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Viele Hausbaupläne liegen jetzt erst mal auf Eis

Krise Regionale Banken registrieren eine große Verunsicherung bei ihren Kunden. Die Risiken führen dazu, dass immer mehr Privatleute ihre Vorhaben stoppen. Von Harald Flößer

Der Traum von den eigenen vier Wänden ist für viele Menschen erst einmal ausgeträumt. Deutlich gestiegene Zinsen für Hypotheken-Darlehen, die anhaltend hohe Inflationsrate und zu viele Unwägbarkeiten bei der Entwicklung der Kosten zwingen mehr und mehr Bauinteressenten, ihre Pläne bis auf Weiteres zu begraben. Selbst Bauwillige, die bereits ein Grundstück besitzen, warten zumindest erst einmal ab. Das bestätigen regionale Geldinstitute.

Mit genauen Zahlen tut man sich schwer. Aber der Trend ist überall eindeutig. Es herrscht große Verunsicherung, berichtet Volker Schmelzle vom Vorstand der Volksbank Plochingen. Das lasse sich auch daran festmachen, dass die Zahl der Beratungsgespräche für eine anstehende Immobilienfinanzierung seit Juni um 30 bis 40 Prozent zurückgegangen ist. Und beim Großteil der übrigen Interessenten stelle sich heraus, dass sich das von ihnen angepeilte Vorhaben bei den aktuellen Gegebenheiten und mit ihren finanziellen Mitteln nicht realisieren lässt. „Die Unsicherheit ist mit Händen zu greifen“, sagt Schmelzle.

 

Ein Preispuffer von zehn Prozent
erscheint mir heute zu wenig.
Heinz Fohrer
Bankvorstand

 

Martin Turetschek, Sprecher der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen, zeigt an einem Beispiel, wie sich der Kapitaldienst für Baufinanzierungen innerhalb nur eines Jahres verändert hat. „Wer vor einem Jahr für ein Baudarlehen in Höhe von 300 000 Euro bei einem Zinssatz von 1,25 Prozent monatlich rund 312 Euro Zinsen zahlte, müsste jetzt für dieselbe Kreditsumme bei einem Zinssatz von 3,8 Prozent eine Zinsbelastung von 950 Euro pro Monat einplanen.“

Für Heinz Fohrer, Vorstandssprecher der Volksbank Mittlerer Neckar, resultiert die gegenwärtige Zurückhaltung bei den Immobiliengeschäften aus einer „wachsenden Unsicherheit bei der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung, die sich auf den eigenen Arbeitsplatz und damit das langfristige Einkommen auswirkt“. Hinzu komme in der Region Stuttgart ein überdurchschnittliches Preisniveau bei den Immobilien, sowohl beim Kauf als auch bei den Baukosten. Coronakrise, der russische Angriffskrieg in der Ukraine, Rohstoff- und Energiekostenkrise, hohe Inflation und viele andere Probleme sorgten für eine „ungeheure Unsicherheit“. Eine andere Beobachtung macht man bei der Volksbank Filder: „Teilweise haben Kunden die höheren Baukosten oder auch das höhere Zinsniveau noch gar nicht realisiert“, berichtet Banksprecherin Sabine Kristen. „Kalkulationen und Berechnungen der Kunden gehen noch von einem niedrigeren Zinsniveau aus.“ Die Schere, wer sich eine eigene Immobilie leisten kann und wer nicht, sei durch die aktuellen Entwicklungen weiter auseinander gegangen. Dass die Nachfrage nach Finanzierungen zuletzt stärker zurückgegangen ist, habe sich durch die gestiegenen Verbraucherpreise noch verstärkt, sagt Kreissparkassen-Sprecher Turetschek. „In dieser Konstellation können sich viele Menschen derzeit eine Investition dieser Größe nicht oder nicht mehr leisten.“ 

Mehr denn je ist in diesen Zeiten eine solide Finanzierung notwendig. Volker Schmelzle verweist auf eine alte, nach wie vor gültige Regel: Mit einem Viertel bis einem Drittel Eigenkapital an den Start gehen. Angesichts der aktuellen Unwägbarkeiten mit zum Teil völlig unkalkulierbaren Preisen empfehlen die Bankfachleute, auf jeden Fall einen Puffer einzukalkulieren. Sein Vater habe schon vor Jahrzehnten gesagt, dass Bauprojekte am Ende immer etwa zehn Prozent teurer kämen als ursprünglich kalkuliert, berichtet Heinz Fohrer. „Das scheint mir heute nicht mehr ausreichend zu sein.“

 

Wie sich Zinsen und Immobilienpreise entwickeln

Schon im Sommer berichtete das Münchener Ifo-Institut von einer starken Stornierungswelle. Von dem Trend, dass private Häuslebauer Bauvorhaben und Sanierungen absagen, sei im Juli mehr als jedes zehnte Unternehmen im Wohnungsbau, genau 11,5 Prozent, betroffen gewesen.

Die Zinsen für Immobiliendarlehen haben sich seit Jahresbeginn etwa verdreifacht auf rund vier Prozent. Im historischen Vergleich ist das immer noch recht moderat. Vor 25 Jahren lag dieser Zinssatz bei sieben Prozent. Doch angesichts der hohen Kauf- und Baupreise bedeutet die Entwicklung der vergangenen Monate einen enormen Anstieg der monatlichen Kreditraten.

Was die Preise von Immobilien angeht, müsse man differenzieren, heißt es von der Volksbank Mittlerer Neckar. Bei relativ neuen Objekten seien die Preise weiter auf einem hohen Niveau. Erste kleinere Preisreduzierungen sehe man bei älteren Objekten mit nicht mehr zeitgemäßer energetischer Ausstattung. Bei der Volksbank Plochingen spricht man von einer „Übergangsphase“. Der Trend bei den Immobilienpreisen gehe eher leicht nach unten. Bei der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen beobachtet man „ein nach wie vor sehr hohes Niveau“. hf