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Was Gastronom Uli Hokenmaier nach dem Bürgerkeller plant

Gastronomie Schinderhannes, Gemeindehalle Jesingen, Altes Rathaus Notzingen, Catering in der Kirchheimer Stadthalle, Bürgerkeller Schlierbach: Jetzt wirft Vollblutwirt Uli Hokenmaier das (Küchen-)Handtuch. Von Irene Strifler

Wer an seine Rouladen denkt, dem läuft das Wasser im Mund zusammen, so zart war das Fleisch, so lecker gewürzt das Gericht. So gut wie nie hat’s die Spezialität auf die offizielle Speisekarte im Schlierbacher Bürgerkeller geschafft, denn Stammkunden sicherten sich ihre Ration, sobald sie von einer neuen Rouladenaktion Wind bekamen. Ähnlich verhielt es sich mit dem Gänsebraten, der auch dieses Jahr wieder bis Weihnachten ausgebucht ist. Auf nächstes Jahr können die Fans nicht hoffen, denn das wird es nicht geben. Uli Hokenmaier und seine Frau Gaby machen am Zweiten Weihnachtsfeiertag die Schotten dicht. Für immer.

Was bewegt den Vollblutkoch dazu, noch einige Jahre vor dem Rentenalter das (Küchen-)Handtuch zu werfen? Eine Art „Koch-Verdrossenheit“ ist es nicht, denn der Wirt schwingt weiter den Kochlöffel – aber voraussichtlich in einer Kantine in einem

 

Mein Traum ist, einen Film ab 20.15 Uhr im Fernsehen anschauen zu können.
Gaby Hokenmaier freut sich auf arbeitsfreie Abende, unter anderem mit vielen Bergdoktor-Folgen.
 

Seniorenzentrum im Kreis Göppingen. Wird man seine Kunst dort zu schätzen wissen? „Gerade da!“ sagt der langjährige Weilheimer, der bereits nach Wäschenbeuren umgezogen ist. Echtes Kartoffelpüree, Bodenständiges wie Sauerbraten mit Knödeln und Rotkraut, das trifft den Geschmack der älteren Generation ganz besonders.

Was dem Koch aber noch wichtiger ist als überschwängliches Lob, das sind geregelte Arbeitszeiten: Jahrzehntelang war in seinem Leben das Gegenteil der Fall, und das hat ihm immer mehr zu schaffen gemacht. Jetzt zieht er aus gesundheitlichen Gründen die Reißleine. In den fast 30 Jahren seiner Selbstständigkeit in wechselnden Restaurants kannte er kaum Urlaub und keine freien Wochenenden. „Mein Traum ist, mal einen Film anzuschauen, der im Abendprogramm ab 20.15 Uhr läuft“, lacht seine Frau Gaby, stets seine wichtigste Mitarbeiterin, und witzelt: Sobald der Bürgerkeller zu sei, wolle sie sich als erstes „alle Folgen vom Bergdoktor reinziehen“. 

Ihren Job haben die Hokenmaiers trotzdem stets mit Herzblut gemacht. Zumindest bis die Umstände immer schwieriger wurden und die Einnahmen sanken. „Es nervt, wie mit der Gastronomie umgegangen wird“, schimpft der Koch. Schließlich hätten sie im Bürgerkeller die Preise in der Corona-Zeit nicht erhöht. „Wir sind nicht skrupellos“, meint der

 

Ein Kinderessen, das über zehn Euro kostet, ist für Familien nicht bezahlbar.
Uli Hokenmaier hat genug vom Spagat zwischen Wirtschaftlichkeit und Skrupellosigkeit.

 

Familienvater und nennt ein Beispiel: „Ein Kinderessen, das über zehn Euro kostet, ist für Familien nicht bezahlbar.“ Dennoch kämen die Wirte wohl angesichts des bald nicht mehr ermäßigten Mehrwertsteuersatzes und der hohen Winterpreise nicht mehr um Preiserhöhungen herum.

Den Hokenmaiers kann das nun egal sein, und so sind sie überzeugt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben – auch wenn sich Wehmut breit macht. Außer der Küche trägt auch die liebevolle Deko im Bürgerkeller die Handschrift des Wirts, Stammkunden verabschieden sich teils mit Geschenken.  Zwar hat sich das Ausgehverhalten nach Corona verändert, generell gönnt man sich seltener ein Essen auswärts. Dennoch hat Uli Hokenmaier mehr Wertschätzung denn je gespürt. Einen Grund dafür sieht er in der Tatsache, dass immer mehr traditionelle deutsche Wirtschaften wie seine verschwinden. Jetzt dürfen sich vielleicht bald die Senioren seine Rouladen auf der Zunge zergehen lassen.

 

Für Gaby gab’s Rösti in Herzform

1965 kam Uli Hokenmaier im Kreis Göppingen zur Welt. Nach der Schule machte er eine Kochlehre in der Linde in Göppingen-Wangen. Mit 22 Jahren war er Küchenchef in drei Göppinger Restaurants.

Nach Kirchheim verschlug es ihn als Küchenchef des damaligen Parkhotels. Dort lernte er seine Gaby kennen, die als Physiotherapeutin arbeitete und von ihm mit Rösti in Herzform überrascht wurde.

1995, vor fast drei Jahrzehnten, machte sich Uli Hokenmaier als Wirt selbstständig. Er übernahm die Jesinger Gemeindehalle, die er als „Uli’s Gaststube“ betrieb, teils mit Unterstützung seiner Schwester.

Während der Jesinger Zeit bis 2011 caterte Uli Hokenmaier unter anderem mehrfach den Teckboten-Presseball in der Stadthalle. Ein Jahr lang betrieb er zudem den Kirchheimer „Schinderhannes“.

Insgesamt sechs Jahre lang, von 2012 bis 2017, bewirtschafteten die Wirtsleute das „Alte Rathaus“, zuvor bekannt als „Sandsäckle“, in der Ortsmitte der Gemeinde Notzingen.

Seit 2017 waren die Hokenmaiers Pächter des Schlierbacher Bürgerkellers im Alten Farrenstall, bekannt als „Hokenmaiers Bürgerkeller“. Die Gemeinde sucht derzeit noch einen Nachfolger. ist