Weilheim und Umgebung
Weilheimer Betriebe brauchen neue Flächen

Diskussion Der Mangel an Erweiterungsmöglichkeiten für Weilheimer Unternehmen war eines der Hauptthemen beim Infoabend zum Gewerbegebiet Rosenloh in Weilheim. Von Bianca Lütz-Holoch

Wird es im Weilheimer Rosenloh neue Gewerbeflächen für lokale Betriebe geben und darf der Brennstoffzellenhersteller Cellcentric nebenan ein „Klimawerk“ bauen? Über beides entscheiden die Einwohner Weilheims am 24. April in einem Bürgerentscheid. Bei einer Infoveranstaltung in der Limburghalle kamen nun erneut alle Fakten und Positionen auf den Tisch. Zudem waren Zuhörer aufgerufen, Fragen zu stellen. Rede und Antwort standen Vertreter von Stadtverwaltung, Bürgerinitiativen und Bürgerwerkstatt, von Cellcentric, IG Metall, Wirtschaftsregion Stuttgart, Verkehrsplanung und Umweltministerium.

Ein Themenkomplex brannte den Fragestellern – die vor Ort oder online zuhören konnten – dabei offenbar ganz besonders unter den Nägeln: Der Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen in Weilheim sowie Erweiterungsmöglichkeiten für lokale Betriebe. Die Nachfrage nach Gewerbeflächen in Weilheim sei immens, betonte Weilheims Bürgermeister Johannes Züfle. „Uns liegen Anfragen über 46 Hektar Gewerbeflächen vor – ohne Cellcentric.“ Insgesamt handle es sich dabei um 37 Interessenten, 19 davon aus Weilheim. Angebote dagegen gebe es kaum: „Aktuell steht keine städtische Gewerbefläche zum Verkauf“, so Züfle. Klar ist damit auch: Selbst mit einem neuen Gewerbegebiet Rosenloh kann die Stadt nicht alle Interessenten berücksichtigen.

 

Dann sind wir weg.
Oliver Siegler
Der Weilheimer Unternehmer über die einzige Option, die ihm mit seiner Firma bleibt, wenn das neue Gewerbegebiet nicht kommt.
 

Einige dieser Interessenten waren gekommen und meldeten sich bei der der Publikums-Fragerunde zu Wort. „Es ist sehr schwierig, Flächen zu finden“, sagte etwa Oliver Siegler von der Weilheimer Firma Pro Glass. Sein Unternehmen wachse, er müsse erweitern. Würden in Weilheim keine neuen Gewerbeflächen entstehen, bleibe ihm nur eine Option: „Dann sind wir weg“, stellte er klar.

Ähnlich argumentierte Markus Heilenmann von Zweirad Heilenmann. „Wir als Weilheimer möchten gerne in Weilheim bleiben“, sagte er. Dazu brauche es aber neue Flächen, sonst müsse das Unternehmen mit seinen mehr als 30 Mitarbeitern wegziehen. „Warum können wir nicht einfach das Gewerbegebiet Rosenloh freigeben, und danach ist Schluss?“ regte er einen Kompromiss in Sachen Versiegelung von Flächen an.

Auch der Weilheimer Bauunternehmer Norbert Renke zeigte Verständnis für die Bedenken der Umweltschützer zum Flächenverbrauch. Er erinnerte aber zugleich daran, dass bei einem Nein zum Gewerbegebiet auch den 300 Mitarbeitern von Cellcentric in Nabern eine Abwanderung ihrer Arbeitsplätze drohe. „Wo sehen Sie denn die künftigen Arbeitsplätze für Cellentric und die Weilheimer Firmen?“ fragte er an die Vertreter der Bürgerinitiative Rosenloh gerichtet, die sich gegen das Gewerbegebiet Rosenloh und gegen die Ansiedlung von Cellcentric ausspricht.

Bürgerinitiative: „Billigste Variante“

Volker Osdoba, ein Vertreter der Bürgerinitiative Rosenloh, verwies auf Flächen im Neckartal, die frei würden und aus seiner Sicht geeignet seien. Seine These: Es gehe vor allem ums Geld. Der Standort Weilheim sei eben die „billigste Variante“. Besser fände er es da noch, wenn Cellcentric auf dem Flugplatz in Nabern baue. „Die Fläche ist für uns sowieso wertlos“, ging Volker Osdoba auf die Position des Umweltschutzes ein und berief sich auf die oberste Prämisse der Bürgerinitiative Rosenloh: „Die Nicht-Versiegelung von Acker- und Freiflächen.“

Seine Mitstreiterin Rebecca Zabel versicherte, dass sie sich nicht gegen die Erweiterung lokaler Betriebe stelle. Sie möchte jedoch vor allem auf Nachverdichtung in Gewerbegebieten setzen – eine Option, die Stadtverwaltung und Unternehmen zufolge in Weilheim im gefragten Umfang aber gar nicht existiert.

Erstmals trat bei einer Veranstaltung auch die zweite Weilheimer Bürgerinitiative auf, die sich unter dem Namen „Stark für Weilheim“ aus dem Gewerbeverein heraus gebildet hat. „Unser Ziel ist, dass Weilheim auch für künftige Generationen attraktiv und lebenswert bleibt“, sagte Sybille Bauer, Geschäftsführerin von Omnibus Fischer als Vertreterin der Initiative. Dafür brauchten die Betriebe auch die Möglichkeit zu erweitern. „Sonst wandern sie ab und Arbeitsplätze gehen verloren.“

Geeignete Ausgleichsmaßnahmen sind möglich

Nach der Kritik der Bürgerinitiative Rosenloh an häufig absurden Ausgleichsmaßnahmen sprach Dr. Reinhold Schaal von der Naturschutzabteilung des Umweltministeriums zu dem Thema. „Unser Anliegen ist es, nicht nur einen rechtlichen, sondern auch einen funktionellen Ausgleich zu schaffen“, betonte er. Seine Botschaft: Richtig umgesetzt, lasse sich auf relativ wenig Fläche ausreichend Lebensraum für genau die Tier- und Pfanzenarten schaffen, die durch ein Gewerbegebiet verdrängt werden.

Die Pläne für das Gewerbegebiet Rosenloh

Auf 30 Hektar Fläche ist im Norden Weilheims das Industriegebiet Rosenloh geplant. Davon möchte auf 15 Hektar der Naberner Brennstoffzellenhersteller Cellcentric eine Brennstoffzellenfabrik bauen, die er „Klimawerk“ nennt. Auf zehn Hektar sollen örtliche Betrieben bauen können, die restlichen fünf Hektar werden für eine eine Umgehungsstraße- und Erschließungsstraße benötigt, die unter anderem die „Aral-Kreuzung“, einen Verkehrsknotenpunkt in Weilheim, entlasten soll.

Für das Gewerbegebiet ausgesprochen hat sich bereits die Bürgerwerkstatt, die im Rahmen eines Beteiligungsformats ein Bürgergutachten erstellt hat. Auch der Weilheimer Gemeinderat hat sich mit großer Mehrheit zu dem geplanten Gewerbegebiet und der Ansiedlung von Cellentric bekannt.

Die Entscheidung allerdings liegt bei den Weilheimer Bürgern. Sie stimmen am 24. April bei einem Bürgerentscheid mit „ja“ oder „nein“ über die Frage ab: „Sind Sie dafür, im Bereich Rosenloh circa 30 Hektar Gewerbeflächen für ortsansässige Unternehmen, die Ansiedlung für Klimaschutz-/Technologieunternehmen sowie den Bau einer Entlastungsstraße zu ermöglichen?“