„Das Schöne in einer kleingliedrigen Weinregion ist, dass die Zusammenarbeit unter den Winzern funktioniert. Wir müssen alle gemeinsam den Neuffener Wein bewerben“, fasst Winzerin Elke Muckenfuß das Projekt Sommerabend im Weinberg zusammen. „Die Veranstaltung spiegelt das ganze Repertoire wider. Jeder Winzer hat seinen eigenen Stil. Das kommt bei den Leuten super an.“
Zum Reden kommt die Neuffenerin beim Marathon zwischen Ausschank und Kühlbadewanne für den Nachschub nicht wirklich: „Die Voraussetzungen für Wein sind hier schon immer gut. Die Reben stehen gerade top da, mit einem super Blühverlauf, die Beeren haben sofort angesetzt.“ In den Jahrgang 2025 setzt Elke Muckenfuß ganz große Hoffnungen.
Eine kleingliedrige Weinregion mit einer Vielfalt unterschiedlicher Winzer
„Die Vielfalt macht das Ganze interessant“, für den seit Generationen traditionell ausgerichteten Weinbaubetrieb von Jörg und Andrea Sterr in Frickenhausen ist der Sommerabend im Neuffener Weinberg der Vertriebskanal schlechthin. Wenn Jörg Sterr vom Weinmachen erzählt, denkt er an seinen Großvater, der seine Rebfläche noch in Frickenhausen bewirtschaftete. 2009 kauften die Sterrs 21 Ar in Neuffen dazu. Mit „klasse Sorten, teils auf sehr alten Stöcken“, so der Winzer: Silvaner, Kerner und Dornfelder für den kernigen Rosé.
Eine „Liebhaberei in kleinen Gebinden“, so Sterr. Die viele Handarbeit, die dabei anfällt, scheut der Winzer nicht. Mit der rauen Arbeitshand weist er in seinen Wengert: „Da passt kein Traktor durch. Die Stöcke tragen kleine Beeren. Sie sind tief verwurzelt. Ich baue meine Weine komplett selber aus. Trocken, durchgegoren und ohne Restsüße, wie bei meinem Großvater. Meine Weine sind nicht gefiltert. Ich setze einen anderen Akzent.“ In einem schlechten Jahr wie 2024 produziert Sterr je Sorte 200 bis 300 Liter.
Die Weinliebhaber kommen von überall her
Wo zwei hart im Hang arbeiten, freut sich die Dritte: Urgestein Rita Schmitt aus Balzholz sitzt mit einem schimmernden Rosé im Glas und ihrer Freundin zwischen den Rebstöcken und erinnert sich an zwei Generationen Weinbau in Balzholz und Neuffen: „Der Vater hatte 60 Ar Müller-Thurgau aus der Landwirtschaft heraus. Der hot katzadengalet. Den gab's zom Geburtstag vom Vadder. Den han I gar et meega.“ Eine Freundesclique aus Kirchheim, Tischardt und Hochheim lobt den im Weinberg kredenzten Tropfen: „Es gibt gute Weine in Neuffen. Es lohnt sich, dass man sich damit befasst.“
Anfangs nur „eine reine Bauchgeschichte“
„Aus der Sicht der Generation meiner Eltern war der Täleswein eher abfällig“, erinnert sich der Cannstatter Weinpionier Frank Haller. Sein Engagement im Bioweinbau in Neuffen war zunächst „eine reine Bauchgeschichte: Da hätte ich auch gerne einen Weinberg“, sagte er bei einem Spaziergang durch die Beurener Flur zu seiner Frau. Mit einer Kleinanzeige im Beurener Blättle fing 2015 seine Alb-Geschichte an: „Der Kollege Schnaitmann in Fellbach hat mir zugeraten. Anders als in Bad Cannstatt haben wir hier genügend Wasser und die kühlen Nächte, die der Wein zur Aromabildung braucht.“ Von insgesamt zwei Hektar Betriebsfläche liegen inzwischen 1,3 Hektar in Beuren und Neuffen.
Im Angebot bei Haller: „Die große Württemberger Mischung“ mit der Leitsorte Silvaner, Dornfelder, Lemberger, Riesling und a bissle Kerner. „Der Weißburgunder ist eine traditionelle Geschichte mit ausschließlich positiven Erfahrungen beim Stuttgarter Publikum“, beschreibt Frank Haller: „Die Alb-Weine sind von der Stilistik mineralischer und feiner im Aroma. Sie sind in der Vegetation hinterher und daher oft leichter – im positiven Sinne.“
In Beuren wächst indes ein Chardonnay heran, aus dem der Winzer bald einen sortenreinen Sekt herstellen will. Am Ausschank im Neuffener Weinberg geht die Kühlschranktür auf und gibt die ganze Linie der „0711er“ preis. Haller: „Die Marke fürs Porschemuseum. Der Inhalt stammt komplett aus Neuffen.“ Haller Weinbau ist seit 2024 komplett Bio-zertifiziert. Ob er so etwas wie ein Alb-Botschafter fürs Unterland sei? – „Nein, gewiss nicht“, meint Haller, „das ist der Helmut Dolde aus Frickenhausen.“
Eine Parzelle unterm Hohenneuffen
„Mein eigenes Weingut liegt am Schwarzrieslingweg. Seit Frühjahr 2024 bewirtschafte ich hier 0,5 Hektar. Seit Mai ist der erste Jahrgang verfügbar: Sauvignon und Schiller“ aus dem Barrique, beschreibt Annalena Götz von der Weinmanufaktur Blumenstock. Ihre Parzelle unterm Hohenneuffen hat die ehemalige pfälzische Weinprinzessin von der Ermstälerin Petra Bächner gepachtet. In Dettingen Erms nutzt sie für ihr ambitioniertes Start-up auch deren gesamte Infrastruktur.
Gleich nach dem Abitur machte Annalena Götz eine Ausbildung zur Winzerin in der Pfalz, an der Grenze zu Frankreich. Daran schloss sich das Weinbau-Studium in Geisenheim im Rheingau an. Zweieinhalb Jahre war die Dettingerin als zweite Kellermeisterin die rechte Hand des Chefs im renommierten Weingut Emmerich Knoll in der Wachau in Österreich. „Eine sehr ursprüngliche, schöne Zeit“, nennt sie ihre Erfahrung im Burgund, auf zwei biodynamischen Weingütern, mit viel Handarbeit und Pferdeeinsatz. Der Name „Blumenstock“, den sie für ihre Weinmanufaktur gewählt hat, stammt aus der Linie der Mutter. „Ich will hier schon auch Rotwein machen“, sagt die Winzerin, „trockene Weine mit Frucht und möglichst wenig Eingriffen.“
Der Trend geht in Richtung trocken
„Der Trend geht Richtung trocken“, so die Erfahrung von Jürgen Pfänder, Vorstandsvorsitzender der Weingärtnergenossenschaft Hohenneuffen-Teck: „Die feine Säure gehört zu unseren Produkten und sorgt regelmäßig für einen Wow-Effekt. Jung und fruchtig bleibt“. Und „Sundowner sind einfach der Hype“, fasst Pfänder die Erfahrungen aus dem zweiten Sommerabend im Neuffener Weinberg zusammen. Trotz aller bürokratischen Klimmzüge. Ziel der Veranstaltung sei auch, den Schulterschluss zu demonstrieren: „Wir haben einen interessanten Wissenspool. Da sind wir unter den Kollegen im Austausch. Und wir wollen alle dasselbe: einen guten Wein verkaufen“.