Ihre Faszination haben die Werke alter Meister ebensowenig verloren wie die Gobelin-Kunst. Doch so legendär Mona Lisas Lächeln und wie wertvoll antike Wandbehänge auch sein mögen – die wenigsten Menschen würden sie sich heute noch in ihre Wohnung hängen. Christian Otto und Isabelle Torrelle haben Renaissance-Werke, Delfter Blau und Tapisserie-Kunst raus aus der angestaubten Ecke geholt: Althergebrachte Motive vereinen sie mit Pop-Kultur, traditionelle Webkunst mit modernen Techniken. So entstehen ihre preisgekrönten „Meisterwerke“, die sie von Weilheim aus vertreiben und vermarkten.
mit modernem Gesicht.
„Wir schaffen Tapisserie mit modernem Gesicht“, fasst es Christian Otto zusammen. Und meint das wörtlich. Zur Kollektion „The Historians“ – die vor fünf Jahren der Meisterwerke darstellte – gehören die Portraits „Odo“ und „Odilia“. Körperhaltung und Kleidung der Abgebildeten, aber auch der Bildausschnitt wirken wie auf einem Renaissance-Gemälde – wären da nicht die krassen Kontraste und Anachronismen: der entblößte, voll tätowierte Arm und die Gesichtszüge junger Models aus dem 21. Jahrhundert.
Schöpferin der Kunstwerke ist Christian Ottos Frau Isabelle Torrelle. Sie arbeitet als Textildesignerin im belgischen Gent und hat bei dem gemeinsamen beruflichen Projekt „Meisterwerke“ den kreativen Part inne. Christian Otto ist für Vertrieb und Marketing zuständig. Textilien gehören für ihn seit jeher zum Berufsleben. Bei der Textilfabrik Otto – zu der er keine familiäre Verbindung hat– in Wendlingen absolvierte er eine kaufmännische Ausbildung und arbeitete bei Kolb und Schüle, bevor er sich selbstständig machte. Seine Textilagentur „Die Stoffmacher“ hat er 20 Jahre lang in der ehemaligen Textilfabrik Leuze in Owen geführt, bevor er im vergangenen Jahr mit Büro und Showroom in die Weilheimer Bahnhofstraße 4 zog.
Kunst mit Funktion
So wichtig den Meisterwerkern der künstlerische Wert ist – das allein genügt ihnen nicht. „Wir wollten, dass die Teppiche nicht allein der Dekoration dienen, sondern auch eine Funktion haben“, so Christian Otto. Auch da beruft sich das kreative Duo auf die Geschichte. „Im 16. Jahrhundert waren Wandteppiche nicht nur Ausdruck des Wohlstands und der Macht, sondern sie brachten in den Schlössern auch klimatische und akustische Vorteile.“ Genauso wie die Meisterwerke-Gobelins. Sie können auf Wunsch auf Platten aus Polyester und recyceltem PET gezogen werden, die den Schall absorbieren und für eine bessere Akustik sorgen. In eigens gefertigten Metallständern aufgestellt, dienen sie als Raumteiler.
„Mit dieser Idee sind wir auch auf Messen, bei Innenarchitekten und Einrichtungshäusern auf offene Ohren gestoßen“, erzählt Christian Otto. „Alte Handwerkskunst kommt im hochwertigen Einrichtungsbereich gut an.“ Für ihre Kollektion „Les Femmes de Delft“ haben Christian Otto und Isabelle Torrelle 2019 sogar den German Design Award in der Kategorie Interior Textil erhalten. „Sie ist aktuell auch unser Bestseller“, sagt Otto. Das Auhängeschild der Kollektion, „Gilga Delft,“ zeigt eine junge Frau vor einer Vermeerschen Stadtansicht. Auf ihren entblößten Rücken sind Ornamente tätowiert, die einer original Delfter-Porzellan-Vase entstammen. Eine andere Frau aus der Delfter Serie trägt Dreadlocks und ein Schiff-Tattoo.
Handarbeit am Bildschirm.
Gewebt werden die Meisterwerke-Gobelins in Belgien auf alten, mechanischen Webstühlen, die elektrisch angetrieben werden. Auf sie werden die Bilder digital übertragen, die zuvor bei Fotoshootings entstanden sind. „Odilia ist zum Beispiel eine Freundin unserer Tochter“, verrät Christian Otto. „Odo ein belgisches Model.“ Die beiden tragen Kostüme aus dem Amsterdamer Staatstheater, aus denen jeweils ein Ärmel herausgetrennt wurde. Die Tätowierungen wurden per Fotoshop eingefügt. Sie einfach an den Webstuhl zu übertragen reicht aber nicht. „Jeder Pixelpunkt wird nachbearbeitet.“ Ein Patroneur oder Musterzeichner bestimmt die die Farben der Kreuzungspunkte von Kettfäden, die in Ländsrichtung aufgespannt sind, und Schussfäden, die quer dazu verlaufen. „Das ist sozusagen Handarbeit am Bildschirm.“ Die Gobelins werden in limitierter Auflage mit Seriennummer gefertigt. „ Es gibt 100 Stück pro Motiv“, so Christian Otto.
Neben den großformatigen Tapisserie-Kunstwerken fertigen Otto und Torrelle auch Accessoires wie Kissen und Handtaschen – passend zu den Motiven der Kollektionen. „Auf die Idee sind wir gekommen, als wir bei der Interior Lifestyle Messe in Paris die Pressematerialien in kleine Clutches gesteckt haben und sie gleich auch Kaufinteressenten fanden.“ Diesen Monat stellen Isabelle Torrelle und Christian Otto ihre fünfte Kollektion vor, die erstmal keine Menschen abbildet, sondern einen Blumenstraß, den tätowierte Hände halten. Im vergangenen Jahr hatten sie „Exotic Zabu“ herausgebracht: Zu sehen ist darauf eine Frau, die in einen gewebten Umhang gehüllt ist, vor bunter Dschungelkulisse. Eine weitere Kolektion trägt den Namen „Love at first Sight“ und stellt die russische Prinzessin Anna Paulowna in den Mittelpunkt, die ihre große Liebe Prinz Willem II heiratete und Königin der Niederlande wurde.
Kooperation mit Rolf Benz
Seit ihrem Start 2016 ist der Markt für die deutsch-belgischen Tapsserie-Kunstwerke stetig gewachsen. „Wir wollen Step by Step zu einer Marke für den hochwertigen Einrichtungsbereich werden“, sagt Christian Otto. Zu den Meisterwerke-Kunden gehören hochwertige Einrichtungshäuser, Innenarchitekten, Concept Stores und Boutique-Hotels. Für nächste Jahr haben Christian Otto und Isabelle Torrell erstmals ein gemeinsames Projekt mit Rolf Benz geplant: Individualisierte Fresko-Gobelins sollen eine Sitzmöbel-Serie des Einrichters zieren.
Weitere Impressionen aus den Tapisserie-Kollektionen gibt es online unter
www.meisterwerke.be
Für das Ehepaar sind Textilien Beruf und Berufung
Isabelle Torrelle hat nach einem Abschluss in Textildesign an der königlichen Akademie der Bildenden Künste im belgischen Gent 20 Jahre lang als Designerin für Hersteller von
Möbelstoffen und anderen dekorativen Textilien gearbeitet. Dabei hat sie in Flandern eine Reihe verschiedener Webereien durchlaufen. Dann jedoch beendete sie ihre Karriere in dem Bereich, um sich einer Aufgabe zu widmen, hinter der sie vollkommen steht. Isabelle Torrelle begann, sich mit alten Webtechniken zu beschäftigen und sie mit moderner Technik zu kombinieren, ihre künstlerische Freiheit auszuleben und nur noch hochwertige Materialien zu verwenden: Gemeinsam mit ihrem Ehemann Christian Otto hob sie das Projekt „Meisterwerke“ aus der Taufe.
Christian Otto hat sein ganzes Berufsleben lang mit Textilien zu tun gehabt. Bei der Textilfabrik Otto in Wendlingen – zu der er keine familiäre Verbindung hat – absolvierte er eine kaufmännische Ausbildung und arbeitete bei Kolb und Schüle, bevor er sich selbstständig machte. Seine Textilagentur „Die Stoffmacher“ hat er 20 Jahre lang in der ehemaligen Textilfabrik Leuze in Owen geführt, bevor er im vergangenen Jahr mit Büro und Showroom in die Weilheimer Bahnhofstraße 4 zog. bil