Kreis. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, Engpässe in den Lieferketten, explosionsartig gestiegene Energiekosten, eine Inflationsrate in Rekordhöhe – diese unsicheren Zeiten bekommen auch die Geldinstituten zu spüren. Die Volksbank Mittlerer Neckar ist davon nicht ausgeschlossen. Vor allem die extreme Niedrigzinspolitik führte dazu, dass die Gewinnmargen stetig gesunken sind.
Trotzdem blickt man dank eines starken Wachstums in vielen Bereichen auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2021 zurück. Das betreute Kundenvolumen stieg um 8,9 Prozent auf 9,8 Milliarden Euro. Im Kreditgeschäft gab es ein Wachstum von 6,4 Prozent auf drei Milliarden Euro. Die Kundeneinlagen erhöhten sich um 6,1 Prozent auf 3,4 Milliarden Euro. Doch die Zeiten werden nicht besser. „Eine Rezession ist sehr wahrscheinlich“, sagte der Vorstandssprecher Heinz Fohrer bei der Vertreterversammlung im Esslinger Neckar-Forum.
Doch gleichzeitig verbreitete er Zuversicht. Gemäß dem eigenen Motto „Stark für die Menschen, stark für die Region“ möchte die rund 88 000 Mitglieder zählende Genossenschaftsbank ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ausbauen, und zwar durch eine Fusion mit der Volks- und Raiffeisenbank Hohenneuffen-Teck. Noch sind es Sondierungsgespräche, in denen sich beide Geldinstitute einander annähern. Aber, wie man hört, stehen die Zeichen gut, dass ein Zusammenschluss schon Mitte nächsten Jahres Realität werden könnte. Weitere Fusionen, sogar zu einer landkreisweiten Volksbank seien derzeit nicht geplant, erklärte Fohrer.
Als ein Teilnehmer in der Versammlung kritisierte, dass er eine langfristige Wachstumsstrategie vermisse, die vor allem die Boomregion Filder im Auge haben müsse, sagte der Vorstandssprecher: „Eine Fusion ist keine politische Veranstaltungen.“ Jede Bank entscheide selbst über ihre Zukunft. „Spekulieren werden wir nicht, das gebietet uns der Respekt.“ Einen Zusammenschluss mit der VR-Bank Hohenneuffen-Teck strebe man an, weil sich die beiden Geschäftsmodelle weitgehend deckten.
Generelle Zweifel am Kurs der vor zwei Jahren durch Fusionen entstandenen Volksbank Mittlerer Neckar wurde in der Vertreterversammlung nicht laut. Im Gegenteil, alle Abstimmungen erfolgte einstimmig. Nico Hofmann, der Vorsitzende des Prüfungsausschusses, bescheinigte in allen relevanten Bereichen geordnete Verhältnisse, die zu keinerlei Beanstandungen Anlass gäben. Einmütig entlasteten die 275 anwesenden Vertreterinnen und Vertreter daraufhin den Vorstand und den Aufsichtsrat.
Dividende von drei Prozent
Ebenfalls ein einstimmiges Votum gab es zur Verwendung des Jahresgewinns von 6,6 Millionen Euro, wie sie Aufsichtsratsvorsitzende Susanne Ertle-Straub vorschlug: Auf Geschäftsanteile gibt es eine Dividende von drei Prozent. Die restlichen 5,1 Millionen Euro fließen in diverse Rücklagen.
Zur neuen strategischen Ausrichtung der Volksbank Mittlerer Neckar gehört ein überarbeitetes Filialkonzept. Je nach Serviceumfang unterscheide man künftig zwischen fünf Filialtypen, von der Hauptstelle bis zu SB-Standorten, erklärte Fohrer. Die Anpassungen, sprich Einschränkungen, der bisherigen Serviceleistungen seien unumgänglich, damit reagiere man auf ein völlig verändertes Kundenverhalten. Immer mehr Bankgeschäfte würden digital erledigt.
Synergien nutzen, dieses Ziel verfolgt die Volksbank Mittlerer Neckar auch mit ihrer künftigen Verwaltungszentrale in Wendlingen. In dem 72 Millionen Euro teuren Neubau sollen die sieben Verwaltungsstandorte zusammengeführt werden. Harald Flößer