Volker Kauder war sichtlich gut gelaunt, als er im Gespräch mit Frieder Gerber in Holzmaden 30 Jahre Spitzenpolitik Revue passieren ließ. Den 72-jährigen CDU-Mann, 1949 in Hoffenheim geboren, prägte zunächst die Tatsache, dass seine Eltern Heimatvertriebene waren: „Wir waren nicht wirklich willkommen. Wir hatten durch den wirtschaftlichen Aufschwung allerdings das Glück, dass jeder gebraucht wurde.“
Volker Kauder lernte in seinen jungen Jahren rasch: Wer dazugehören will, muss seinen Beitrag leisten. „Ich engagierte mich politisch“, erklärte er seine Konsequenz daraus. Sein Ziel war die Bundespolitik. Dass er dennoch Generalsekretär der CDU Baden-Württemberg wurde, führt Volker Kauder auf den ehemaligen Ministerpräsidenten Erwin Teufel zurück: „Dieser beklagte sich bei mir, wenn man Freunde brauche, lassen sie einen im Stich.“ Teufels Rücktritt als Landesvater im April 2005 nach innerparteilichen Querelen kommentiert Volker Kauder: „Die Art und Weise, wie Erwin Teufel sein Amt verlor, hat die Landes-CDU bis heute nicht verkraftet.“ Die Nachfolge sollte damals Anette Schavan antreten, jedoch setzte sich Günther Oettinger durch und wurde neuer Ministerpräsident in Baden-Württemberg. Volker Kauder bedauert diesen parteiinternen Entscheid bis heute: „Ich sah den Charme darin, Anette Schavan an der Spitze zu wissen.“
Bald schon begleitete jedoch eine andere Frau Kauders politischen Weg: Dr. Angela Merkel. „Mit ihr hatte ich einen schweren Start“, stellt der ehemalige Spitzenpolitiker fest. Als es nämlich um die Bundestagswahl ging und Angela Merkel Bundeskanzlerin werden wollte, bevorzugte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion einen anderen Kandidaten. „Ich meldete mich bei ihr zum Gespräch an und teilte ihr mit, dass Edmund Stoiber Kanzler werden soll.“ Dieser Austausch war von kurzer Dauer, wie sich Volker Kauder amüsiert erinnert: „Ihre einzige Reaktion: ‚Schade‘ – und die Unterhaltung war beendet.“ Die Überraschung war umso größer, als die frisch gewählte Bundeskanzlerin noch in der Wahlnacht bei Volker Kauder anrief und ihm den Posten als parlamentarischer Geschäftsführer anbot.
Bald schon zählte Volker Kauder zu den engsten Vertrauten der ersten Bundeskanzlerin im Lande. Der öffentliche Spott war ihm gewiss. Als „Muttis Liebling“ oder „Merkels Vollstrecker“ belächelten ihn die Medien gerne. Volker Kauder wehrt sich: „Wir waren oft verschiedener Meinung, haben aber unseren Streit nicht öffentlich ausgeführt.“ Das Erfolgsgeheimnis der guten Zusammenarbeit sei gewesen, dass es nur eine Meinung nach außen gab, erinnert sich der Generalsekretär der CDU/CSU. Er stellt fest: „Der Bundestag ist kein Abenteuerspielplatz. Dafür geht es um zu viel.“ Volker Kauder ist überzeugt: „Viele wichtige Entscheidungswege der heutigen Politik hätte es mit mir nicht gegeben.“
Nicht immer einfach mit dem C
Seine Entscheidungsfreudigkeit brachte dem Politiker auch den Beinamen Wendehals, als er eigene Aussagen später revidierte. Von Frieder Gerber darauf angesprochen, verteidigt der langjährige Bundestagsabgeordnete seine Haltung: „Wer bei veränderter Sachlage stur bei seiner Position bleibt, taugt nicht als Politiker.“ Er betont, dass Demokratie der Führung bedürfe und dass der Bevölkerung die Entscheidungen der Politik erklärt werden müssen.
Seinem Ende der politischen Laufbahn trauert Volker Kauder nicht nach: „31 Jahre – davon sieben Jahre in der Opposition – sind genug.“ Sein Resümee über die politische Bühne: „Es war nicht immer einfach, nach dem ‚C‘ der Partei zu leben.“ Der Christdemokrat präzisiert: „Aus der Bibel lässt sich kein Parteiprogramm kreieren.“ Sein christliches Engagement setzt Volker Kauder auch fernab der Politik fort. „Mein langfristiges Ziel ist mehr Erfolg im Einsatz für verfolgte Christen.“ Mit dem internationalen Hilfswerk „OpenDoors“ und der Adenauerstiftung kämpft er weiterhin für Religionsfreiheit und will mit seinem Engagement noch mehr jüngere Mitstreiter gewinnen. Sein Credo: „Religionsfreiheit ist die höchste Freiheit der Menschheit.“