Zwischen Neckar und Alb
Vom Waisenhaus in die Welt der Reichen

Karriere Patou the Barber hat seinen Salon in Esslingen und ist unter Fußballprofis in Deutschland ein Begriff.

Esslingen. Eine Schere klappert. Die Wand, auf die der Kunde blickt, ist voller Fotos echter Kunden. An der Wand hängen außerdem eine ganze Reihe Fußballtrikots, vor allem von VfB-Spielern. Rappersongs kommen aus den Lautsprechern. „Meine Kunden sagen manchmal, es ist irgendwie amerikanisch“, meint Patou Smitt, und richtig – der Friseurladen in der Esslinger Heugasse hebt sich von den klassischen Standards deutlich ab. Der Inhaber kann sich das offenbar leisten, denn seine Kunden sind etwas speziell.

Patou the Barber, wie er sich und seinen Salon nennt, ist in Esslingen weniger bekannt als außerhalb der Stadt. Er sieht sich als Künstler. „Ich bin der schwarze Udo Walz“, lacht er. Die Selbstironie ist nicht zu überhören. Das Selbstbewusstsein auch nicht. „Wir zaubern, geben den Menschen ein neues Gesicht.“

Salon mit „cooler Atmosphäre“

Zu dem Zauberer aus Esslingen pilgern viele prominente Menschen. Influenzer, Sportler, besonders Fußballer. Patou sei ein „super Mensch“, sein Salon habe eine „coole Atmosphäre“, meint der VfB-Star Roberto Massimo. Auf Patous Liste stehen viele millionenschwere Namen, die zumindest in Fußballkreisen bekannt sind: Orel Mangala, Roberto Massimo, auch Grischa Prömel aus Esslingen, der in den Diensten von Union Berlin kickt. Sie alle schätzen ihn. Patou selbst bleibt bescheiden. „Als die Jungs hier aus der Gegend nach einem Friseur gesucht haben, haben sie irgendwie bemerkt, dass ich meine Arbeit gut mache. Dann hat sich das rumgesprochen.“ Zudem versteht er ein wenig was vom Geschäft seiner Kunden: Er kickt selbst bei einem Amateurverein. Soweit das seine Zeit als Friseur und Vater zulässt.

„Meine Ma‘ hat mich früh verlassen“, erzählt Patou, der ursprünglich aus Angola stammt. Mit viel Mut und Hilfestellung schaffte er es, sich 2001 – gerade einmal zwölf Jahre alt – nach Deutschland durchzuschlagen, wo er um Asyl bat. „Ich wusste gar nicht, wie das System funktioniert. Ich hatte anfangs keinen Aufenthaltstitel, ich durfte den Landkreis nicht verlassen. Also besuchte ich mit Gottes Hilfe die Schule, sah, dass ich die Sprache lernen, mich integrieren musste. Heute spreche ich viele Sprachen, auch Schwäbisch.“

Das Haareschneiden war schon in der Jugend sein Hobby, aber nach der Schule – abermals mit „Gottes Hilfe“, wie Patou immer wieder betont – machte er es zu seinem Beruf. Er fand in Esslingen einen Ausbilder, der ihm beibrachte, Haare professionell zu schneiden – und dem er bis heute dankbar ist. Bald wird Patou Esslingen allerdings verlassen und einen neuen Salon in Stuttgart-Wangen aufmachen. Er sei es seinen Kunden schuldig, da sie vornehmlich aus Stuttgart kämen. Er sieht das sportlich: „Noch haben wir hier ein Heimspiel, und jetzt geht’s halt zum Auswärtsspiel.“ Aber er wird mit Esslingen verbunden bleiben: „Ich bin ein richtiger Zwieblinger“, versichert er und lacht. „Ich liebe meine Stadt, und ich liebe den Weihnachtsmarkt. Hier habe ich viele Freunde. Man wird mich weiterhin in Esslingen sehen.“ Johannes M. Fischer