Die knapp 700 Hochwanger haben etwas, das es in den meisten kleinen Dörfern auf dem Land nicht mehr gibt: einen Tante-Emma-Laden. Der kann aber nur existieren, weil von dem Lenninger Teilort aus israelische Lebensmittel in den gesamten deutschsprachigen Raum verschickt werden.
Und so befinden sich in dem Mini-Supermarkt neben Grundnahrungsmitteln hochwertiges Avocadoöl, in einem Kibbuz hergestellte Dips mit Auberginen, Artischocken, aber auch je nach Jahreszeit die unterschiedlichsten Zitrusfrüchte, delikate Datteln und vor allem Weine. Mit den guten Tropfen fing im Jahr 1982 alles an, als Raimund Dieterich zum ersten Mal mit einer Gruppe nach Israel gereist war und für ein Fest der Reiserückkehrer Wein besorgen sollte. „Ich bin zufällig auf eine Anzeige gestoßen“, erinnert er sich an die Anfänge.
Spezialist für Datteln und Nüsse
Gerade mal 18 Jahre alt war der gelernte Einzelhandelskaufmann damals, als er im väterlichen Markt in Hochwang nach und nach Lebensmittel aus Israel einführte. Das Land mit seinen weltoffenen und freundlichen Menschen hatte ihn nach seinem ersten Besuch sofort fasziniert und die hochwertigen Lebensmittel erst recht: Bei seinen unzähligen nachfolgenden Reisen - um die 25 sind es inzwischen - steuerte Raimund Dieterich nicht nur touristische Ziele an, sondern machte sich immer wieder auf die Suche nach kulinarischen Köstlichkeiten. Manches habe sich auch einfach so ergeben, weil er spontan mit Menschen ins Gespräch komme - wie mit dem Olivenbauern, der nun seit 15 Jahren sein Lieferant sei. „Ich bin nun mal so“, gibt er lachend zu.
Diese Freude an qualitativ hochwertigen und besonderen Lebensmitteln aus Israel währt nun 40 Jahre. Die Begeisterung möchte er auch seinen Kunden vermitteln. „Ich bin selbst Konsument der Produkte“, erklärt der Hochwanger, gekocht wird bei den Dieterichs täglich frisch. „Was gut ist, landet bei uns im Laden“, beschreibt er seine Philosophie.So hat er sein nach wie vor dominierendes Sortiment an israelischen Lebensmitteln um ausgewählte schwäbische Spezialitäten wie Alb-Leisa und Hagebuttenmark aus Bad Boll erweitert. „Das beißt sich nicht“, weiß er aus Erfahrung. Und seit einem Urlaub auf den Azoren vor drei Jahren werden auch Ananas von dort verkauft.
Es gibt eine kleine, aber feine Stammkundschaft aus der Region, und die kauft direkt im Laden ein. Der größte Teil der Kunden bestellt indes die Waren. Täglich verlassen zig Pakete den Laden in Hochwang. Das sei von Anfang an so gewesen. Raimund Dieterich sieht sich als ein „Pionier der exotischen Lebensmittel“ in Deutschland. 1982 seien die Bestellungen noch per Post eingetrudelt oder es wurde telefonisch geordert. „Ich habe die Rechnungen mit der Schreibmaschine geschrieben“, erinnert er sich. Als das Internet aufgekommen sei, hätten sich die Kunden wenigstens ein Bild von den Produkten machen können und seit 2009 können sie in einem Webshop einkaufen, der von Sohn Tobias betreut wird.
Jüdische und christliche Gemeinden in ganz Deutschland gehören seit jeher zu seinen Kunden. Viele Veganer kaufen inzwischen auch bei ihm. „Die sind über die Datteln bei uns gelandet“, weiß Dieterich. In diesem Bereich gilt er als ausgesprochener Spezialist in Deutschland. Gefragt sind auch seine vielfältigen Nüsse, die ebenso wie die Gewürze von Kurkuma bis Ras el Hanout in großen Chargen geliefert und vor Ort in kleinere Einheiten verpackt werden.
Manche Neukunden landen per Zufall auf seinem Webshop, weil sie etwas Spezielles gesucht haben: „Das kann auch der Granatapfelentkerner sein, ein typisch israelisches Produkt.“ Bei der Gelegenheit würden dann eben auch Lebensmittel im Warenkorb landen. Auch mache sich durchaus bemerkbar, dass die Deutschen immer internationaler kochen würden.
Da sorgt ein Lebensmittelhändler, der selber gerne genießt und die gute Küche liebt, für ein entsprechendes Sortiment. Zu seinem großen Bedauern sei er schon mehrere Jahre selbst nicht mehr in Israel gewesen und konnte deshalb weder neue Kontakte knüpfen noch alte pflegen. Was dann bleibe, sei ein Gläschen guten israelischen Weins und dazu der Traum von der nächsten Reise.