Vortrag
Vortrag über den Bauern-Aufruhr: Die Teck über Owen und der Schlossberg in Dettingen brennen

„Im und nach dem Bauernaufruhr 1525. Lebenswelten der Akteure im Lenninger Tal“ – darüber sprach die Kirchheimer Historikerin Svenja Galla im Herzog-Konrad-Saal in Owen.

Auf dem Foto glüht nur der Himmel, vor 500 Jahren stand die Burg jedoch in Flammen. Sie sah damals völlig anders aus und war bedeutend größer. Foto: Cornelia Wahl

In äußerst turbulente Zeiten hat Svenja Galla die Zuhörerinnen und Zuhörer in Owen mitgenommen. Direkt unter der Burg Teck zeigte sie die Lebenswirklichkeit der Menschen im Lenninger Tal vor 500 Jahren auf und porträtierte einige Aufständische des Bauernaufruhrs. „Das wird eine Entdeckungsreise zu unseren eigenen Wurzeln“, versprach Karl-Heinz Ritter vom Alt-Owen Förderkreis bei der Begrüßung. Gemeinsam mit der Stadtverwaltung Kirchheim hat der Verein die Veranstaltung organisiert.

„Zahlreiche Menschen haben gegen den Adel aufbegehrt. Es ging gegen die österreichische Regierung“, begann Svenja Galla ihren Vortrag. Der Schwäbischer Bund besiegte nach blutigen Schlachten das Heer der Bauern. Davor haben die Teck und der Schlossberg in Dettingen gebrannt. „Wie genau es dazu kam, darüber gibt es verschiedene Versionen“, so die Historikerin. Seit dem 30. April lagerte der Bauernhaufen in Kirchheim und plante, seinen Zug in Richtung Nürtingen fortzusetzen. Dafür wartete ein Teil des Haufens abmarschbereit auf der Hahnweide.

 

Hans Bader aß auch selbst von diesen Fischen. Er stieg somit aktiv in den Protest mit ein.

Svenja Galla

 

Bei den Aufständischen herrschte keine Einigkeit darüber, ob die Teck angezündet werden soll oder nicht. Einige kehrten auf ihrem Weg dorthin wieder um. „Wer schließlich verantwortlich war und die Teck in Brand gesteckt hat – darüber gibt es keine klaren Aussagen. Eventuell waren es mehr als vier Beteiligte“, sagte Svenja Galla. Der radikale Bauernanführer Hans Wunderer wollte sie brennen sehen, der gemäßigtere Anführer Martern Feuerbacher war von milderer Natur und sprach sich dagegen aus. „Wunderer gab den Befehl an den Profos, auf jeden Fall die Waffen zu holen“, sagte sie. Bei einem Profos handelte es sich um einen für Strafvollstreckung zuständigen Militärbediensteten.

Ob diese Aussage stimmt, lässt sich nicht nachvollziehen. „Sie ist eventuell unter Folter entstanden. Wir haben zwei Aussagen. Der Sturm auf die Teck lässt sich nicht mehr ganz rekonstruieren“, so Svenja Galla. Am Ende brennt die Teck, wieviele Personen daran beteiligt waren, entzieht sich der Kenntnis. „Eines lässt sich jedoch sagen: Es war keine große Menge, die sich auf den Weg gemacht haben.“ Vier Personen sollen sich am 3. Mai nach dem Frühstück im Wirtshaus des haarigen Hans auf den Weg gemacht haben.

Als die Bauern im Tal die Teck brennen sahen, machten sich wiederum ein paar auf den Weg zum Dettinger Schlossberg und zündeten auch hier die Burg an. „Bemerkenswert ist, dass Caspar Sauter aus Dettingen noch 1514 als Anführer des Aufstands Arme Konrad überliefert ist und nun für einen Erhalt der Burg seines Herrn einstand, anstatt sich dem Bauerntrupp anzuschließen.“

Die Belastungen für die Bevölkerung sorgten für den Aufstand. „Der Brand der Teck hat meiner Ansicht nach rein symbolpolitischen Charakter. Die Aufständischen wollten ein deutliches Exempel statuieren“, sagte Svenja Galla. Die Bauern im Lenninger Tal mussten wie andernorts auch vielfältige Leistungen erbringen. Dazu gehörten beispielsweise Frondienste, Steuern, Pachtzinsen, Naturalabgaben und Kriegsdienst. Dazu kam Leibeigenschaft. „Die Menschen mussten auf eigene Kosten Hunde ziehen und das Wildbret nach Kirchheim und Nürtingen liefern“, nannte sie als Beispiel. Nicht nur die adlige Herrschaft verlangte der Bevölkerung viel ab, auch die Klöster. „In Kirchheim war das Kloster der zweitgrößte Grundeigentümer“, so Svenja Galla.

Svenja Galla. Foto: Iris Häfner

Die Kunde vom Aufruhr, dem sich immer mehr Menschen anschlossen, vernahm man bereits 1524 bis ins letzte Dorf. „Von 760 Urfehden in Württemberg lassen sich allein 91 dem Amt Kirchheim zuordnen. Davon sind zwei aus Owen, acht aus Oberlenningen, drei aus Schlattstall und zwei aus Gutenberg. Das ist im Vergleich außerordentlich viel“, so die Referentin. Urfehden sind Gerichts-Protokolle, in denen die Beschuldigten ihre Schuld eingestehen. Manche mussten samt Familie Württemberg verlassen, Harnisch und Waffen bis auf ein „abgebrochenes Brotmesser“ abgeben oder bekamen Wirtshausverbot. „Im Amt Kirchheim ist keine Todesstrafe bekannt – man hätte sich ins eigene Fleisch geschnitten, denn all die Menschen hätten als Wehrpflichtige und Arbeiter gefehlt.“

Alle Vergehen im Lenninger Tal, die aktenkundig sind, haben mit einem Gewässer zu tun. Hans Bader wurde zur Last gelegt, dass er Fisch gegessen und pflichtvergessene Reden gehalten und somit zum Aufruhr angestachelt habe. „Fisch zu Hause zu essen bedeutete, in Gewässern des Fürsten zu fischen und dessen Vorrecht nicht mehr zu akzeptieren“, erläuterte Svenja Galla. Zwei Seen und drei Bannmühlen gab es in Gutenberg. Beide Seen mit Forellen und Karpfen mussten die Bauern pflegen, durften aber nichts daraus verzehren. 

Mittelalterliche Musik

Musikalisch umrahmt wurde der Vortrag von Gudrun Walther und Jürgen Treyz. Die beiden Lenninger haben sich der Folk- und traditionellen Musik verschrieben und wurden mehrfach mit Preisen ausgezeichnet. Die Vorbereitung für den Abend wurde für sie zu einer Entdeckungsreise zu den eigenen Wurzeln. Sie haben einheimische, lang vergessene Lieder und Melodien ausgegraben und wieder zum Klingen gebracht. „Unser erstes Lied erzählt vom harten und schwierigen Leben – danach spielen wir ein leichtes Mailied, das den Frühling besingt, nachdem der Winter vergangen ist“, moderierte Gudrun Walther ihre Lieder an. Zum Einsatz kam dabei auch der „Böhmische Bock“, ein Dudelsack. Die Sackpfeifen waren damals eines der beliebtesten Instrumente und so kamen die Zuhörer auch in den Genuss des „Bauernmarsch aus Gruon“, den die beiden Musiker in einem Buch des Albvereins entdeckt haben. Den Abschluss bildete das Lied „Ich bin ein freier Bauernknecht“. „Darin kommt zum Ausdruck, dass Bauer sein viel besser ist als Adliger“, fasst Gudrun Walther zusammen. Eine Kostprobe: Ich bin gar selten krank von Leib /  Das macht, dass ich den Pflug oft treib /  Jener aber säuft und frist /  Das macht, dass er so krank oft ist /  Traltiralla.