Lenninger Tal
Vom Truppenübungsplatz zum Biosphärengebiet

Serie Von wegen „Schwäbisch Sibirien“! Die Alb ist Geopark, Biosphärengebiet und ausgesprochen spannendes Entdeckerland mit millionenjahrealter Geschichte zugleich (7). Von Michael Hägele

Mit dem Biosphärengebiet Schwäbische Alb entstand vor über zehn Jahren das erste Unesco-Biosphärenreservat Baden-Württembergs. Die Keimzelle des rund 850 Quadratkilometer großen und relativ dicht besiedelten Gebietes war der ehemalige Truppenübungsplatz Münsingen. Dabei ist die Bezeichnung als „Biosphärengebiet“ dem Umstand geschuldet, dass anfänglich mit dem Begriff „Reservat“ eher Ressentiments und Ängste vor zu starker Reglementierung verbunden waren.

Natur vernünftig nutzen

Die 701 Biosphärenreservate weltweit hängen auf das Engste mit dem Begriff der „Nachhaltigkeit“ zusammen. „Nachhaltige Geldanlage“, „nachhaltiges Management“ oder „nachhaltiges Schuppen- shampoo“, das sind nur einige Beispiele für die oft etwas schwammige Verwendung eines Begriffes, der auf den vor rund 300 Jahren lebenden Forstwissenschaftler Hans Carl von Carlowitz zurück geht. Er hatte erkannt, dass man einem Wald nur so viel Holz entnehmen darf, wie wieder nachwächst, wenn man ihn kontinuierlich nutzen möchte. Es klingt nach einer recht einfachen Erkenntnis, aber viele steppenartige und öde Gebiete Südeuropas zeugen davon, dass man diesen einfachen Zusammenhang nicht immer berücksichtigt hatte.

Der Begriff der Nachhaltigkeit lässt sich auf alle Bereiche, in denen der Mensch die natürlichen Lebensgrundlagen nutzt oder verschmutzt, übertragen. Nachhaltig handelt man, solange sich die Natur von den menschlichen Eingriffen wieder erholen kann. Das Problem ist nur, dass im Alltag die Folgen des eigenen Handelns meist schwerer zu erkennen sind als fehlende Bäume im Wald. Die gängigen Definitionen sprechen von einer Nutzung natürlicher Ressourcen auf eine Weise, die es auch nachfolgenden Generationen ermöglicht, ihre Bedürfnisse zu stillen. Da man festgestellt hat, dass eine wirklich nachhaltige Entwicklung nur dann funktioniert, wenn man die auf den ersten Blick oft gegenläufigen Interessen von Wirtschaft, Umweltschutz und Gesellschaft vereint, wird auch vom „Dreieck der Nachhaltigkeit“ gesprochen. Durch die Beteiligung unterschiedlicher Interessengruppen soll in Biosphärenreservaten versucht werden, nachhaltige Projekte und Entwicklungen anzustoßen und zu fördern.

Ökosysteme erhalten

Eine wichtige Bedeutung im Konzept der Biosphärenreservate hat die Untergliederung in drei Zonen. Jeder dieser Bereiche besitzt spezifische Funktionen für Mensch und Natur. Die Kernzonen werden von jeglicher wirtschaftlichen Nutzung frei gehalten, hier soll sich die Natur weitgehend ohne menschlichen Einfluss entwickeln können. Im Bereich der mittleren Alb sind die Kernzonen meist unwegsame Waldgebiete, sogenannte „Hangschluchtwälder“. In den Pflegezonen dominiert Kulturlandschaft, die möglichst schonend bewirtschaftet werden soll.

Ziel ist die Erhaltung dieser im Laufe von Jahrhunderten durch menschliche Nutzung entstandenen artenreichen Ökosys- teme, beispielsweise der albtypischen Wacholderheiden. Aber auch die Erholungsfunktion spielt hier durch einen moderaten Tourismus eine ausgesprochen wichtige Rolle.

Kaum Einschränkungen gibt es in den Entwicklungszonen, in denen der Mensch im Vordergrund steht. Koordiniert von der Reservatsverwaltung, die bei der Schwäbischen Alb dem Regierungspräsidium Tübingen angegliedert ist, sollen hier durch Förderprogramme nachhaltige Projektideen unterstützt und zugleich die regionale Wertschöpfung umweltschonend gesteigert werden.