Wirtschaft
Weilheimer Hotel macht’s vor: Kein Personal? Die Lösung ist digital

Mit dem Gasthof Zur Post setzt der Weilheimer Karl-Heinz Raff auf digitales Check-in und digitale Rechnungsstellung. Er wünscht sich Nachahmer.

Karlheinz Raff hat den Hotelbetrieb des Hotel-Gasthofs „Zur Post“ digitalisiert. Für die Zukunft denkt er an den Einsatz von KI.  Fotos: Carsten Riedl

Dass Digitalisierung nur etwas für Großbetriebe ist, darüber kann Karl-Heinz Raff nur müde lächeln. Er findet es sogar komisch, dass nicht mehr Kleinbetriebe wie sein Hotel-Restaurant „Zur Post" in Weilheims Stadtmitte voll auf digitale Unterstützung setzen. „Nirgendwo sparst du besser als bei dir selbst“, ist er überzeugt.
 

Nirgendwo sparst du besser als bei dir selbst.

Karl-Heinz Raff, Besitzer des Hotel-Restaurants „Zur Post“ 
 

Zwar hat er für sein 20-Betten-Hotel seit November vergangenen Jahres rund 30.000 Euro investiert, spart dafür aber ein erhebliches Maß an Zeit ein, die er und seine Schwester Alexandra Schäfer für den laufenden Betreib aufwenden müssen. An ihnen bleibe viel hängen, die digitalen Hilfsmittel schaffen Freiräume. „Es gibt gerade in unserer Branche viele Betriebe, die wegen Personalmangels schließen. Das muss nicht sein“, sagt er.

Durch das neue digitale Buchungssystem können etwa Reisende, die während der Fahrt eine Unterkunft buchen wollen, direkt auf www.zurpost-weilheim.de ein Zimmer reservieren und bezahlen. Dann bekommen sie im nächsten Schritt einen digitalen Schlüssel, der sie zeitlich unabhängig macht. Nach der Buchung kommt eine E-Mail mit einem Link, darüber öffnet sich das Anmeldeformular. Nach Abschluss des Vorgangs öffnet sich die Log-in-Seite mit dem digitalen Türöffner. Dabei handelt es sich um Balken auf der Handy-Oberfläche, mit denen man das Schloss an der Haupttür entriegeln oder die Zimmertür öffnen kann.

Tür aufmachen per Handy: Funktioniert! Foto: Carsten Riedl

 

Per Handy die Tür öffnen

Der Autor dieser Zeilen wollte es selbst versuchen und hat den Buchungsprozess gemacht. Es funktioniert: Mit einem Fingerstrich ist die Tür auf und der Zugang möglich. Bezahlen können die Kunden über die gängigen Online-Zahlmodelle ebenfalls per Handy. Kleinere Probleme kann der Hotelbesitzer ebenfalls von zu Hause aus regeln: Falls ein Handyakku leer ist, die Website abstürzt oder jemand aus anderen Gründen nicht mehr ins Zimmer kommt, kann Raff von daheim aus die Tür entriegeln. 

Der Spontangast mit Anreise um 23 Uhr zahlt im Voraus mit den gängigen Zahlungssystemen, wer im Auftrag einer Firma unterwegs ist, bekommt das Log-in natürlich auch. „Die Rechnung wird nach dem Auschecken verschickt und in die Buchhaltung eingespeist“, sagt Raff. Selbst eingreifen muss er dabei nicht.

Dadurch sparen sich die Betreiber die Nachtportiers ein. „Da finden sie heute doch keinen mehr“, sagt Karl-Heinz Raff. Somit kann es passieren, dass er manche Gäs­te erst beim Frühstück oder beim Check-out, sieht. Für das Profil seiner Gäste ist das völlig in Ordnung: In der Regel sind es Monteure, Messe-Besucher oder Winterurlauber auf dem Weg in die Alpen, die nur für eine Nacht buchen – Holländer zum Beispiel. Auch zur Fußball-EM habe es bei ihnen einige Gäste gegeben. Mit insgesamt 15 Angestellten hält er den „menschlichen“ Betrieb in Hotel und Restaurant von 6 bis 15 Uhr und von 17 bis 21 Uhr aufrecht, Samstag ist Ruhetag. Das Hotel alleine schaffe man auf diese Art zu zweit, sagt er. Digital hat das Hotel 24/7 geöffnet.

Sein System wurde extra für ihn angepasst, der Entwickler sitzt in Süßen. „Deutschlands größtes Hotel, das Estrel in Berlin mit 1125 Zimmern, hat es auch. Dort waren früher nachts 20 Rezeptionistinnen im Einsatz, heute nur noch acht. Die Gäste können aber genauso an digitalen Terminals einchecken“, sagt der 39-Jährige, der sich schon immer für Trends in der IT-Branche interessiert hat.

„Die Gastro- und Hotelbranche klagt zu viel über Personalmangel, dabei gibt es so viele digitale Lösungen“, sagt er. Er habe das System seit November, aber schon jetzt weniger Arbeit, obwohl noch nicht alles angepasst wurde. Karl-Heinz Raff denkt schon über den nächsten Schritt nach: „Einen KI-gestützten Telefonassistenten für die Rezeption, der Reservierungen für Tische im Restaurant und für Zimmer annehmen kann“, denkt er laut nach. Er führt das Hotel seit 2014 in dritter Generation und mittlerweile auch in die digitale Zukunft.