Zwischen Marrakesch und Zell unter Aichelberg liegen Welten. Und nicht nur das: Insaf Bahri war zuvor nie im Ausland gewesen, sie hatte immer bei den Eltern gewohnt. Jetzt wohnt sie alleine und muss in der Schule wie im Berufsalltag mit einer neuen Sprache zurechtkommen. Es ist fast genau ein Jahr her, dass die 21-Jährige in Zell die kleine, möblierte Wohnung bezogen hat, die Claudia und Tino Knoof vom Restaurant Schäferhof für sie vorbereitet hatten. Eine Agentur hatte den Wirtsleuten die junge Marokkanerin als Auszubildende vermittelt. Die beiden wagten den Versuch und sind hochzufrieden mit ihrer „Azubine“, die bestens zurechtkommt.
sehr gerne Kässpätzle.
Deutsch gelernt hatte Insaf Bahri schon in der Heimat, wo sie ein Jahr lang Kurse in einem Sprachenzentrum belegte. Beim Einstufungstest in der Berufsschule in Bad Überkingen schnitt sie so gut ab, dass die Lehrer zusätzliche Deutsch-Nachhilfe nicht für nötig hielten. Bei einigen Mitschülern und Mitschülerinnen ist das anders. „Es gibt in meiner Klasse nur fünf Deutsche“, sagt Insaf. Für sie war das zunächst eine Erleichterung, denn vor der Schule hatte sie schon ein wenig Bammel. Das hat sich allerdings längst gelegt, sie „hat richtig gute Zensuren“, wie ihr Chef lobt. Er und seine Frau sorgen für den Familienanschluss. „Es ist nicht nur Arbeit“, sagt Insaf. „Wir gehen auch abends essen zusammen, wir waren schon im Europapark und machen viele Aktivitäten.“
Auch die Kommunikation mit den Gästen ist für die junge Frau kein Problem. Wobei das Schwäbisch zunächst eine Herausforderung war. „Das war für mich wirklich schwierig, ich konnte kein Wort verstehen“, sagt sie. Mittlerweile kommt sie aber ganz gut klar mit dem Dialekt, er ist sozusagen eine weitere Sprache neben Arabisch, Französisch, Englisch und Deutsch, die sie spricht. Sprachliche Fähigkeiten und Kommunikationsstärke sind in diesem Beruf ohnehin gefragt. Man müsse genau hinhören, sagt Tino Knoof, beispielsweise, wenn es um Allergien und Nahrungsmittelunverträglichkeiten bei den Gästen geht. Aber auch sonst ist es wichtig, sich einzufühlen und Wünsche wahrzunehmen.
Für Insaf ist das eine der schönsten Seiten ihres Berufs. „Immer Kontakt mit Leuten haben, immer etwas Neues lernen“, das gefällt ihr. Wichtig sei aber auch gute Teamarbeit. Die 21-Jährige faltet Servietten, deckt Tische ein, balanciert mühelos zehn Weingläser in einer Hand. Sie nimmt Bestellungen mit dem digitalen Assistenten auf, gibt Weinempfehlungen, mixt Cocktails, serviert das Essen, richtet ein Buffet an und bekommt immer wieder Verantwortung für einen bestimmten Aufgabenbereich. Dabei legt sie täglich Kilometer zurück, besonders, wenn im Sommer die Terrasse geöffnet ist oder Feste im Saal des Schäferhof stattfinden. Tun da nicht am Abend die Füße weh? Insaf zuckt die Schultern, fast ein wenig empört. „Bis jetzt noch nicht“, sagt sie. „Ich bin noch jung!“
Auch über die Arbeitszeiten klagt sie nicht. Sie hat geteilten Dienst mit einer längeren Pause am Nachmittag: Die nutzt sie gern zum Einkaufen oder um eine Runde zu schlafen. Hinzu kommen die Abende, fünf Mal die Woche. „Für mich ist das besser als um sechs aufzustehen, ich bin kein Morgenmensch“, sagt Insaf.
Auch Tino Knoof sieht die Arbeitszeiten differenziert. Mit den Zeiten in der Gastronomie könne man vieles erledigen, was andere nur schwer unterbringen, sagt er: Arzt- und andere Termine, tagsüber Sport treiben. Mit Familie werde die Abstimmung komplizierter, aber auch da könne man sich arrangieren. Wenn Insaf die Ausbildung abschließt und dann noch ein wenig Berufserfahrung sammelt, „hat sie die Chance, in alle Welt zu gehen“, ist Knoof überzeugt. Die deutsche Ausbildung sei überall angesehen und gute Mitarbeiter gefragt, in Restaurants, in Hotels, auf Schiffen. Und die Löhne seien deutlich höher als ihr Ruf, man könne heute gutes Geld verdienen: „Das ist nicht mehr so wie früher.“
Insaf sammelt derweil Erfahrungen mit einer anderen Kultur, auch mit einer anderen Esskultur. Wenn sie Sehnsucht nach den heimatlichen Aromen hat, kocht sie sich etwas. Sie isst aber auch oft im Schäferhof und hat bereits ein paar Favoriten: „Ich esse sehr gern Kässpätzle, Fisch und Bratkartoffeln.“
Das muss man mitbringen
Fachmann/-frau für Restaurants und Veranstaltungsgastronomie – so lautet der korrekte Name des Berufs – ist ein dreijähriger Ausbildungsberuf im Gastgewerbe. Die Ausbildung erfolgt im dualen System, sie gehört zum Bereich Industrie und Handel.
Was verdient man in der Ausbildung? Beispielhafte Ausbildungsvergütungen pro Monat (je nach Bundesland unterschiedlich). Eher im oberen Bereich wären 1100 Euro im ersten Ausbildungsjahr, in den beiden folgenden Jahren jeweils 100 Euro monatlich mehr.
Was sollte man mitbringen? Ein Fachmann beziehungsweise eine Fachfrau für Restaurants und Veranstaltungsgastronomie sollte Kontaktbereitschaft, Kunden- und Serviceorientierung mitbringen. Man muss auf die Wünsche der Gäste eingehen. Merkfähigkeit und rechnerische Fähigkeiten sind unter anderem beim Aufnehmen von Bestellungen gefragt. Für die Planung von Veranstaltungen braucht man kaufmännisches Denken und organisatorische Fähigkeiten. Eine gute körperliche Konstitution ist nötig, weil man viel gehen und stehen muss.
Welche Schulfächer sind relevant? Mathematik, Deutsch und Fremdsprachenkenntnisse, vor allem Englisch. aia