Stau, Matsch und Schlamm – Wacken ist dieses Jahr noch mehr als sonst nur was für Hartgesottene. Zigtausende mussten Anfang der Woche abdrehen, weil die Veranstalter wegen des völlig aufgeweichten Bodens den Zugang zu dem Heavy Metal Festival in Schleswig-Holstein gesperrt hatten. „Mit meinem Staff-Bändel hatte ich keine Probleme, aufs Gelände zu kommen“, erzählt Rainer Hoffelner aus Oberlenningen. Er hat das Open Air seit 2009 jedes Jahr fest im Kalender stehen. Als Fotograf dokumentiert er die Veranstaltung.
„Hölle“ und „verschärft“ sind die Begriffe, die ihm zum Festival 2023 einfallen. Es gibt nicht nur wie sonst ordentlich was auf die Ohren, sondern auch auf Klamotten, Haut, Reifen und Blech. „Am Mittwoch war Klärschlamm“, so beschreibt es Rainer Hoffelner drastisch. Keine Worte braucht es für die mit Morast besudelten Leiber auf den Fotos des Künstlers, der bekannt ist für seine omnipräsenten schwarzen Tuschemännchen. „Bei Bundeswehrstiefeln läuft gerade so noch nichts oben rein“, erzählt der Wacken-Fan am Telefon lachend. Trotzdem ging er auf Nummer sicher und fuhr am Mittwoch nach Itzehoe, um sich ein paar ordentliche Gummistiefel zu besorgen – „fabrikneu in Grün“. Neben ihm sei auf dem Gelände jemand ausgerutscht. Da klebe einfach alles. Andere würden ihre Schuhe verlieren, weil sie einfach im Matsch feststeckten. „Das ist schon eine schräge Kiste“, so Rainer Hoffelner. „Wattwanderung in Wacken“ – so hat er ein Video betitelt.
Eine Schlammschlacht mit noch etwas mehr Schmodder und Wasser hatte der 59-Jährige 2015 bei dem Festival erlebt. Im Jahr darauf wurden alle steckengebliebenen Schuhe auf einen Haufen geworfen. „Das war ein ordentlicher Berg“, erinnert sich Rainer Hoffelner. Vor acht Jahren wurden die Autos bei der Abreise nach tagelangem Regen mit Traktoren vom Gelände gezogen. „Dieses Mal musste man sie schon draufziehen. Da waren rund 100 Bauern im Einsatz“, sagt der Lenninger.
Das Anreisechaos hat ihn zumindest gestreift: Um 5 Uhr hatte er sich am Montagmorgen im Lenninger Tal ins Auto gesetzt. Statt sieben oder acht Stunden wie sonst, kam er auf zehn Stunden reine Fahrzeit. Schon kurz nach Elmshorn, mehr als 40 Kilometer vor Wacken, verließ er die Autobahn, weil alles dicht war. Ein einheimischer Freund schickte ihn über Schleichwege. Die letzten Kilometer gondelte Rainer Hoffelner mit dem Fahrrad im Matsch durch Feld und Wald. „Das war die Hölle“, sagt er im Rückblick.
Auf dem sumpfigen Festival-Gelände ist er überwiegend nachmittags und abends unterwegs. Mit seiner Unterkunft bei Freunden in Agethorst, knapp fünf Kilometer entfernt von Wacken, hat er das große Los gezogen. „Ich habe ein Gästebett. Das ist de luxe“, erzählt er. Wer auf dem Gelände zeltet, habe zwei Zentimeter Grün um sich „und dann steht die Plörre bis zu den Knöcheln“, so Rainer Hoffelner. „Da kann nichts mehr abdampfen.“ Am Donnerstag dann der Lichtblick, als sich endlich die Sonne zeigte und die Staunässe sich wenigstens etwas verzog.
Der Stimmung tue der Schmodder und auch das abgespeckte Programm keinen Abbruch. Auf den acht großen Bühnen gehe es ab, die Grills an den Verpflegungsständen liefen auf Vollgas. „Die drin sind, feiern es“, sagt der Lenninger. „Wacken ist der Wahnsinn. Das ist so, als gäbe es einmal im Jahr in Schlattstall ein riesiges Festival. Ich freue mich immer wie die Sau drauf“, sagt er. Und wenn es dann vorbei sei, denke er jedes Mal, „Gott sei Dank hast du’s überlebt“. In anderen Jahren fahre er mehrere Stunden mit denen, die die Stände beliefern, durch die Prärie zu den Campingplätzen, um zu sehen, was so abgeht. Verständlich, dass er darauf dieses Jahr verzichtet. Obwohl es immer im gleichen Monat stattfindet, kenne er Wacken zu jeder Jahreszeit. Er hat das Festival auch schon bei mehr als 30 Grad erlebt. „Das ist auch nicht lustig.“