Dieses Datum weckt bis heute bei vielen Dettingern schreckliche Erinnerungen wach, erst recht bei der Feuerwehr: Am 20. April 1945 wurden durch einen Bombenangriff viele Häuser im Ort zerstört. „Auch die Feuerwehrgerätschaften wurden wie das Rathaus bei der ersten Welle innerhalb weniger Minuten zerstört. Es ist viel verlorengegangen. Bis heute ist im ganzen Dorf vom Schicksalstag die Rede“, sagt Walter Wanner, Feuerwehrmann mit Leib und Seele. Wie vor 25 Jahren ist er für die Festschrift zum jetzigen 150-jährigen Bestehen der Freiwilligen Feuerwehr Dettingen wesentlich verantwortlich. Für ihn sind die Protokollbücher, die im Jahr 1927 beginnen, ein besonderer Schatz, den nun er hütet. Die handschriftlich geführten Bücher „überlebten“ den großflächigen Dorfbrand, weil sie beim Schriftführer zuhause aufbewahrt wurden. Dessen Haus war von der Feuersbrunst verschont geblieben. Alles Wesentliche ist darin dokumentiert, einschließlich der Brände.
Bis heute ist im ganzen Dorf vom Schicksalstag die Rede.
Walter Wanner über den schweren Bombenangriff am 20. April 1945, bei dem viele Häuser zerstört wurden.
Vieles, was in den Jahren zwischen 1875 und 1926 geschah, lässt sich jedoch nicht mehr nachvollziehen. Es ist verloren gegangen. „Die Gründung kennen wir nur aus der Überlieferung. Damals herrschte eine allgemeine Aufbruchstimmung. Mit Turnvater Jahn begann die Gründung der Sportvereine, vorher durften sich die Menschen ja nicht treffen. Die Bürger begannen damals sich zu engagieren, so gründeten sich auch die Feuerwehren“, erzählt Walter Wanner.
Ein dramatischer Einsatz ereignete sich in der Faschingszeit 1929. Das Gasthaus Lamm hat gebrannt. „Bei minus 20 Grad ist die Spritze eingefroren, man hat Stroh angezündet, um für wärmeres Wasser zu sorgen“, erzählt Walter Wanner. Selbst von der Kirchheimer Firma Kolb und Schüle war Hilfe angefordert worden.

Der Krieg und die NS-Zeit haben in der Nachkriegszeit, wie vielerorts auch, bei der Dettinger Wehr ihren Tribut gefordert. Der alte Kommandant wurde abgesetzt, ein neuer bestimmt, und eine junge Truppe aufgebaut, nicht zuletzt, weil viele Kammeraden gefallen waren. „1954 fand das erste Großereignis in Dettingen statt: der zweite Kreisfeuerwehrtag“, erzählt Walter Wanner. Trotz Wirtschaftswunderzeit gab es kaum neue Löschgeräte, vieles wurde aus Wehrmachtsbeständen übernommen. Bis Ende der 1960-er Jahre war eine französische Motorspritze in Betrieb. Das erste große Löschfahrzeug gab es 1970, das Tanklöschfahrzeug TLF 16. Da zahlte es sich aus, dass fünf Männer den Lkw-Führerschein besaßen.
1982 wurde die Jugendfeuerwehr gegründet, denn den Verantwortlichen war klar geworden, dass es kaum Nachwuchs gab. Bereits Mitte der 1970-er Jahre wurde der Funk eingeführt. „Für die älteren Feuerwehrkammeraden war das fast eine Katastrophe, sie konnten am Anfang nicht damit umgehen. Aber bei uns kommt immer wieder was Neues dazu. Die Feuerwehr bleibt technisch nicht stehen. Jetzt befassen wir uns mit dem digitalen Einsatzfunk“, sagt Kommandant Jürgen Holder, der vor 25 Jahren zu Pferd beim Festumzug in die Rolle von Ludwig Attinger geschlüpft war. In den 1930-er Jahren hatte dieser mit seinem Horn die Feuerwehrkollegen alarmiert.

Frauen waren und sind bei der Dettinger Wehr fester Bestandteil. „Unsere Frauen stehen hinter uns. Bei einer Alarmierung ist das ganze Haus wach“, sagt Jürgen Holder. Einst waren die Frauen bei der Eimerkette unabkömmlich, später in der Telefonkette. Weil Dettingen nie eine „Weckerlinie“ hatte, übernahmen die Frauen per Telefon die Alarmierung.
Unsere Frauen stehen hinter uns. Bei einer Alarmierung ist das ganze Haus wach.
Kommandant Jürgen Holder
Bei jedem Alarm wissen die Feuerwehrleute nicht, was auf sie zukommt. Umso ärgerlicher ist es, wenn sie umsonst ausrücken müssen, was regelmäßig vorkommmt. „Es gibt tragische Einsätze, die bleiben einem in Erinnerung. Wenn Kinder beteiligt sind, ist es immer schlimm“, sagt Jürgen Holder. Die Eindrücke und Bilder verarbeitet jeder auf seine Weise. Walter Wanner hat in solchen Fällen für alle seine Kollegen ein offenes Ohr, wenn sie sich aussprechen wollen. Mit dem schweren Zugunglück in Eschede 1998 kam ins Bewusstsein, dass psychologische Seelsorge auch für die Helfer notwendig sein kann. Davor war es kaum ein Thema. „Was ich in Russland erlebt habe, war viel schlimmer – diese Aussage habe ich von den älteren Feuerwehrkameraden oft gehört“, erzählt Walter Wanner über die Kriegsheimkehrer und deren Umgang mit Einsätzen auf Leben und Tod.

Bei all den Dramen, die sich mitunter abspielen, gibt es auch die ein oder andere Anekdote zu erzählen. So rückte die Dettinger Wehr im Juni 1990 zu ihrem eigenen Sonnwendfeuer aus, wenn auch mit einer gewissen Ahnung, was dahinter stecken könnte – mit Unterstützung der Owener Kameraden. Ein auswärtiger Autofahrer hatte ein Feuer im Wald zwischen Dettingen und Owen gemeldet. Im selben Jahres sorgte die Feuerwehr zudem mehrfach unbeabsichtigt für dunkle Gassen im Ort. An einem Abend war es besonders schlimm. Die Straßenlaternen gingen immer wieder aus und an, weshalb beim Bauhofleiter das Telefon nicht mehr still stand. Der kam dann auf des Rätsels Lösung: Der Dia-Abend der Feuerwehr im Schulungsraum war schuld daran, denn unter dem neuen Glasdach des Raums war der Sensor für die Dämmerungsschaltung der Ortsbeleuchtung angebracht. Wurde dort das Licht angemacht oder ein helles Bild gezeigt, schaltete sich die Straßenbeleuchtung im gesamten Ort aus.
Info
Der offizielle Jubiläumsfestakt mit geladenen Gästen hat bereits stattgefunden. Das traditionelle Sonnwendfeuer auf dem Käppele findet im Jubiläumsjahr am 28. Juni statt, das Kreisjugendfeuerwehr-Zeltlager vom 18. bis 20. Juli – und das große Festwochenende geht vom 12. bis 14. September an der Fliegerhalle über die Bühne.