Umwelt
Weilheimer Bäcker kriegt’s jetzt „klimafit“ gebacken

Wie sich Klimaschutz auch für kleine Unternehmen rechnen kann, zeigt die Bio-Bäckerei Scholderbeck aus der Zähringerstadt und kann das mit Zahlen aus ihrer Bilanz belegen.

Vater-Sohn-Projekt: Bernd Sigel (l.) hat die Leitung der Klimafit-Bilanzierung seinem Sohn Pirmin überlassen.  Foto: Carsten Riedl

Auch kleine Unternehmen können einen Beitrag zur Senkung der Treibhausgase leisten: mit einer eigenen „Klimabilanz“. Dies ist jedoch eine Wissenschaft für sich. Die Weilheimer Bio-Bäckerei Scholderbeck hat sich dafür beim „Klimafit-Programm“ des Landes Baden-Württemberg angemeldet. Der Familienbetrieb mit Geschäftsführer Bernd Sigel und seiner Frau Eve Neubold-Sigel hat dabei einen besonderen Trumpf im Ärmel gehabt:

 

„Wir wollen irgendwann den gesamten Strom für die Produktion selbst erzeugen.

Bernd Sigel, Geschäftsführer der Bäckerei Scholderbeck

 

Sohn Pirmin, der Wirtschaftsingenieurwesen studiert und sich für das Projekt ein Dreivierteljahr Zeit genommen hat. Unterstützt wurde er dabei vom Beratungsunternehmen Arqum. Gemeinsam hat man sich auf die Such nach „Emissionshotspots“ gemacht, um dann im nächsten Schritt auch Verbesserungen sichtbar zu machen. „Das Erstellen einer solchen Klimabilanz ist dank der Unterstützung von Arqum auch ohne Vorkenntnisse möglich“, sagt Pirmin Sigel. Ganz neu war das Thema für Scholderbeck ohnehin nicht. „Wir haben von 2022 auf 2023 bereits neun Prozent Emissionen eingespart, die exakten Auswirkungen jedoch noch nicht in einer Klimabilanz zusammengefasst“, sagt Sigel junior. Unter anderem hat das Weilheimer Unternehmen im Jahr 2023 eine Photovoltaik-Anlage mit einer Leistung von 56,8 Kilowattpeak auf das Firmendach gesetzt – und „nebenbei“ noch 70.000 Kilowattstunden eingespart. „In der Wirtschaftsbilanz hat sich das leider nicht direkt bemerkbar gemacht: Die Strompreise sind durch die Ukraine-Krise in die Höhe geschnellt“, sagt Pirmin Sigel.

Außerdem hat die Bäckerei in Weilheim in einen neuen Holzbackofen investiert. Der wird mit Holzpellets statt mit Scheitholz beheizt: Das direkt in der Backkammer mit offener Flamme verbrennende Holz heizt die Steinwände der Backkammer auf. „Im Vergleich zum brennenden Scheitholz verbrennt diese neue Art der Befeuerung deutlich sauberer. Deshalb müssen die Abgase der Verbrennung nicht mehr wie in der Vergangenheit aufwändig mithilfe einer Abgasnachverbrennung nachverbrannt werden“, sagt Bernd Sigel. Der Effekt ist enorm: Dadurch können 50.000 Kilowattstunden Gas pro Jahr eingespart werden.

Die neue Technologie hat noch einen weiteren Vorteil: „Der neue Ofen stellt eine erhebliche Arbeitserleichterung die Bäcker dar“, sagt Bernd Sigel. Dadurch steigert er nicht nur die Produktivität, sondern verringert auch die Emissionen. Auf diese Win-win-Situationen legt er besonderen Wert, und er betont, dass seine Bemühungen keine realitätsfernen Träumereien von einer grünen Zukunft seien, sondern handfesten Nutzen bringen.

Bei der Erstellung der Klimabilanz werden die Energieverbräuche in den verschiedenen Unternehmensbereichen ermittelt, Roh- und Betriebsstoffe quantifiziert und der Transport der Waren ebenso berücksichtigt wie der Abfall, der bei der Produktion anfällt. „Man muss auch bewerten, welche Daten für einen Sinn ergeben“, warnt Pirmin Sigel vor zu viel Detailversessenheit. Aus diesem Grund gibt es die „Wesentlichkeitsanalyse“, die ermittelt, welche Bereiche für die Bilanz ausschlaggebend sind.

Im letzten Schritt mussten die erhobenen Daten bewertet werden. Dabei half ihnen aber die Agentur, zum Beispiel als es darum ging, das CO2-Äquivalent für diverse Rohstoffe herauszufinden, das kann zumindest beim ersten Mal eine Sisyphusarbeit sein.

Natürlich ist es schön, wenn man seinen „Beitrag zu den regionalen und globalen Klimaschutzzielen“ leistet, wie es auf dem Klimafit-Prospekt heißt. Aber Bernd Sigel hat auch einen handfesten Grund, schließlich ist er auch Unternehmer und Chef von 140 Mitarbeitern. „Bei Investitionen bekomme ich mit einer Klimafit-Zertifizierung bei bestimmten Banken bessere Kreditkonditionen“, sagt er. Banken, die in Klimaschutz investieren, müssen weniger Eigenkapital hinterlegen. Diese finanzielle Anreize reichen sie an ihre Kunden weiter. 

Der ganze Prozess – Konvoi genannt – ist nach insgesamt sieben Monaten abgeschlossen, aber nicht die Arbeit. „Man wird sensibilisiert, sagt Bernd Sigel. Es gebe jetzt eine Systematik, sodass zukünftig die Wirksamkeit von Veränderungen in der CO2-Bilanz direkt überprüft werden können. Auch seine Mitarbeiter würden mehr auf Verbräuche achten, selbst beim Weg zur Arbeit.

„Wir wollen irgendwann unseren gesamten Strom für die Produktion selbst erzeugen“, sagt er. Das Handeln habe Konsequenzen für nachfolgende Generationen, und da sei Deutschland international nicht alleine unterwegs, sagt Pirmin Sigel, im Gegenteil: „Im Studium sind Chinas Studenten im Vergleich viel weiter bei Nachhaltigkeitsthemen. Das bekommen wir hier nur gar nicht mit.“