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Weilheim steigt ins E-Carsharing ein

Mobilität In Kooperation mit dem Calwer Anbieter „deer“ schafft die Stadt ein elektrisch betriebenes Teilauto an. Wo es stehen soll, wie man es nutzen kann und was das Carsharing kostet. Von Bianca Lütz-Holoch 

Ganz aufs Auto verzichten – damit tun sich vor allem Menschen außerhalb von Großstädten schwer. „Der motorisierte Individualverkehr wird in Kommunen wie Weilheim, die über keinen attraktiven Bahnanschluss verfügen, noch lange wichtig sein“, sagt Weilheims Bürgermeister Johannes Züfle. Jetzt investiert die Stadt in klimafreundliche Alternativen. In Kooperation mit dem Calwer Unternehmen „deer“ führt Weilheim E-Carsharing ein. 

 

Der motorisierte Individualverkehr wird in Kommunen wie Weilheim noch lange wichtig sein.
Johannes Züfle
Weilheims Bürgermeister über Mobilität in Orten, die nicht über einen Bahnanschluss verfügen.

 

Fürs erste soll die Stadt unter der Limburg ein elektrisch betriebenes Teilauto bekommen. Der Standort für die Carsharing-Basis steht bereits fest: Zwei Stellplätze auf dem Parkplatz bei der katholischen Kirche in der Brunnenstraße hat die Stadtverwaltung dafür vorgesehen. Außerdem zahlt die Kommune die Kosten für die Tiefbauarbeiten, die erforderlich sind, um die dazugehörige Ladestation mit zwei Ladeplätzen anzuschließen. Um rund 10 000 Euro handelt es sich dabei. Alles andere übernimmt die Firma „deer“: Sie stellt Auto und Ladesäule bereit, bietet eine Buchungs-App und eine 24-Stunden-Hotline an.

Wer das Teilauto nutzen möchte, mietet es direkt bei dem Calwer Carsharing-Unternehmen. In der Regel funktioniert das so: Interessierte registrieren sich in der deer-App und lassen ihren Führerschein und ihre Identität virtuell oder vor Ort beim Unternehmen kontrollieren. Anschließend können sie das Auto per App – oder alternativ per Telefonhotline – für einen Zeitraum buchen. Auf- und abgeschlossen wird das Fahrzeug per Handy. Schlüssel und Ladekarte sind im Handschuhfach deponiert.

Einwegfahrten sind möglich

Die Kosten für Fahrten mit dem Teilauto richten sich nach der Buchungsdauer. „Es gibt Stundentarife und Tagestarife“, sagt Johannes Züfle. Pro Stunde zahlen Nutzer 9,90 Euro, der Tag kostet 69,90 Euro. Eine Kilometerbegrenzung existiert nicht. Wochenendtarife bietet das Unternehmen übrigens ebenfalls an.

Praktisch: „Es sind auch Einwegfahrten möglich“, erläutert Weilheims Bürgermeister. Das heißt, das Auto kann nicht nur in Weilheim, sondern auch an anderen Orten mit „deer“-Ladestationen zurückgegeben werden. Um die Rückführung kümmert sich das Unternehmen. Es kooperiert mittlerweile mit rund 200 Kommunen, 170 davon befinden sich in Baden-Württemberg. Auch im Kreis Esslingen und im Nachbarlandkreis Göppingen wächst das Netzwerk. Zuletzt hat sich die Gemeinde Bissingen für eine Kooperation mit „deer“ entschieden. Bereits im Boot sitzen auch Zell unter Aichelberg, Schlierbach, Bad Boll, Hattenhofen, Beuren, Neckartenzlingen und Denkendorf. Übrigens: Eine Miet- und Rückgabestation gibt es auch am Stuttgarter Flughafen. Wer das Teilauto allerdings dort abstellt oder mietet, muss eine Extra-Gebühr zahlen.

Ladestation für alle

Vorteile hat das neue Angebot gleich mehrere. Zum einen fördert es klimafreundliche Mobilität. Zum anderen sollen die Weilheimer ganz konkret davon profitieren. „Wer sein Zweit- oder Drittfahrzeug abschafft und aufs Teilauto umsteigt, kann Kosten sparen“, so Züfle. Das wiederum würde die Parkplatzsituation in Weilheim entzerren. Nicht zuletzt steht einer der beiden Parkplätze an der Ladesäule auch allen zur Verfügung, die selbst ein E-Auto besitzen und es aufladen möchten.

Ein Carsharing-Auto ersetzt zehn private Pkw

Der E-Carsharing-Anbieter „deer“ wurde 2019 gegründet und ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Energie Calw. Seit 2017 bietet sie E-Carsharing für die Öffentlichkeit an, zunächst im Raum Calw, und baut parallel dazu die Ladeinfrastruktur aus.

23 Stunden pro Tag stehen private Autos laut „deer“ ungenutzt herum. Ein Carsharing-Fahrzeug kann dem Unternehmen zufolge rund zehn Privatfahrzeuge ersetzen.