Weilheim und Umgebung
Vor der Backstube summen die Bienen

Umwelt Die Weilheimer Bio-Bäckerei Scholderbeck hat jetzt eigene Bienenvölker und möchte damit ein Zeichen für die Artenvielfalt setzen. Betreut werden die Stöcke von Bioland-Imker Sven Kornherr. Von Bianca Lütz-Holoch

Vorsichtig hebt Sven Kornherr den Deckel der Holzbox an und löst die Folie ein Stück. Zum Schutz trägt er dicke Handschuhe und eine hellbraune Jacke mit Netzhaube. Kurz hält der Imker inne - dann gibt er Entwarnung: „Alles ruhig“, sagt er. Die neuen „Mitarbeiterinnen“ der Weilheimer Biobäckerei Scholderbeck haben den Umzug offenbar gut verkraftet und summen ganz entspannt in ihrem Kasten umher. Sie bilden eines von insgesamt elf Bienenvölkern, die seit neuestem zu der Bio-Bäckerei gehören. Sven Kornherr, Bioland-Imker aus Hattenhofen, betreut sie.

Die Idee Bienenvölker anzuschaffen, war Eve und Bernd Sigel im vergangenen Jahr gekommen, als das Thema Artenschutz in aller Munde war. „Die Biodiversität ist das A und O im biologischen Landbau“, sagt Eve Sigel. Und auf den ist Scholderbeck schließlich angewiesen. „Mit den Bienen wollen wir einen Beitrag zur Artenvielfalt und zum ökologischen Gleichgewicht leisten.“ Auch direkt proftiert die Bäckerei von den fleißigen Insekten: Der Honig soll in den Backwaren verarbeitet und später in den Filialen verkauft werden.

Bis dahin dauert es aber noch: „Den ersten Honig der elf Völker können wir frühestens im kommenden Frühjahr ernten“, weiß Sven Kornherr. Jetzt müssen sich die Tiere erst einmal einrichten. Das Volk, das vor die Backstube gezogen ist, hat der Imker erst in der Vorwoche von einem Baum gesammelt, nachdem es geschwärmt war - ein typisches Phänomen zu dieser Jahreszeit. „Wenn es für die Bienen Nahrung im Überfluss gibt, vermehren sie sich“, erläutert Sven Kornherr. Das heißt, sie ziehen eine neue Königin heran. Die alte Königin verlässt den Stock mit einem Teil des Volkes und sucht sich eine neue Bleibe.

Entsprechend klein ist der gerade erst gegründete Schwarm im Moment: „Er dürfte zwischen 10 000 und 15 000 Bienen umfassen“, schätzt der Imker. Im Schnitt hat ein Schwarm rund 30 000 bis 40 000 Mitglieder.

Stück für Stück löst Sven Kornherr mit einem Werkzeug einen der klebrigen Rahmen aus der Beute, dem Bienenkasten: „Die Bienen haben schon fleißig angebaut und Waben eingezogen“, freut er sich und deutet auf die weißlichen Wachsgebilde, auf dem sich Hunderte der schwarz-gelben Insekten tummeln. Hier und da sammelt sich in den runden Vertiefungen süße, gelbe Flüssigkeit: Honig. Ein wenig Nahrung hat der Imker den Tieren zum Start zugefüttert - einen großen Teil haben die Bienen aber selbst mitgebracht: „Wenn ein Volk schwärmt, trägt es rund zwei Kilo Proviant bei sich“, so Kornherr.

Er schiebt den Rahmen wieder in den Kasten, schließt den Deckel und löst den Schaumstoff-Pfropfen aus dem Einflug-Schlitz. Nur wenige Augenblicke später schwärmen die ersten Bienen aus. Fortan werden sie auf den nahe gelegenen Streuobstwiesen oberhalb des Gewerbegebiets Tobelwasen Blütennektar sammeln. „Sie sind im Umkreis von etwa einem Kilometer unterwegs“, informiert der Imker. Bei ihren Flügen könnten die Insekten auf Vertreter eines weiteren Scholderbeck-Volks treffen, das in der Nähe des Kinderwasens untergebracht ist. Dort hat Sven Kornherr einige Stöcke stehen. Die übrigen neun Völker der Weilheimer Bäckerei wohnen derzeit in der Nähe von Hattenhofen, rund sieben Kilometer Luftline entfernt.

Ein Baustein im Gesamtkonzept

Dass ein Stock direkt bei der Backstube steht - die übrigens gut durch Fliegengitter geschützt ist -, war Eve Sigel wichtig. „Wir haben oft Schulklassen bei uns und wollen die Bienen in die Führungen einbauen“, sagt sie. Kinder erfahren dabei nicht nur, wie Korn zu Brot wird. Es geht auch um Umweltschutz im Handwerk. Den hängt das Unternehmen hoch.

„Wir backen seit 25 Jahren bio“, betont Eve Sigel. Außerdem setzt die Bäckerei auf regionale Produkte. Wichtige Partner sind verschiedene Bio-Höfe, allen voran der Bioland-Hof Gruel in Owen. Nun ist noch Bioland-Imker Sven Kornherr dazugekommen und mit ihm die Bienen, die in biologisch bewirtschafteten Feldern jede Menge Nahrung finden. „Sie sind für uns ein weiterer Baustein im Gesamtkonzept“, sagt Eve Sigel.