Wernau. Mal ist die Wernauer Stadthalle vom dichten Klanggewebe eines tropischen Regenwaldes erfüllt gewesen, mal haben kubanische Rhythmen von der Tanz- und
Lebensfreude des Inselvolkes erzählt. Mit virtuosem Spiel und ganzem Einsatz ließ das Kreisjugendblasorchester zwei Stunden wie im Flug vergehen. Es verabschiedete beim Jahreskonzert gleichzeitig seinen Dirigenten Paul Jacot.
Im Kreisjungendblasorchester, dem Auswahlorchester der 50 Musikvereine, die zum Blasmusikverband Esslingen gehören, kommen besondere Talente im Alter zwischen 14 und 25 Jahre zum Zug. Wer hier spielt, hat sich schon einige Male bewiesen. „Da sind einige dabei, die die musikalische Laufbahn einschlagen“, bestätigt der geschäftsführende Präsident des Kreisblasmusikverbands Ralf Krasselt. Unter Leitung von Paul Jacot präsentierte das junge Orchester zeitgenössische Stücke fast durchgehend in der Höchststufe ein Programm, bei dem keinen Moment lang Müdigkeit aufkam.
Im Stück „Aurora“ des Österreichers Thomas Doss entfaltete sich die ganze Instrumentenpalette. Das Morgenerwachen wird in verschiedenen Erdteilen und Kulturen dargestellt: Von den Gongs asiatischer Mönche bis zur hektischen Geschäftigkeit westlicher Großstädte erfüllten sehr unterschiedliche Stimmungen den Raum. Wobei der Regenwald zweifellos eine Lieblingsstelle der jungen Musiker bildet. Mit Regenrohr und Pfeifen, mit Instrumenten bis hin zur Sprudelflasche und mit der Stimme ließen sie eine tropische Klangkulisse anschwellen: Es pfiff, kreischte, zwitscherte, quakte, trillerte, gluckste und schnarrte in beachtlicher Lautstärke.
Auf höchstem Niveau gelang es auch bei Claude-Michel Schönbergs „Miss Saigon“, vielschichtige Gefühlslagen zu erschaffen. Virtuos und präzise meisterten die jungen Musiker wechselnde Tempi und Lautstärken. Paul Harts „Cartoon“, ein spritziges, mit Jazzelementen angereichertes Werk, ließ mit den charakteristischen Melodien bekannte Comicgestalten vor dem inneren Auge erscheinen, sich jagen, dahinstolzieren oder in Slapstick-Manier purzeln. Xylofon und Vibrafon, Becken oder Pfeife hatten große Auftritte. Die „Danzas Cubanas“ von Robert Sheldon boten Solopassagen für Klavier, Posaune, Flöte sowie Trompete und setzten mit Conga-Rhythmen, Salsa- und Mamboklängen einen pulsierenden Abschluss. Das Publikum feierte die Nachwuchstalente mit stehenden Ovationen.
Paul Jacot spielte früher selbst im Kreisjugendblasorchester, als Dirigent feierte er mit ihm beachtliche Erfolge, darunter einen ersten Platz beim Landesmusikfest in Karlsruhe im vergangenen Jahr. Jacot zieht nun nach vier Jahren weiter, um sich verstärkt dem Projekt „Schwäbische Bläserphilharmonie Neckar-Teck“ zu widmen. Er habe Disziplin eingefordert und doch immer dafür gesorgt, dass es in den Proben auch etwas zu lachen gab, sagte der Präsident des Blasmusikverbandes Esslingen Markus Grübel, als er ihn verabschiedete. Das Jugendorchester verliere mit ihm einen „äußerst begabten, talentierten, geschätzten und erfolgreichen Dirigenten“. Die Suche nach einem Nachfolger ist bereits im Gange, im Sommer soll der Stab übergeben werden.
Ebenfalls aus ihren Funktionen verabschiedet wurden der langjährige Orchestervorstand Stefan Koch, sein Stellvertreter Robin Kiebele und der Orchesterverantwortliche Julian Linsenmayer.