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Wandern für Anfänger leicht gemacht

Freizeit Rainer Hauenschild aus Plochingen wandert für sein Leben gerne. Seit einer Operation geht der 54-Jährige regelmäßig auf Tour und kennt sich in der hiesigen Gegend bestens aus. Von Marion Brucker

Ohne Cappy wandert Rainer Hauenschild nicht. Ohne Cappy stört ihn das Sonnenlicht. Und das nicht unter südlicher Hitze, nein, gleich vor der Haustür beginnt für den 54-jährigen Plochinger das Wandern. Seit der freiberufliche Fotoreporter und Wanderjournalist nach einer Bandscheiben-OP 2014 das Wandern für sich entdeckt hat, geht er von Frühjahr bis Herbst jeden zweiten Samstag alleine auf Tour. „Ich genieße die Ruhe im Wald, die Bewegung an der frischen Luft“, sagt er und nimmt sein blaues Cappy mit dem Schriftzug „Rainer wandert“ ab. „Eine Kopfbedeckung gehört zur Grundausrüstung eines jeden Wanderers“, meint er. Nicht nur wegen der Sonnenstrahlen, sondern auch, um den Kopf vor herabfallenden Ästen zu schützen. Hauenschild nimmt seinen 30-Liter-Rucksack neben sich und erklärt: „Atmungsaktiv muss er sein und breite Gurte im Schulterbereich haben sowie einen Becken- und Brustgurt, damit er fest am Rücken sitzt.“

Im Rucksack hat er all die Utensilien verstaut, auf die kein Wanderer verzichten sollte. Er holt eine Thermoskanne aus einer der beiden Außentaschen des Rucksacks. Einen viertel bis einen halben Liter Kaffee nimmt er sich mit, ansonsten zwischen einem und 1,5 Liter Mineralwasser. Und zwar in Halb-Liter-Flaschen. Vorteil: Eine steckt er davon in die eine der Außentaschen des Rucksacks, um immer Wasser griffbereit zu haben, die restlichen beiden verstaut er im Innern der geräumigen Tasche. Und außerdem noch ein Vesper wie Vollkornbrot mit Käse oder Wurst, Karotten, Powerriegel mit Nüssen sowie Traubenzucker, um plötzlichen Energieabfall auszugleichen. Außerdem gehören seiner Meinung nach hinein: Regenschutz – beispielsweise ein Plastikcape –, Sonnenschutz, Erfrischungstücher, Tempos, ein kleines Handtuch, falls man schwitzt, ein Klappmesser möglichst mit Gabel und Löffel, Notizblock, Taschenlampe, Rettungsdecke, Erste-Hilfe-Set mit Pflaster, Verbandmull, Mullkompresse und Pinzette.

Wer Medikamente nimmt wie Diabetiker oder allergisch sei, sollte immer Notfallmedikamente mit dabei haben, rät er. Außerdem nimmt er sich eine Powerbank fürs Handy mit und natürlich einen Fotoapparat. Darüber hinaus hat er eine Bauchtasche mit dabei. In ihr verstaut er Geldbeutel und die Telefonnummern, wer im Notfall informiert werden soll. Außerdem rät er, nie ohne Wanderkarte loszugehen oder, wer es online lieber hat, mit entsprechender Wanderapp. Auch informiert er seine Frau immer über seine geplante Strecke und schickt ihr von unterwegs Fotos über Whatsapp. So weiß sie, wo er ungefähr ist, falls etwas passiert.

Schuhwahl je nach Untergrund

Beim Schuhwerk sei darauf zu achten, welche Wege bewandert werden. Auf dem Schurwald beispielsweise mit überwiegend Asphalt und Waldwegen genügten normale Wanderschuhe. Ginge die Tour jedoch am Albtrauf entlang, sind Schuhe mit gutem Profil vonnöten und Wanderstöcke. Diese entlasten vor allem beim Abstieg die Kniegelenke.

Wer noch nie gewandert ist, dem empfiehlt Rainer Hauenschild, mit einer kleinen Tour von fünf bis sechs Kilometern zu starten. So wie er damals nach seiner Bandscheiben-OP. Dadurch ließe sich die eigene Fitness besser einschätzen. Gleich beim ersten Mal 20 Kilometer zu wandern und Blasen zu bekommen, sei nicht förderlich. Derjenige würde nicht mehr auf eine nächste Tour gehen.

Um Blasen zu verhindern, sei neben geeigneten Schuhen auch auf die solchen zu achten. Atmungsaktiv sollten sie sein und möglichst aus einem Stück gemacht. Nähte können Druckstellen und Blasen verursachen. Auch das vermeintlich erfrischende Abkühlen der Füße in einem Bach kann er nicht empfehlen. „Das habe ich anfangs gemacht“, erzählt er. Blasen waren ihm sicher. Seither kühlt er nur noch Hände und Gesicht im Wasser und lässt die Schuhe immer schön an den Füßen. Auch die Unterwäsche sollte atmungsaktiv sein und möglichst ohne Naht, damit sie nirgends reibt. Dann noch eine bequeme Hose, Hauenschild trägt am liebsten solche mit Zip, sodass sie sich in eine kurze verwandeln lässt, und ein T-Shirt an heißen Tagen, wenn es kühler wird eine Fleecejacke, und los kann die Wanderung gehen.

Überreden ist sinnlos

Menschen zum Wandern zu überreden, macht seiner Meinung nach keinen Sinn. „Das würde dem anderen nur die ganze Wandertour verderben“, meint er. Und vielleicht kommt derjenige irgendwann selbst darauf. So wie er durch die Bandscheiben-OP. Seit er wandert, hat er nicht nur keine Rückenschmerzen mehr, sondern er zehrt auch von seinen Erlebnissen. Das schönste sei gewesen, als er auf dem Jakobsweg von Wurmlingen nach Rottenburg gewandert sei und ein alter Mann in seinem Garten stand, der seine Tomaten gepflegt habe. Er habe auf sie geguckt, wortlos zwei genommen, sie mit Wasser abgespritzt und gesagt: „Lassen Sie es sich schmecken“, erzählt Hauenschild und lacht. „Die Tomaten haben Rottenburg am Neckar nicht erreicht.“

 

Direkt vor der Haustür liegen auch schöne Strecken

Einsamkeit Hauenschild, der auch Wegpate für den Jakobsweg zwischen Plochingen und Bodelshofen ist, wandert am liebsten alleine. So habe er seine Ruhe unterwegs und könne sich treiben lassen.
Strecke Eine schöne, jedoch längere Strecke von rund 20 Kilometern startet bei ihm von der Haustür weg ab Stumpenhof zum Aussichtsturm des Schwäbischen Albvereins über die Plochinger Ebene bis zum Jägerhaus, auf den Esslinger Höhenweg über die Katharinenlinde und Neckar­halde nach Esslingen. „Das Bonbole ist die tolle Aussicht vom Höhenweg“, schwärmt er.
Tipp Für alle, die in Kirchheim mit dem Bus starten, empfiehlt er, entlang der Weißen Lauter zu wandern. Mit dem Bus geht’s Richtung Oberlenningen nach Gutenberg bis zur Bushaltestelle Post. Rund 800 Meter über die Obere Mühlstraße durch ein ehemaliges Firmengelände und zum Ursprung der Weißen Lauter in rund zehn Minuten laufen. „Das ist Genuss der freien Natur“, sagt er, und als geschütztes Geotop und Naturschutzgebiet ausgewiesen. Von Gutenberg, umgeben vom Reiterfels und Seeberg, mit den Sinterterrassen, geht es über Oberlenningen, Brucken und Owen nach Dettingen und über den Panoramaweg zurück nach Kirchheim in die Altstadt. Von der Kirchheim Altstadt geht es entlang der Lauter Richtung Ötlingen an Bodelshofen vorbei, dem Schnittpunkt des Jakobswegs, und dann bis nach Wendlingen zum Bahnhof und von dort mit der S1 nach Kirchheim zurück. mab