Unter dem Titel „Grüner Wasserstoff – Motor für Wirtschaft und Nachhaltigkeit“ diskutierten Fachleute aus Politik und Wirtschaft in den Räumen des Unternehmens Fischer in Weilheim über die Potenziale von Wasserstoff und gaben Einblicke in die aktuellen Entwicklungen in der Region. Mit wenigen Worten umreißt Hans-Jörg Fischer, der Geschäftsführer des Unternehmens für Transportlogistik, Kreislaufwirtschaft und Recycling, das Problem: „Überall, wo wir unterwegs sind, brauchen wir Energie, in unserem Fall vier Millionen Liter Diesel im Jahr.“
Wasserstoff für Baumaschinen
In puncto Nachhaltigkeit hätte das Unternehmen bereits alle ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ergriffen. Eine Barriere bleibt: „Wie bekommen wir den Diesel weg?“ Seine Antwort: „Wasserstoff.“ Denn: Die Lkws der Firma Fischer seien entweder leer oder voll beladen. „Wir können keine zwei bis vier Tonnen Batterie mitschleppen.“ Einfach die Nutzlast zu erhöhen sei auch nicht des Rätsels Lösung: „Die Brücken halten das nicht aus.“ So müssten sie weiterhin mit 40 Tonnen auskommen. Deshalb sieht er die Lösung im Wasserstoff, damit seien die Fahrzeuge lediglich 150 bis 200 Kilogramm schwerer als mit Diesel – die Reichweite sei dieselbe. Für Fischer ist deshalb klar: Ohne Wasserstoff geht es nicht.
Kunden fordern Nachhaltigkeit
Um eine Veränderung voranzutreiben, engagiert sich Fischer Weilheim in Entwicklungsteams, die an der Herstellung von wasserstoffbetriebenen Lkws und Baumaschinen arbeiten. Seine Prognose: Für Lkws wird es in Zukunft sowohl Brennstoffzellen als auch Wasserstoffmotor geben. Im Bereich Baumaschinen gehe die Tendenz jedoch klar in Richtung Wasserstoffmotor. Denn: Baumaschinen müssen starken Erschütterungen standhalten, die Brennstoffzelle mit ihrer Hochtechnologie sei dort schlicht anfälliger.
Fischer erklärt: Von fast allen großen Kunden werde das Thema Nachhaltigkeit und CO2-Einsparung angesprochen, auch deshalb müssten sie etwas machen. In Amerika interessiere sich jedoch zurzeit noch niemand für das Thema Wasserstoff, deshalb sei es die zentrale Herausforderung überhaupt Fahrzeuge zu bekommen. Der Geschäftsführer ist dennoch entschlossen: „Fischer Weilheim benötigt Wasserstoff, wir setzen auf Wasserstoff und deshalb haben wir mit unserem Partner GP-Joule die hy.teck gegründet.“
André Steinau vom Energieversorgungsunternehmen GP-Joule, das seinen Sitz in Reußenköge in Schleswig-Holstein hat, sagt: „Die hy.teck hat das Ziel, hier vor Ort die grüne Wasserstoffmobilität voranzubringen.“ Deshalb wolle das Unternehmen die im Gewerbegebiet Weilheim geplante Wasserstofftankstelle bauen, Wasserstoff produzieren und in den Verkehr bringen. Vor allem soll jedoch das Klimawerk des Brennstoffzellenherstellers Cellcentric, der einen Standort in Weilheim geplant hat, mit Wasserstoff versorgt werden.
Wer kann alles tanken?
Dieses Projekt werde vom Land und der Wirtschaftsregion mit Fördermitteln bezuschusst, um eine Wasserstoffproduktion in einer Größe von zehn Megawatt aufbauen zu können. Dadurch soll jährlich eine Produktion von 900 bis 1000 Tonnen Wasserstoff möglich sein. Darüber hinaus, so Steinau, ist die Versorgung weitere industrieller Abnehmer geplant. Das Ziel sei aber auch, dass dort solche Nutzfahrzeuge, die Hans-Jörg Fischer beschrieben hat, sowie Pkws und Lkws tanken können.
André Steinau ist sich sicher: Die Wasserstofftankstelle im Weilheimer Gewerbegebiet geht Ende 2026 in Betrieb. „Warum dauert das so lange?“, fragt Steinau. Seine Antwort: Es seien noch Abstimmungen mit der Stadt Weilheim notwendig und Abnahmeverträge müssten geschlossen werden – um eine sichere Planung gewährleisten zu können. Für die Anlage zur Wasserstoffproduktion und die Tankstelle sei schließlich eine Investition von rund 30 Millionen Euro nötig. Außerdem können die Bauarbeiten erst nach der erteilten Genehmigung starten. Im Anschluss daran und nach einer Testphase könne jedoch getankt werden.
Das hat der Landkreis Esslingen in Sachen Wasserstoff geplant
Landrat Marcel Musolf sieht in der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie eine große Chance: „Im Landkreis Esslingen leben viele Menschen von den Produkten für Verbrennungsmotoren, welche beim Elektromotor in dieser Form künftig nicht mehr benötigt werden.“ Deshalb müssten sich Unternehmen schon heute überlegen, welche Produkte künftig noch nachgefragt werden. Hier könne die Wasserstofftechnologie zukunftsweisend sein.
Der Wasserstoffkoordinator des Landkreises Esslingen, Axel Kübler, sagt: „Wir möchten nun Leuchtturmprojekte vernetzen.“ Im Augenblick gebe es sehr viele Einzelprojekte. Das Ziel müsse aber sein, alles zusammenzuführen. Der Landkreis hätte durch die Anbindung an gleich zwei wasserstofffähige Pipelines (die regionale Pipeline „H2 GeNeSis“ zwischen Stuttgart und Esslingen und die Süddeutsche Erdgasleitung SEL, die zukünftig in den Landkreis führen wird), mit dem Brennstoffzellenhersteller Cellcentric und einigen OEM-Automobilherstellern (mit OEM-Herstellern sind Erstausrüster gemeint) die besten Voraussetzungen, um das Thema Wasserstoff weiter voranzubringen. Marcel Musolf sagt: Im klimaneutralen Stadtquartier „Neue Weststadt“ in Esslingen, werde bereits heute grüner Wasserstoff erzeugt und die Abwärme des Elektrolyseurs für die Wärmeversorgung genutzt.
Mithilfe von Fachveranstaltungen versucht der Landkreis jetzt Speditionen davon zu überzeugen, dass sie in die Wasserstofftechnik einsteigen, sagt Axel Kübler. Zudem werden Tankstellen, Lkw-Hersteller, Speditionen und die Ladeinfrastruktur gefördert. Das Ziel sei es, ein Wasserstoffnetzwerk aufzubauen – soll heißen Pipelines und Tankstellen miteinander zu vernetzen. Die Stadtwerke Stuttgart, so Kübler, bekommen bereits eine an die Pipeline angeschlossene Tankstelle.