgungsanlagen der Dienstleister im Netz Neckartal aufgrund von Infrastrukturschäden nicht nutzbar sind, können wir den Service an unseren Zug-Toiletten aktuell nicht wie gewohnt durchführen. In der Folge müssen die Toiletten vorübergehend gesperrt werden. Ein Umstand, den wir unseren Fahrgästen nur sehr widerstrebend zumuten. Leider gibt es jedoch aktuell keine Alternative.“