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War es ein Tötungsversuch mit dem Baseballschläger im Roßdorf?

Justiz Weil er bei einer Schlägerei einen 17-Jährigen mit einem Baseballschläger schwer verletzt haben soll, muss sich ein Reutlinger vor dem Stuttgarter Landgericht verantworten. Von Matthäus Klemke

Im weißen Hemd, mit schwarzer Anzughose und mit gleich drei Strafverteidigern an seiner Seite, die ihn vor der Jugendhaft bewahren sollen, nahm der 19-jährige Schüler im Sitzungssaal des Stuttgarter Landgerichts Platz. Gleich dahinter der zweite Angeklagte – erst 21 Jahre alt.

Die Staatsanwaltschaft wirft beiden vor, im vergangenen Jahr an einer Schlägerei im
Roßdorf beteiligt gewesen zu sein, bei dem einem 17-Jährigen mit einem pinken Baseballschläger eine offene Schädelfraktur zugefügt wurde.

Laut Anklageschrift sei der ganze Streit zunächst ohne die Beteiligung der beiden Angeklagten losgegangen. Im Waldheim im Roßdorf soll es am 12. August gegen 23 Uhr zu einer Schlägerei zwischen zwei Gruppen gekommen sein. Als sich die Lage wieder beruhigt hatte, soll ein beteiligter Nürtinger seine Freunde angerufen und um Hilfe bei dem Streit gebeten haben – darunter auch die beiden Angeklagten. Mit insgesamt acht Leuten sei die Unterstützung aus Reutlingen im Roßdorf angerückt.

Vor Ort habe der 21-jährige Angeklagte einen Baseballschläger aus dem Kofferraum geholt und diesen dem 19-jährigen in die Hand gedrückt. Mit der Waffe sollen die Reutlinger zu der anderen Gruppe rübergegangen sein. Dort hätte der 19-Jährige seinem Opfer „ohne rechtfertigenden Grund“ mit dem Schläger einen Hieb gegen den Kopf verpasst und ihn seitlich am Schädel getroffen, so die Staatsanwältin. Dabei habe er den Tod des damals 17-Jährigen zumindest billigend in Kauf genommen. „Sein Schicksal war ihm gleichgültig“, so die Staatsanwältin weiter.

Das Opfer habe neben der Schädelfraktur auch eine Blutung erlitten, an der es hätte sterben können. Der Heranwachsende musste mehrere Tage in der Nürtinger Klinik behandelt werden. Noch heute leide er unter Kopfschmerzen. Dem 19-Jährigen wird deshalb unter anderem versuchter Totschlag vorgeworfen – dem zweiten Angeklagten vorsätzliche Hilfe zur gefährlicher Körperverletzung.

Wer hat zuerst zugeschlagen?

Den Ausführungen der Staatsanwältin widersprach der 19-jährige technische Gymnasiast nicht. Er beteuerte jedoch, dass er und seine Freunde nicht vorgehabt hätten, „jemanden zu vermöbeln.“ Man habe nur einen Freund unterstützen wollen. „Falls doch was ist, nehmen wir lieber Waffen mit“, erklärte der Angeklagte seinen damaligen Gedankengang. „Dann wurde mir ein Baseballschläger in die Hand gedrückt.“ Erste Aggressionen seien von der anderen Gruppe ausgegangen, so der Reutlinger. Als zwei Leute auf ihn zukamen, habe er versucht zu fliehen.

Beim Weglaufen habe er mit dem Schläger nach hinten ausgeholt und gemerkt, dass es einen „Widerstand“ gegeben hat. „Ich habe keinen Knall gehört oder so etwas“, sagte der 19-Jährige aus. Dass er jemanden schwer am Kopf verletzt hat, habe er in dem Moment nicht realisiert. Anschließend sei die Gruppe nach Reutlingen geflohen und war in einer Diskothek feiern. „Erst am nächsten Morgen, als die Polizei bei mir geklingelt hat, wusste ich, wie schlimm es ist.“ Die Tatwaffe soll einer der Freunde vergraben haben.

Der Angeklagte gab an, vor der Tat einiges an alkoholischen Getränken getrunken zu haben. Innerhalb einer Stunde soll er acht Wodka-Energy-Longdrinks und drei große Bier konsumiert haben. Die Richterin zeigte sich erstaunt angesichts der geschilderten Menge. Sie gab dem Angeklagten zu bedenken, dass zwei Zeugen aussagen, seine Gruppe habe zuerst zugeschlagen. Insgesamt drei Verhandlungstage sollen folgen. Ein Urteil wird Mitte Juli erwartet.