Zahlreiche Mitglieder des BDS Kirchheim empfingen am Samstagabend ein überschaubares, aber umso kulturhungrigeres Publikum und geleiteten die Besucher auf den coronakonform bestuhlten Martinskirchplatz. „Wir müssen die Menschen nach dem Lockdown erst wieder an Veranstaltungen gewöhnen – das haben wir uns hiermit zur Aufgabe gemacht“, erklärt Mitglied Thomas Oßwald.{paidcontent} Nachdem man sich mit Leckereien der anwesenden Gastronomen Martin Lehmann vom Restaurant Queens und Gunnar Stahlberg von der Wunderbar versorgt und seinen Platz gefunden hatte, wurde mit dem neu inszenierten Musical „Ciao Bella“ und dem Hochzeitsmarsch Tag vier des Kammertheater-Gastspiels eingeläutet.
Das Publikum wurde von Beginn an durch italienische Evergreens zum Mitsingen animiert und in die wilden Hochzeitsvorbereitungen einer deutsch-italienischen Trauung hinein katapultiert: Im Kirchheimer Romantikhotel Spitz trafen die temperamentvolle Italienerin Laura und ihr schüchterner Bräutigam Thomas auf eine übermotivierte Wedding-Plannerin und einen lüsternen, geldaffinen Priester. Aufgrund der Naivität des Hochzeitspaares und der chaotischen Organisation von Maike Katrin Merkel als verliebte Wedding-Plannerin jagte in den folgenden 90 Minuten, fast schon slapstickartig, eine skurrile Szene die nächste. Im einen Moment wurde der Bräutigam, gespielt von Manuel Dengler, Perdona-singend und tanzend von der Braut am Rücken eingerenkt, während sein Zwillingsbruder sturzbetrunken vom Junggesellenabschied zurückkam. Im nächsten Augenblick betitelte die biestige, singende Schwiegermutter die Braut als Maffia-Torte und Schwiegerpapa vergnügte sich mit Samantha in Lack und Leder. Von italienischen Hits wie „Buona Sera“ über „Volare“ bis hin zu „Felicita“ angefeuert, suchten auch die Tanzeinlagen des Ensembles ihresgleichen.
Das Geschehen auf der mobilen Bühne, auf der die Darsteller beispielsweise aus einem Bett plötzlich einen Empfangstresen und schlussendlich einen Altar zauberten, wurde immer wieder mit Szenenapplaus und herzhaftem Lachen aus dem Publikum kommentiert. Für eine besonders heitere Episode sorgte Maja Sikora in der Rolle der Braut Laura, die sich am Nagellackentferner high schnüffelte, in andere Sphären entglitt und in diesem Zustand „O Sole Mio“ schmetterte.
Plumpe Übergänge amüsieren
Der Handlung des Stücks mangelte es zeitweise an Tiefe, sodass sich die Übergänge zu den Musikstücken teilweise, manchmal sogar gewollt, plump gestalteten. Das jedoch führte wiederum zu einer gewissen Komik, die dem Zuschauer während des gesamten Abends ein Lächeln aufs Gesicht zauberte. Dem Können der Schauspieler, die während des Stückes in etliche Rollen schlüpften und mitunter anspruchsvolle, mehrstimmige Musikstücke zum Besten gaben, tat dies allerdings keinen Abbruch. Gegen Ende zogen am Open-Air-Himmel dann doch noch dunkle Wolken auf, aber Laura und Thomas heirateten trotzdem. Und als die ersten Regentropfen fielen, gaben sich auch der Priester, der sich von der Katholischen Kirche abwendete, und seine Wedding-Plannerin das Jawort.
Nach den berührenden Worten von Schauspieler Christian Bindert „Es tut so gut, nach über einem Jahr wieder auf der Bühne zu stehen“, entließ das Ensemble das beschwingte Publikum mit dem Hit „Ciao Bella“ in den nächtlichen Regen.
Mobile Bühne wie früher beim „Fahrenden Volk“
Im Dezember 2020 machte der Geschäftsführer des Kammertheaters Bernd Gnann aus der Not eine Tugend und baute mit seinem Team eine mobile Bühne: „In Zeiten von Youtube und Corona mussten wir umdenken – wenn also das Publikum nicht zu uns kommt, kommen wir zu ihm.
Gesagt, getan: Gnanns langjährigem Freund Thomas Oßwald, dem BDS, Sponsoren und der Zustimmung der Stadt Kirchheim ist es zu verdanken, dass das Kammertheater in der Teckstadt Station machen konnte.as