Fusion: In Kirchheim entsteht zum 1. Januar die neue evangelische Stadtkirchengemeinde
Vier Gemeinden sind sich „einig“

Die Kirche rückt näher zusammen in Kirchheim – zumindest innerhalb der evangelischen Gesamtkirchengemeinde: Noch gibt es sieben eigenständige Kirchengemeinden. Ab 1. Januar wird sich das gravierend ändern. Dann gibt es nur noch drei Gemeinden. Die größte von ihnen wird die neu zu gründende Stadtkirchengemeinde sein – mit rund 7 500 Mitgliedern.

Kirchheim. Seit mehr als zehn Jahren will sich die evangelische Gesamtkirchengemeinde enger zusammenschließen, um dadurch mehr Freiraum für vielfältigere Angebote zu bekommen. Zunächst aber war es darum gegangen, dass alle sieben einzelnen Gemeinden zu einer einzigen hätten verschmelzen sollen – nach dem Motto „Alles oder nichts“. Dieser Gedanke war wohl etwas zu früh aufgekommen. Die eine oder andere Gemeinde konnte sich damit nicht anfreunden. Aus dieser Erfahrung heraus haben die Befürworter der Fusion immerhin die richtigen Lehren gezogen. Jetzt geht es behutsamer: Ganz freiwillig vereinigen sich vier Gemeinden in der Kernstadt zur neuen Stadtkirchengemeinde.

Die künftige Stadtkirchengemeinde soll aus den Gemeinden der Martinskirche bestehen, aus der Auferstehungskirchen-, der Thomaskirchen- sowie der Kreuzkirchengemeinde. Gerade die letztgenannte habe den Anstoß zur aktuellen Fusion gegeben, berichtet Jochen Maier, einer von fünf Pfarrern der neuen Stadtkirchengemeinde. Weil die Kreuzkirche abgegeben wird und für die Gemeinde nur noch das Gemeindehaus auf dem Schafhof zur Verfügung steht, habe sich die Frage gestellt: „Wie werden die Mitglieder der Kreuzkirchengemeinde künftig weiterversorgt?“

Dekanin Renate Kath beschreibt den Zusammenhang zwischen Kreuzkirchengemeinde und Fusion noch ein wenig deutlicher: „Durch die Kreuzkirche ist der Gesprächsprozess wieder angeleiert worden.“ Trotzdem war die Kreuzkirche allenfalls Auslöser, nicht aber Ursache der jetzigen Fusion. Der Zusammenschluss sei demografisch begründet, erläutert Jochen Maier. Bei weniger Gemeindemitgliedern gehe auch die Finanzkraft zurück. So kam es zum Immobilienkonzept und zur Auf- beziehungsweise Abgabe der Kreuzkirche und des Alten Gemeindehauses.

Wie es in dieser Hinsicht weitergeht, wird die Zukunft zeigen. Gut möglich, dass sich die Gesamtkirchengemeinde in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch von weiteren Gebäuden – einschließlich Kirchen – trennen muss. Auch die Zahl der Pfarrstellen in Kirchheim ist nicht für die Ewigkeit in Stein gemeißelt. Irgendwann werden wohl auch hier Stellen abzubauen sein.

Die Kirche will deswegen aber nicht jammern, sondern handeln. Jochen Maier beschreibt den Vorteil des Zusammenschlusses: „Wenn es dann so weit ist, muss man sich als Einheit verstehen und gemeinsam überlegen, was man abgeben kann.“

Dennoch geht es bei der Fusion um weit mehr als nur um eine bessere Mängelverwaltung. Es geht auch darum, aus der Not eine Tugend zu machen. „Bis jetzt bietet jede Gemeinde von allem ein bisschen an“, analysiert die Dekanin, und Jochen Maier fügt hinzu: „In einer größeren Gemeinde bleibt den einzelnen Pfarrern viel mehr Spielraum. Die Ausdifferenzierung der Milieus macht schließlich auch vor der Kirche nicht halt.“

So solle die Stadtkirchengemeinde in zehn Jahren viel mehr unterschiedliche Gottesdienstformen zu unterschiedlichen Zeiten anbieten als heute, meint Renate Kath. Da gehe es zum Beispiel um Gottesdienste am Samstagmorgen, um eine Neukonzeption der Kinderkircharbeit in Kirchheim oder um mehr Zeit und Luft für Projekte und Kunstinstallationen in den Kirchen. Die Menschen hätten an unterschiedlichen Dingen Interesse, und für jedes Interesse müsse die Kirche möglichst auch ein Angebot schaffen. Selbst die Konfession spiele heutzutage immer weniger eine Rolle.

Am Anfang ändere sich allerdings nur wenig. Die bisherigen Gemeinden heißen „Pfarrbezirke“, und zunächst geht alles im gewohnten Rahmen weiter. Es gibt auch keinen neuen Kirchengemeinderat, sondern nur einen kommissarischen, der sich aus 17 Laien, fünf Pfarrern und dem Kirchenpfleger zusammensetzt. Die 17 Laien sind gewählte Kirchengemeinderäte einzelner Gemeinden und haben ihr Interesse an der Mitarbeit im neuen Gremium angemeldet. Erst bei der nächsten turnusgemäßen Wahl 2019 gibt es dann den ersten „richtigen“ Kirchengemeinderat der Stadtkirchengemeinde.

Die Dekanin zieht ein Fazit, das ihr besonders wichtig ist: „Es ging alles völlig reibungslos und ohne Komplikationen. Man hatte immer das Gefühl, wir wollen gemeinsam etwas gestalten. Und die Überlegung war auch nicht, ob, sondern nur, wie man fusioniert.“